Vortrag von Frank Schleicher: „Am Anfang stand die Entmenschlichung. Das KZ Dachau, die Schule für Gewalt und Unterdrückung.“
5.11.24, 19 Uhr
Nördlingen, Stadtmuseum, Vordere Gerbergasse 1
Marine Charbonneau war in ihrem Freiwilligenjahr in Dachau ganz auf sich allein gestellt – in der Regel arbeiten zwei Freiwillige von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste parallel in Dachau. Hier nun der Rückblick von Sabine Gerhardus auf das letzte Freiwilligenjahr.
Schon wieder ist ein Jahr Freiwilligendienst zu Ende gegangen. Marine Charbonneau hat von September 2023 bis August 2024 zwei Tage die Woche beim Gedächtnisbuch gearbeitet. Nun geht sie zurück nach Frankreich, wo sie ein Masterstudium in Geschichte aufnehmen wird. Als Freiwillige der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste war sie an der Evangelischen Versöhnungskirche eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörten unter anderem Rundgänge durch die KZ-Gedenkstätte und die Mitarbeit beim Gedächtnisbuch-Projekt.
Marine brachte großes Interesse für die Geschichte des Konzentrationslagers und für die Erinnerungsarbeit mit. Mit Feuereifer stürzte sie sich gleich zu Beginn in die Lektüre über den „Train Fantôme“ (Geisterzug), der im August von Südfrankreich aus mit Hunderten Gefangenen nach Dachau geschickt worden war. Schnell stand für sie fest, dass sie eine Biographie über Jean-René Lafond für das Gedächtnisbuch schreiben wollte. Sie recherchierte in verschiedenen Archiven, besuchte Lafonds Kinder in Bordeaux und verfasste ein Gedächtnisblatt, dass sie am 22. März 2024 der Öffentlichkeit vorstellte.
Marine interessierte sich auch sehr für die Arbeit mit Schülern. Als im März die neue Ausstellung des Gedächtnisbuch-Projekts „KZ-Häftlinge in Auschwitz und Dachau“ am Ignaz-Taschner-Gymnasium Dachau gezeigt wurde, übernahm sie zusammen mit einem Schüler und einer Schülerin Führungen durch die Ausstellung für Schulklassen. Oft übernahm sie auch die Berichterstattung aus dem Projekt und schrieb Artikel für den Blog, die sie gleich ins Französische übersetzte. Egal, ob sie eigene Ideen verfolgte oder auch mal eher langweiligere Aufgaben zu erledigen hatte – immer war sie voll und ganz bei der Sache.
Liebe Marine, das Jahr mit Dir hat mir viel Spaß gemacht. Deine Aufgeschlossenheit und Begeisterung finde ich einfach ansteckend. Danke für Dein Engagement und die schöne Zusammenarbeit! Ich wünsche Dir viel Freude und Erfolg bei Deinen neuen Aufgaben.
(12.9.24; Sabine Gerhardus/IS)
9. September 2024
Deutsche Perspektive auf Erinnerungskultur
Marine Charbonneau lässt zum Ende ihres Freiwilligendiensts ihr Jahr in Dachau Revue passieren – auch diesen Text verfasste sie auf Deutsch und auf Französisch. Vielen Dank, liebe Marine, für deine Beiträge zum Blog!
25. August 2024. Wie schnell die Zeit vergeht! Ich bin am 12. September 2023 beim Gedächtnisbuch und in der Evangelischen Versöhnungskirche angekommen, wo ich von Anfang an von allen hier herzlich empfangen wurde. Es fühlt sich an, als wäre es erst ein paar Wochen her, und doch sind mittlerweile 11 Monate vergangen. Diese 11 Monate waren intensiv und immer wieder spannend, geprägt von zahlreichen Veranstaltungen. Schon immer war ich sehr an der Geschichte unserer beiden Länder, Frankreich und Deutschland, interessiert. Das hat sich durch meine Erfahrungen hier nur noch verstärkt.
Alles begann mit dem Ausbildungskurs zur Rundgangsleiterin an der Gedenkstätte. Ich hatte das Glück, viele Menschen kennenzulernen und mich als Guide zu üben. Einer der prägendsten Momente für mich war, als ich das erste Mal allein vor einer Klasse von Gymnasiasten aus der Schweiz stand, bei meinem ersten Rundgang auf Deutsch. Sie waren sehr interessiert, wir hatten großartige Gespräche, und ich erinnere mich, wie erleichtert ich war, aber auch sehr ermutigt, diese unglaubliche Erfahrung zu wiederholen.
Als Freiwillige von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, kurz ASF, habe ich auch im „Gedächtnisbuch für die Häftlinge des KZ Dachau“ mitgewirkt. Ich konnte Recherchen über die Gefangenen durchführen und zudem mit deutschen Schülern zusammenarbeiten, die wissbegierig waren. Ich hatte auch die Gelegenheit, eine Gedächtnisbuchbiografie über den französischen Widerstandskämpfer Jean-René Lafond zu schreiben, der ab August 1944 in Dachau inhaftiert war. Diese Forschungsarbeit hat in mir noch mehr den Wunsch geweckt, im Bereich der Geschichte weiterzumachen. Die Biografieübergabe-Zeremonie bei der Präsentation unter dem Motto „Namen statt Nummern“ wird wahrscheinlich auch ein Ereignis sein, das mir in Erinnerung bleiben wird.
Vor kurzem hatte ich das Glück, an der 42. Internationalen Jugendbegegnung als Teamerin teilzunehmen, die im Dachauer Max Mannheimer Haus stattfand. Wir haben junge Menschen aus der ganzen Welt empfangen, die alle offen waren, mehr über das Thema Antisemitismus zu lernen. Diese Erfahrung war sehr bereichernd, voller Diskussionen, Workshops und Exkursionen, die alle gleichermaßen lehrreich waren. Ich konnte das Interesse in den Augen dieser neuen internationalen Generation sehen, die motiviert war, mehr über die Vergangenheit zu lernen, aber auch bereit ist, sich für die Zukunft zu engagieren. Ich hoffe, im nächsten Jahr wieder dabei sein zu können.
Dieses Freiwilligenjahr war auch reich an Abenteuern. Ich kannte Deutschland bereits gut, aber ich konnte die wunderschöne Region Bayern noch genauer erkunden. Sie hat so viel zu bieten, zwischen ihren Bergen, ihren typischen kleinen Dörfern, ihren Seen und ihrem köstlichen Essen! Ich habe es geliebt, meinen Rucksack, mein Fahrrad und meine Mütze oder Kappe, je nach Jahreszeit, zu packen und die Landschaften von Garmisch-Partenkirchen, Benediktbeuern, Berchtesgaden, Murnau, Füssen, Nürnberg und vielen anderen ebenso charmanten Orten zu erkunden!
Ich fühle mich so glücklich, die deutsche Perspektive auf das Thema Erinnerungskultur kennengelernt zu haben. Als Französin hatte ich mehrere Gelegenheiten, mich auszudrücken und zu gedenken.
Ich möchte daher ASF, Sabine Gerhardus, meiner Mentorin im Gedächtnisbuch-Projekt, dem Team der Versöhnungskirche, dem Team der Gedenkstätte sowie allen Menschen danken, die mich aufgenommen haben, mit denen ich mich angefreundet habe, mit denen ich mich ausgetauscht habe und mit denen ich schöne Abenteuer erlebt habe. Ich kehre nach Frankreich zurück, um in Rennes, in der Bretagne, ein Masterstudium in Geschichte zu beginnen, und ich bin mir sicher, dass Deutschland kein abgeschlossenes Kapitel ist. In diesem wunderbaren Land kann ich auch in Zukunft noch viel lernen.
Herzlichen Dank an euch alle für dieses unvergessliche Jahr. Bis zum nächsten Mal. Auf Wiedersehen.
Version française
25 août 2024. Que le temps passe vite ! Je suis arrivée à l’Église Évangélique de la Réconciliation le 12 septembre 2023, où j’ai été chaleureusement accueillie dès le premier jour par tout le monde ici. J’ai l’impression que c’était il y a seulement quelques semaines, et pourtant, 11 mois se sont écoulés depuis. Ces 11 mois ont été intenses et toujours aussi intéressants, marqués par de nombreux événements. Déjà grandement intéressée par l’histoire de nos deux pays, la France et l’Allemagne, mon intérêt n’a fait que croître grâce à mon expérience ici.
Tout a commencé avec les cours de guidage au mémorial. J’ai eu la chance de rencontrer beaucoup de personnes et de m’exercer en tant que guide. L’un des moments les plus marquants pour moi a été lorsque je me suis retrouvée pour la première fois seule face à une classe de lycéens venant de Suisse, lors de ma première visite guidée en allemand. Très intéressés, nous avons eu de très bons échanges, et je me souviens avoir été soulagée, mais aussi très encouragée à renouveler cette expérience incroyable.
En tant que volontaire ASF, j’ai également travaillé sur un projet dans lequel j’ai beaucoup aimé m’investir : le „Livre de la Mémoire pour les prisonniers du Camp de Concentration de Dachau“. J’ai pu effectuer des recherches sur les prisonniers et continuer à interagir avec des classes de lycéens allemands désireux d’apprendre. J’ai aussi eu l’opportunité de rédiger une biographie commémorative sur le résistant français Jean-René Lafond, qui a été emprisonné à Dachau à partir d’août 1944. Ce travail de recherche m’a donné encore plus envie de poursuivre dans le domaine de l’histoire. La cérémonie de remise des biographies restera probablement un événement gravé dans ma mémoire.
Plus récemment, j’ai eu la chance de participer à la 42e édition des International Youth Meeting, qui a eu lieu à la Max Mannheimer Haus. Nous avons accueilli des jeunes du monde entier, tous ouverts à en apprendre davantage sur le thème de l’antisémitisme. Cette expérience a été très enrichissante, remplie de discussions, d’ateliers et de visites extérieures, toutes aussi instructives les unes que les autres. J’ai pu voir l’intérêt dans les yeux de cette nouvelle génération internationale, motivée à en apprendre davantage sur le passé, mais aussi prête à s’investir pour le futur. J’espère pouvoir faire partie de cette aventure l’année prochaine.
Cette année de volontariat a également été riche en aventures. Je connaissais déjà bien l’Allemagne, mais j’ai pu découvrir plus en détail la magnifique région qu’est la Bavière. Elle a tant à offrir entre ses montagnes, ses petits villages typiques, ses lacs et sa délicieuse cuisine ! J’ai adoré pouvoir prendre mon sac à dos, mon vélo et ma casquette ou mon bonnet selon les saisons pour explorer les paysages de Garmisch-Partenkirchen, Benediktbeuern, Berchtesgaden, Murnau, Füssen, Nuremberg, et tant d’autres endroits, tous aussi charmants !
Je me sens si chanceuse d’avoir eu l’occasion de découvrir la vision allemande du devoir de mémoire. En tant que Française, j’ai eu plusieurs occasions de pouvoir m’exprimer et rendre hommage. J’aimerais donc remercier ASF, Sabine ma mentor du projet du „Livre de la Mémoire“, l’équipe de l’Église de la Réconciliation, l’équipe du mémorial, ainsi que toutes les personnes qui m’ont accueillie, avec qui j’ai sympathisé, échangé et vécu de belles aventures. Je retourne en France pour commencer un master d’histoire à Rennes, en Bretagne, et je suis certaine que l’Allemagne n’est pas un chapitre terminé. Ce merveilleux pays a encore beaucoup à m’apprendre dans le futur. Merci à vous tous pour cette année inoubliable. Au revoir.“
(9.9.24; IS)
3. September 2024
Erinnerung an die Deportierten des Train Fantôme
Eng verknüpft ist die Verfolgungsgeschichte von Philipp Toureille und Jean-René Lafond. Beide wurden mit dem Train Fantôme, dem sogenannten Geisterzug, deportiert. Philipp Toureille rettete mehrere Male das Leben von Jean-René Lafond. Nun lernten sich die beiden ehrenamtlichen Autorinnen dieser Gedächtnisbuch-Biographien kennen.
Pasinger Fabrik, München, am 20. August 2024. Zwei Autorinnen von Deportierten des Train Fantôme treffen sich zum ersten Mal: Tamara Seybold und Marine Charbonneau.
Zwanzig Jahre ist es her, dass Tamara mit einer Gruppe von Schülerinnen im südfranzösischen Sorgues Überlebende und Angehörige der Deportierten des Train Fantôme traf. Die Gruppe reiste im August 2004 mit dem Gedächtnisbuch nach Sorgues, wo der Zug 60 Jahre zuvor den Bahnhof Richtung Dachau verlassen hatte. Die Gefangenen waren dort nach einem 18 Kilometer langen Fußmarsch in großer Hitze zu Fuß eingetroffen, da die Brücke von Roquemaure zerstört war. Die Bewohner von Sorgues halfen mit Lebensmitteln und ermöglichten einigen sogar die Flucht. Am 18. August 2024 jährte sich dieses Ereignis zum 80 Mal. Gerade rechtzeitig konnte Marine ihre Biographie über Jean-René Lafond an die Amicale in Sorgues schicken.
Wie kam es jedoch jetzt zu dem Treffen mit Tamara? Tamara schrieb damals über den Medizinstudenten aus Bordeaux, Philippe Toureille. Er hat mehrere Male das Leben von Jean-René Lafond gerettet. Deshalb wollte Marine die Autorin seiner Biographie gerne kennenlernen.
„Es war interessant, Tamara zu treffen und mit ihr Erfahrungen auszutauschen. Sie hat mir gesagt, dass sie das Projekt immer noch wunderbar findet und dass sie viel gelernt hat. Eigentlich schade, dass unser Treffen erst am Ende meines Freiwilligendienstes stattgefunden hat!“, erzählt Marine.
Tamara Seybold konnte Philippe Toureille 2004 noch in Bordeaux besuchen und sogar ein Video-Interview mit ihm aufnehmen. Nun hat sie mithilfe ihres Vaters dieses Video digitalisiert und Marine für das Gedächtnisbuch und das Archiv der Gedenkstätte übergeben. Vielen herzlichen Dank dafür!
Die Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau präsentiert die Biographien des Gedächtnisbuchs zum Blättern. Jetzt gibt es Neues zu sehen.
Die neuen Gedächtnisblätter sind jetzt auf dem Lesetisch im Gesprächsraum der Evangelischen Versöhnungskirche zu finden. Momentan ist die digitale Lesestation in der Reparatur, aber die Blätter, die zwischen 2020 und 2024 verfasst wurden, finden die Besucher im stationären Ringbuch auf dem Lesetisch.
Dank an Matthias und Marine fürs Einsortieren!
(25.8.24; Sabine Gerhardus/IS)
18. August 2024
Wer weiß etwas über Georg Solomonoff und Josef Majdic?
Bereits vor einem Jahr berichteten wir über die Recherche von Houman Amjadi zu zwei „Schutzhäftlingen Iran“ des KZ Dachau. Die Quellenlage ist nach wie vor unzureichend. Vielleicht können die Leser*innen des Blogs weiterhelfen.
Homan Amjadi fasst auf Deutsch und Englisch den Stand seiner Recherche zusammen und fragt nach weiteren Hinweisen:
„Unter den zahlreichen Gefangenen des KZs Dachau befanden sich zwei, bei denen der Vermerk „Schutzhäftling Iran“ in der Karteikarte eingetragen war. Diese sind Georg Solomonoff, geboren am 11.04.1925 in Leningrad, sowie Josef Majdic, geboren am 04.05.1900 in Brezie. Beide wurden im August 1944 verhaftet und anschließend im KZ Dachau inhaftiert.
Während Georg Solomonoff bereits nach wenigen Monaten freikommt, muss Josef Majdic bis zum Kriegsende im Lager bleiben. Beide wandern nach Argentinien aus.
Bei den Nachforschungen kommen allerdings nur wenig aussagekräftige Dokumente und Informationen ans Tageslicht. So ist aus den bisher gefundenen Informationen nicht sichtbar, welche Verbindung zwischen den beiden und dem vermeintlichen Heimatland Iran besteht.
Hinweise und Anregungen zu den Herren, ihrem Verhaftungsgrund und der möglichen Verbindung zum Iran sind sehr willkommen.“
English Version
„Among the numerous prisoners of the Concentration Camp Dachau were two, whose index card in the camp was stamped as under protection of Iran. These are Georg Solomonoff, born on April 11, 1925 in Leningrad, and Josef Majdic, born on May 04, 1900 in Brezie. Both have been arrested in August 1944 and handed over to the CC Dachau afterwards.
While Georg Solomonoff has been released after only some months, had Josef Majdic to stay in prisonship until end of the second world war. Both imigrated to Argentina.
During the investigationen, just very few meaningful documents and information has been revealed. It is unfortunately not yet visible, out of the available information, how these men might have been connected to their alledged homeland Iran.
Any hint or proposal regarding these men, the reason for their inhalation and the possible connection to Iran are highly welcome.“
(18.8.24; Houman Amjadi/IS)
10. August 2024
Vorbereitungen für das neue W-Seminar
Im Herbst startet ein neues W-Seminar, diesmal in Zusammenarbeit mit dem Städtischen Theodolinden-Gymnasium in München-Harlaching. Sabine Gerhardus berichtet vom bisher letzten Vorbereitungstreffen.
Silke Bergau ist Geschichtslehrerin am Städtischen Theodolinden-Gymnasium in München-Harlaching. Dort beginnt am 1. Oktober 2024 ein neues W-Seminar Namen statt Nummern, zum ersten Mal eine Kooperation mit einem Münchner Gymnasium.
Silke Bergau war bereits mehrfach mit Schülern in Dachau im Max Mannheimer Haus und interessiert sich schon länger für das Gedächtnisbuch. Ich habe das Projekt im Dezember 2023 an der Schule vorgestellt. Das W-Seminar ist unter den Schülern auf großes Interesse gestoßen, 15 Schüler und Schülerinnen haben das Seminar gewählt, alle Plätze sind belegt.
Am 17. Juli hat Silke Bergau mich in Dachau besucht. Soweit das möglich ist, haben wir die ersten Monate geplant. Inzwischen haben sich sogar schon einige Schüler*innen mit Wünschen zu möglichen Biografien gemeldet, eine möchte über einen Verwandten schreiben. Ich bin sehr gespannt und freue mich auf die neue Zusammenarbeit.
(10.8.2024; Sabine Gerhardus/IS)
4. August 2024
Gedächtnisblätter online
Wir ergänzen den Katalog der Gedächtnisblätter auf unserer Website so oft wie möglich. Wieder sind einige Gedächtnisblätter jetzt auch online nachzulesen.
Wir danken den ehrenamtlichen Autor*innen und wünschen eine interessante Lektüre.
(4.8.24; IS)
22. Juli 2024
Mit KEB-Förderung: Gedächtnisbuch-Ausstellung für Katholische Bildungswerke
Die „KEB – Katholische Erwachsenenbildung Bayern“ fördert derzeit die Präsentation der Wanderausstellung „Namen statt Nummern“, auch mit Begleitveranstaltungen, sowie Biographiearbeit vor Ort. Sabine Gerhardus stellte die Möglichkeiten bei der Mitgliederversammlung der KEB Bayern Ende Juni 2024 vor. Hier ihr Bericht.
Am Freitag und Samstag, den 28. und 29. Juni 2024 fand in München in der Katholischen Akademie die Mitgliederversammlung der KEB Bayern statt. Dort konnte ich – unterstützt vom Vorsitzenden des Dachauer Forums Gerhard Haszprunar – das Kooperationsangebot des Gedächtnisbuch-Projekts an die anderen katholischen Bildungswerke in Bayern vorstellen.
Den Workshop unter dem Titel „Zukunft Demokratie – Geschichtsbewusstsein stärken“ hatten zwölf Teilnehmer*innen aus elf KEBs gewählt. Fast alle äußerten zu Beginn ihre große Sorge um den Erhalt der Demokratie. Einige KEBs haben schon konkrete Reihen und Veranstaltungen zum Thema Demokratie geplant, die meisten wünschten sich Anregungen, einige wollten sich insbesondere über Möglichkeiten austauschen, junge Menschen anzusprechen.
Das Gedächtnisbuch-Projekt bietet insbesondere mit der internationalen Wanderausstellung einen Anlass, den lokalen Bezug zur Geschichte des Nationalsozialismus herzustellen. Je nach dem Umfeld der Aussteller können Kooperationspartner, auch Schulen, beteiligt werden. Die Ausstellung kann durch ein Begleitprogramm, z.B. Filmvorführungen, Vorträge, biographische Recherchen, ergänzende Ausstellungsstücke mit Bezug zur Lokalgeschichte ergänzt werden.
Interessierte KEBs werden vom Gedächtnisbuch aus beraten und unterstützt. Alle Teilnehmenden haben sich mit vielen Ideen am Workshop beteiligt. Wir haben uns sehr über das große Interesse und den regen Austausch gefreut. Inzwischen sind manche Ideen schon recht konkret geworden. Die KEBs Amberg und Rottal-INN-Salzach haben die Ausstellung „Namen statt Nummern“ mit der Ergänzung „Geistliche im KZ Dachau“ für 2025 schon reserviert.
Das Gedächtnisbuch freut sich über Anfragen per Mail an E-Mail an info@gedaechtnisbuch.org oder an info@dachauer-forum.de.
(22.7.24; Sabine Gerhardus/IS)
15. Juli 2024
Gedächtnisbuch im Radio am 20. Juli 2024
Am 20. Juli 2024 sendet der Bayerische Rundfunk einen Beitrag über unbekannte Widerständler in Bayern. Der Journalist Ulrich Trebbin stieß bei seiner Recherche für die Sendung auf das Gedächtnisbuch-Projekt und interessierte sich für die Biographie von Ludwig Wörl.
Im Rahmen des gerade erfolgreich abgeschlossenen Erasmus-Projekts hat die Schülerin Isabella Rumpler am Ignaz-Taschner-Gymnasium Dachau eine Seminararbeit über den Münchner Schreiner Ludwig Wörl geschrieben.
Ludwig Wörl gehörte in München der Roten Sportbewegung an, er war Bergsteiger und Kajakfahrer, außerdem in seiner Freizeit Sanitäter bei der Bergwacht und dem Roten Kreuz. Alarmiert durch die gewaltsamen Aktionen der Nazis in München, schloss er sich dem Widerstand an und trat sogar noch nach dem Machtantritt der NSDAP und dem KPD-Verbot in die inzwischen illegalen KPD ein. Als 1934 Sportkameraden aus dem KZ Dachau entlassen wurden und über die Verbrechen dort berichteten, beteiligte er sich an einer Flugblattaktion zur Aufklärung über die Zustände im KZ Dachau.
Verraten durch einen Spitzel wurde Wörl verhaftet und verbrachte 11 Jahre in den Konzentrationslagern Dachau, Flossenbürg, Auschwitz und Mauthausen. Wörl wurde schwer gefoltert und in Dachau neun Monate in Einzel-, davon sieben in Dunkelarrest gehalten. Nichtsdestotrotz behielt er seine Unbeugsamkeit bei und setzte sich als Häftlingspfleger und Mitglied der Häftlingsverwaltung für seine Mitgefangenen ein.
In der Nachkriegszeit wurde Ludwig Wörl zu einem der wichtigsten Zeugen in den Auschwitz-Prozessen. Für seinen Einsatz in Auschwitz, mit dem er unter Lebensgefahr vor allem jüdischen Häftlingen das Leben rettete, ehrte der Staat Israel Wörl als einen der ersten Deutschen 1963 als Gerechten unter den Völkern.
Das Gedächtnisblatt über diesen beeindruckenden und fast vergessenen Gegner der Nazis ist eine Gemeinschaftsarbeit, Verfasserinnen sind Sabine Gerhardus, Isabella Rumpler und Irene Stuiber. Am 3. Juli traf sich Sabine Gerhardus mit Isabella Rumpler, um den Entwurf des Gedächtnisblattes und letzte Änderungen zu besprechen. Dies nahm Ulrich Trebbin zum Anlass, die beiden zu besuchen, um mehr über Ludwig Wörls Geschichte und Isabellas Eindrücke von ihrer Recherche für das Gedächtnisbuch zu erfahren.
Der Beitrag wird auf Bayern 2 in der Sendung „Zeit für Bayern – Menschen und Geschichten aus Bayern“ am 20. Juli um 12:05 Uhr ausgestrahlt, eine Wiederholung gibt es am nächsten Tag um 21:05 Uhr. Danach können Interessierte die Sendung als Podcast nachhören.