Acht neue Gedächtnisblätter. Bericht von der Jahrespräsentation 2023

Am 90. Jahrestag der Errichtung des Konzentrationslagers Dachau am 22. März 2023 fand die Jahrespräsentation des Gedächtnisbuchs statt. Acht neue Biographien von Dachau-Häftlingen erarbeiteten ehrenamtliche Autorinnen und Autoren für das Gedächtnisbuch, davon vier über polnische Häftlinge.

„Nach Dachau wurden mehr als 40000 Polen deportiert, wo sie unter besonders grausamen Bedingungen litten.“, informiert Projektleiterin Sabine Gerhardus in ihrer Einleitung. Im Gedächtnisbuch gab es bisher nur zwölf Lebensgeschichten polnischer KZ-Häftlinge. Nicht zuletzt das 2022 angelaufene deutsch-polnische Erasmusprojekt des Gedächtnisbuchs mit der Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz/Oświęcim ermöglichte es, hier einen Schwerpunkt bei der Erarbeitung neuer Gedächtnisblätter zu setzen.

Wacław Fogler

Władysława Lorych, die Tochter von Wacław Fogler, verfasste das Gedächtnisblatt über ihren Vater Wacław Fogler. Leider konnte sie zur diesjährigen Präsentation aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen. Jan Kwiatkowski sprang in die Bresche und referierte die Lebensgeschichte von Fogler. Der 1890 geborene Friseur aus Ostrzeszów war von April 1940 bis zu seiner Befreiung am 29. April 1945 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert.

Kwiatkowski richtete dem Publikum Grüße der Verfasserin aus, das Gedenken an ihren Vater sei ihr ein großes Anliegen.

Johann Baptist Hugl

Hedi Bäuml, die gerade am Dachauer Taschner-Gymasium ihr drittes W-Seminar im Rahmen des Gedächtnisbuchs betreut, stellte mit Johann Baptist Hugl einen Mann aus ihrer oberpfälzischen Heimatstadt Pfreimd in den Mittelpunkt ihrer Recherchen. Hans Hugl war als sogenannter „Arbeitszwang-Häftling“ von Mai 1940 bis zum 8.5.1945 in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Neuengamme, Dachau, Lublin, Auschwitz und Mauthausen inhaftiert.

Als Quelle konnte Hedi Bäuml unter anderen einen Erfahrungsbericht von Hugl heranziehen, den der Verfasser in der Nachkriegszeit im Selbstverlag veröffentlicht hat. Was findet die Verfasserin des Gedächtnisblatts an der Lebensgeschichte von Johann Baptist Hugl besonders bemerkenswert? „Für mich persönlich grenzt es an ein Wunder, dass er die Strapazen und Torturen – die drei B im Konzentrationslager Bock, Baum, Bunker – überstanden hat. Das gelang ihm sicher nur mit eisernem Willen und dafür zolle ich ihm meinen Respekt.“

Grußwort von Vera Zolotar

Die Biographie von Vera Zolotars Vater Wladimir Dschelali sollte am 22. März 2020 auf der Präsentation des Gedächtnisbuchs vorgestellt werden. Die Veranstaltung entfiel und, besonders tragisch, Wladimir Dschelali starb noch 2020 an Covid-19.

Seine Tochter Vera Zolotar, die inzwischen im Landkreis Dachau lebt, trat mit einem flammenden Anliegen an das Rednerpult: „Ich möchte den Wunsch vieler Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Religionen und Altersgruppen laut aussprechen: Wir wollen das lang ersehnte Ende des Krieges! Wir wollen, dass Russland aufhört, die ukrainischen Städte und das Leben der ukrainischen Menschen zu zerstören! Und bitte: Nie wieder!“

Franz Brückl/ Franciszek (Franz) Przybylski

Monika Lücking stellte mit Franz Brückl einen Menschen in den Mittelpunkt ihrer Biographie, den sie selbst bei vielen Zeitzeugengesprächen erlebt hat. Der 1910 in Posen/Poznań geborene Franciszek/Franz Przybylski erlitt die Zeit von März 1940 bis zur Befreiung am 29. April 1945 in den Konzentrationslagern Fort VII Posen und Dachau. Nach dem Krieg blieb er in München, erwarb die deutsche Staatsangehörigkeit, heiratete und nahm den Mädchennamen seiner Frau an.

„Lange Zeit schwieg er über seine Erlebnisse.“, berichtete Monika Lücking. „Aber als Rentner fand er eine neue Aufgabe. Unermüdlich setzte er sich ein für Versöhnung und Erinnerung und Gedenken.“

Stefan Wincenty Frelichowski

Hania Fedorowicz würdigte in ihrer Präsentation den polnischen Priester Stefan Wincenty Frelichowski. „Für mich war das ein Mensch mit einem großen Herz und großer Lebenslust.“, erläuterte die Referentin, die in der Uniform der polnischen Pfadfinder vor das Publikum trat.

Frelichowski war in Fort VII bei Toruń, dann in den Konzentrationslagern Stutthof, Sachsenhausen und Dachau inhaftiert. Nachdem er sich um an Typhus erkrankte Mithäftlinge gekümmert hatte, starb er im Februar 1945 selbst an dieser Krankheit. Papst Johannes Paul II. sprach Stefan Wincenty Frelichowski 1999 selig, seit 2003 ist Frelichowski Schutzpatron der polnischen Pfadfinder.

„Im Rahmen dieses Projekts habe ich einen einfachen Priester kennengelernt, der vom außerordentlichen Gefühl erfüllt war, in unmenschlichen Zeiten das Böse mit dem Guten zu überwinden. Sein Lebenszeugnis ist nach wie vor ein Aufruf an unsere Generation.“, stellte Hania Fedorowicz am Ende ihres Vortrags fest.

Karl Frey

Die Schülergruppe Courage der Johann-Turmair-Realschule Abensberg unter der Leitung von Lehrerin Maria Rauscher widmete ihr Gedächtnisblatt dem Neustädter KPD-Mitglied Karl Frey, der mit einer kurzen Unterbrechung die gesamte NS-Zeit in den Konzentrationslagern Dachau und Mauthausen verbringen musste. Drei Tage vor der Befreiung gelang ihm die Flucht aus dem Außenlager Gestapo München.

Die fünf Schülerinnen und Schüler trugen ihre Recherche-Ergebnisse gemeinsam vor. Ihr Resümee: „Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass eine so lange Haftzeit nicht mit 12 Jahren einfach vorbei war, sondern ein Leben dauerhaft prägt.“

Grußwort von Alexander Frey

Was möchte Alexander Frey, der Sohn von Karl Frey, den jungen Leuten, die sich so intensiv mit der Biographie seines Vaters auseinandergesetzt haben, gerne mit auf den Weg geben? Diese Frage stellte Lehrerin Maria Rauscher an Frey, der nach der Schülergruppe ans Rednerpult trat.

Alexander Frey plädierte für ein aktives und entschlossenes Eintreten für die Demokratie: „Demokratie ist keine Staatsform, die immer und ewig besteht.“ Der Redner weist auf rechte Tendenzen hin, die es zurzeit überall gibt, in Kirchen, in Wohlfahrtsverbänden, in Sportvereinen, in den Gewerkschaften, in der Kultur, einfach überall. „Passen wir auf, es liegt an uns allen, wir dürfen nicht nachlassen!“

Leo Kahn

Die Autorin des Gedächtnisblatts über Leo Kahn, die ASF-Freiwillige Ioanna Taigacheva, konnte leider nicht selbst vortragen, so dass Projektleiterin Sabine Gerhardus in die Bresche sprang.

Leo Kahn war ein jüdischer Religions- und Volksschullehrer, den die Nazis nach der Reichspogromnacht einen Monat lang im KZ Dachau einsperrten und schikanierten. Emigrationsversuche der Familie Kahn scheiterten, lediglich ein Neffe Leo Kahns konnte als Teilnehmer eines Kindertransport in der Schweiz überleben. Leo Kahn wurde 1942 mit seiner Frau und seiner 8-jährigen Tochter ins Ghetto Izbica deportiert und ermordet.

Was fand die Verfasserin des Gedächtnisblatts besonders bemerkenswert? „Es ist die blutrünstige Pedanterie, mit der alles bürokratisch erfasst wurde. Wie diese Maschinerie der Massenvernichtung funktioniert hat. Dass von einer ganzen Familie nur ein Mensch überleben konnte, der zu diesem Zeitpunkt Glück hatte.“

Otto Beer

„Lebensgeschichten, die mit Konzentrationslagern verbunden sind, werden oft vom Ende her erzählt. Es gab aber immer ein Leben davor, das oft zu schnell aus dem Blick gerät.“ Diese Bemerkung stellte Klaus Schultz, Gründer und ständiger Begleiter des Gedächtnisbuchs seit den Anfängen des Projekts 1999, der Biographie Otto Beers voraus.

Bereits als Schüler war Otto Beer dem FC Bayern beigetreten, ab 1926 verantwortete er als Jugendfunktionär den Aufbau einer Schülerabteilung. In der NS-Zeit wurde er wegen seiner jüdischen Herkunft aus dem Verein ausgeschlossen. Vom 10. November 1938 bis zum 12. Dezember 1938 war er Häftling im Konzentrationslager Dachau. In der Zeit danach scheiterten Auswanderungsversuche. Otto Beer, seine Frau Nelly und die Söhne Ernst Rudolf und Kurt Gustav wurden 1941 aus München nach Kaunas deportiert und am 25. November 1941 ermordet.

Teodor Makieła

Mehrere Angehörige von Teodor Makieła waren zur Präsentation angereist. Der Enkel Tomasz Makieła präsentierte das von seinem ebenfalls anwesenden Vater Marek Makieła erstellte Gedächtnisblatt. Der im Gedächtnisblatt porträtierte Teodor Makieła lebte als Besitzer eines Friseursalons in Ostrzeszów und wurde nach der Denunziation eines Kunden im Mai 1940 in das KZ Dachau eingewiesen, wo er bis zum im Mai 1941 inhaftiert war.

Im Anschluss an Tomasz Makieła ergriff Marek Makieła das Wort. Er berichtete, dass sich im Frühjahr 2020 die Massenverhaftung durch die deutsche Besatzungsmacht in Ostrzeszów zum  80. Mal jährte. 1940 waren etwa 140 Personen aus Ostrzeszów und Umgebung in das Konzentrationslager Dachau verschleppt worden. Zu diesem Jahrestag organisierte der Heimatverein und Regionalmuseum Ostrzeszów ein Treffen der Familienangehörigen ehemaliger Häftlinge.

„Gleichzeitig begannen wir mit Archivrecherchen in Polen und Deutschland, um eine vollständige Liste dieser Menschen zu erstellen und möglichst viele Informationen über sie zu finden.“, berichtete Marek Makieła. Bisher konnten 40 Familien der Deportierten ausfindig gemacht werden. Zwei Biographien der in Dachau inhaftierten Menschen wurden in der Veranstaltung dem Publikum vorgestellt, weitere Häftlingsbiographien sind in Arbeit.  

Marek Makieła überbrachte ein Geschenk des Regionalmuseums Ostrzeszów und überreichte Sabine Gerhardus ein Foto, das Gefangene zeigt, die von deutschen Polizisten 1940 in Ostrzeszów zum Bahnhof geführt werden.

(29.3.2023; Irene Stuiber)

Pressemitteilung zur Jahrespräsentation

Zur bevorstehenden Jahrespräsentation am 22. März 2023 hat das Gedächtnisbuch eine Pressemitteilung verschickt. Hier ist sie:

Otto Beer mit Schülermannschaft des FC Bayern in den 1920er Jahren

Im Mai 1951 fand sich in den Vereinsnachrichten des FC Bayern unter der Rubrik „Wo sind sie“ eine Spur des Jugendfunktionärs Otto Beer, der ab 1926 für die Schülerabteilung verantwortlich war: „Beer Otto, wohl einer der getreusten Bayern, ehemals Frontkämpfer im ersten Weltkrieg, ist mit einem Transport nach dem Osten für immer verschwunden. Einer unserer Mitglieder sah ihn und seine Frau noch im Waggon, der beide ins Ungewisse brachte. Wir älteren Bayern werden ‚den guten Otto‘ niemals vergessen.“ Klaus Schultz, emeritierter Diakon der Evangelischen Versöhnungskirche Dachau und FC Bayern-Fan, hat die Lebensgeschichte von Otto Beer für das Gedächtnisbuch aufgeschrieben.

Anlässlich des 90. Jahrestags der Errichtung des Konzentrationslagers Dachau lädt der Trägerkreis Gedächtnisbuch am Mittwoch, den 22. März 2023, um 19.30 Uhr zur Biographie-Präsentation „Namen statt Nummern“. Neben Klaus Schultz stellen auch Schüler und Schülerinnen der Johann-Turmair-Realschule Abensberg und andere ehrenamtliche Mitwirkende Lebensgeschichten polnischer und deutscher Häftlinge des KZ Dachau vor. Darunter sind: der Kaufmann und Kommunist Karl Frey, der Geistliche und Schutzpatron der polnischen Pfadfinder, Stefan Wincenty Frelichowski, zwei Besitzer von Friseursalons, Wacław Fogler und Teodor Makieła, der jüdische Lehrer Leo Kahn, der als Arbeitszwangs-Häftling verfolgte Johann Baptist Hugl und der polnische Arbeiter Franciszek Przybylski, in Dachau besser bekannt als Franz Brückl, der nach der Befreiung in München blieb und viele Jahre als Zeitzeuge die Erinnerungsarbeit unterstützte. Als Ehrengäste werden Angehörige der Familien Frey und Makieła erwartet. Die musikalische Umrahmung übernehmen Kathrin Krückl (Gesang) und Constanze Miller (Piano).

Anmeldung: beim Dachauer Forum unter Telefon 08131 99688-0 oder digital:

https://www.dachauer-forum.de/veranstaltung/namen-statt-nummern-2023/

Veranstalter: Trägerkreis „Gedächtnisbuch für die Häftlinge des KZ Dachau“, Gedächtnisbuch – für die Häftlinge des KZ-Dachau (www.gedaechtnisbuch.org)

(14.3.2023; Foto: FC Bayern Museum (Ausschnitt); PM/IS)

Studienfahrt Auschwitz/ Oświęcim: Präsentation des Archivs der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Das Archiv der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau sammelt Dokumente, die mit der Geschichte des Lagers Auschwitz verbunden sind. Krystyna Leśniak erläuterte den Teilnehmenden der Studienreise nach Auschwitz/ Oświęcim die Arbeit des Archivs.

Die Mitarbeiter des Archivs in der Gedenkstätte sammeln und bewahren Archivalien, die mit der Geschichte des Konzentrationslagers Auschwitz und dessen Häftlingen verbunden sind, und machen sie Nutzern zugänglich. Darunter sind Dokumente aus eigenen Beständen, aber auch Archivalien anderer Institutionen.

Anhand einer Fotorpräsentation gab Krystyna Leśniak einen Einblick in das Magazin des Archivs und machte einen Blick auf verschiedene Einzelstücke möglich. Die Studienreisenden konnten so einen Blick auf Fotos, Zugangslisten, Karteikarten über Häftlinge, Sterbeurkunden mit gefälschter Todesurkunde sowie eine Vielzahl anderer Dokumente werfen.

Eine Arbeit mit Originaldokumenten ist im Archiv der Gedenkstätte Auschwitz nicht mehr möglich. Nutzern werden die Archivalien als Kopie oder Online-Ressource zugänglich gemacht. Zu fragil ist der Erhaltungszustand, zu wichtig sind die Archivalien – daher hat sich das Archiv zu dieser Schutzmaßnahme entschlossen.

Eine Datenbank macht einen Teil der Bestände auch über das Internet auffindbar. Krystyna Leśniak hatte für die Jugendlichengruppe im Vorhinein Dokumente vorbereitet, die diesen den Einstieg in die biographischen Recherchen ermöglichten.

(15.3.2023; IS)

Studienfahrt Auschwitz/ Oświęcim: Geschichte und Pädagogik der Jugendbegegnungsstätte

Elżbieta Pasternak, pädagogische Mitarbeiterin der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Auschwitz/ Oświęcim (IJBS), erläuterte den Teilnehmenden der Studienreise die Geschichte und Pädagogik der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim.

Die IJBS in Auschwitz fußt im Kalten Krieg. Ein wesentliches Ereignis für ihre Entstehung war der nicht nur in Polen und Deutschland vielbeachtete Kniefall Willy Brandts vor dem Mahnmal für den Aufstand im Warschauer Ghetto im Dezember 1971. Diese vielbeachtete und protokollarisch nicht angekündigte Geste machte ein Ende des Kalten Kriegs denkbar.

Von der evangelischen und deutschen Organisation Aktion Sühnezeichen Friedensdienste ging dann Anfang 1971 die Initiative für eine Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz aus. Einen Unterstützer fand Aktion Sühnezeichen Friedensdienste im September 71 im polnischen „Verband der Kämpfer für Freiheit und Demokratie“, auch der Bürgermeister der Stadt Oświęcim unterstützte das Vorhaben.

1976 wurde der Bauplatz ausgewählt, an der Soła liegend, direkt an der Grenze zwischen der Altstadt Oświęcims und dem Sondergebiet, eine Lage zwischen „Vergangenheit und Gegenwart“, erläuterte Elżbieta Pasternak, an der „Grenze zwischen Damals und Heute“.

Aber mit welchen Mitteln sollte das Haus gebaut werden? 1977 startete Aktion Sühnezeichen beim Kirchentag eine Spendenkampagne, es wurden Bausteine für 10 DM verkauft. Willy Brandt kaufte den ersten Baustein. Auf diese Weise standen schließlich 7 Mio. DM an Spenden zur Verfügung. Das Aufkommen der „Solidarność“ und damit verbundene stürmische Zeiten in Polen verhinderten zunächst eine rasche Inangriffnahme des Projekts Jugendbegegnungsstätte.

Nach Kontroversen um die Architektur und nicht zuletzt dank der Unterstützung durch die Stadt Oświęcim war es dann 1986 so weit, dass das Haus eröffnet wurde – als Gemeinschaftswerk eines deutschen und eines polnischen Architekten. Seit 1995 ist die Jugendbegegnungsstätte eine deutsch-polnische Stiftung, deutscher Stifter ist Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, polnischer Stifter ist die Stadt Oświęcim. Die Aufsichtsgremien sind paritätisch deutsch-polnisch besetzt.

Pädagogik der Internationalen Jugendbegegnungsstätte O.

Die IJBS sei sich bewusst, dass sie auf dem größten Friedhof der Welt liege, erklärte Elżbieta Pasternak den Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmern. Die Opfer stehen im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit, Dreh- und Angelpunkt war und ist die Zusammenarbeit mit Überlebenden. Eine wichtige Person nicht nur bei der Entstehung der Gedenkstätte Auschwitz, sondern auch bei der Entwicklung der pädagogischen Konzeption der Jugendbegegnungsstätte war Tadeusz Szymański, der von Anfang an Freiwillige von Aktion Sühnezeichen bei ihrer Arbeit begleitete. Zu den wichtigen Werten, die die IJBS vermitteln möchte, gehören selbständiges Denken, Autonomie und die Bildung eines kritisch-hinterfragenden Bewusstseins.

Angebote der IJBS

Jeder Gruppe bietet die Begegnungsstätte neben der Vor- und Nachbereitung des Gedenkstättenbesuchs vertiefende Möglichkeiten an, dazu gehören Fotografie- oder andere Workshops, eine Spurensuche, das Kennenlernen der jüdischen Geschichte der Stadt Oświęcim und auch die Auseinandersetzung mit dem Thema Zwangsarbeit und der Geschichte des Lagers Auschwitz III/Monowitz.

Internationale Begegnungsprojekte spielen eine große Rolle in der pädagogischen Arbeit der Jugendbegegnungsstätte. Hierzu sei mehr Zeit notwendig, man müsse sich erst kennenlernen, so Elżbieta Pasternak, das könne auch zu Konflikten führen. Ein Dolmetscher sei immer dabei.

Manche Projekte laufen über einen längeren Zeitraum mit Partnerorganisationen, etwa wenn Auszubildende des Volkswagenwerks unter der Aufsicht von Fachleuten Renovierungsarbeiten vornehmen. Das Haus bietet auch internationale Studienfahrten vor allem für Studierende an. „Für viele aus Westeuropa sind das kaum bekannte Orte.“, berichtete Elżbieta Pasternak über die polnischen Gedenkorte. Zusätzlich zu diesen Angeboten ermöglicht die IJBS auch Fortbildungsseminare für Multiplikatoren.

(12.3.2023; IS)

 

Einladung zur Jahrespräsentation

Zum 90. Jahrestag der Errichtung des KZ Dachau erinnert das Gedächtnisbuch bei seiner Jahrespräsentation am 22.3.2023 an ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau.

Schüler und Schülerinnen der Johann-Turmair-Realschule Abensberg und andere ehrenamtliche Mitwirkende stellen Lebensgeschichten polnischer und deutscher Häftlinge des KZ Dachau vor.

Darunter sind:

  • der Kaufmann und Kommunist Karl Frey,
  • der Geistliche Stefan Wincenty Frelichowski,
  • der Besitzer eines Friseursalons Teodor Makieła
  • und der Friseur Wacław Fogler,
  • der jüdische Lehrer Leo Kahn,
  • der Textilgroßhändler und Schülertrainer des FC Bayern München, Otto Beer,
  • der Arbeitszwangs-Häftling Johann Baptist Hugl
  • und der Arbeiter Franciszek Przybylski, der in Dachau wegen seines Engagements für die Erinnerungsarbeit unter seinem neuen Namen Franz Brückl bekannt ist.

Die Veranstaltung findet am 22.3.2023  in der Kirche des Karmel Heilig Blut in Dachau um 19:30 Uhr statt.

Musikalische Begleitung: Kathrin Krückl und Constanze Miller.

Anmeldung erbeten unter
https://www.dachauer-forum.de/veranstaltung/namen-statt-nummern-2023/
oder unter Telefon 08131 99688-0.

Einladung und Programm als PDF:
Jahrespräsentation 2023

(28.2.23; IS)

Besuch der neuen niederländischen Generalkonsulin beim Gedächtnisbuch

Annelies Faro, seit Ende 2022 Generalkonsulin der Niederlande in München, hat dem Gedächtnisbuch-Projekt im Dachauer Forum einen Besuch abgestattet. Begleitet wurde sie von Ulrike Pulzer, Kultur- und Kommunikationsreferentin des Generalkonsulats.

Annerose Stanglmayr und Sabine Gerhardus freuen sich sehr über das große Interesse der Generalkonsulin an der Projektarbeit. Dank des langjährigen ehrenamtlichen Engagements des freien Publizisten Jos Sinnema in Amsterdam gibt es inzwischen 28 Gedächtnisblätter von Niederländern und Niederländerinnen, die im Konzentrationslager Dachau inhaftiert waren.

Im Jahre 2015 hatte das Widerstandsmuseum in Amsterdam auf Initiative von Jos Sinnema eine Sonderausstellung Geen numers maar Namen (Namen statt Nummern) auf der Grundlage der Arbeit des Gedächtnisbuchs gezeigt. Die Ausstellung war im April 2015 von König Willem Alexander im Widerstandsmuseum Amsterdam eröffnet worden. „Das war damals für uns eine wunderbare Anerkennung unserer Arbeit“, so Sabine Gerhardus. Sie bedankte sich herzlich bei ihren Gästen, die sich viel Zeit nahmen, sich über das Projekt zu informieren und freute sich besonders, dass das Generalkonsulat die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Niederlanden unterstützen möchte. Auch die beiden Besucherinnen zeigten sich zufrieden mit dem Kennenlerntreffen, Ulrike Pulzer: „Frau Faro ist sehr beeindruckt wieder nach München zurückgekehrt und dankt ebenfalls sehr für den Empfang.“

Für mögliche zukünftige Projekte gibt es bereits erste Ideen…

(20.2.22; Foto: Ulrike Pulzer)

Interviewtraining am Ignaz-Taschner-Gymnasium, Teil 2

Im zweiten Teil des Interviewtrainings im W-Seminar „Namen statt Nummern“ probierten die Schülerinnen und Schüler verschiedene Gesprächstechniken aus.

Im Selbstversuch beobachteten die Seminarteilnehmer, wie ein Interviewer durch seine Gesprächsführung die Erzählsituation beeinflusst. Anschließend besprachen sie, wie Interviewer sich verhalten sollten, damit sich ein Zeitzeuge möglichst ungestört erinnern und frei sprechen kann. Zum Schluss lernten die Jugendlichen noch das Phasenmodell des sogenannten narrativen Zeitzeugeninterviews kennen.

Nächste Woche hat die Schule zu, es sind Faschingsferien. Sabine Gerhardus steht in der schulfreien Zeit für Beratungsgespräche zur Verfügung. Wer die Gelegenheit nutzen möchte, darf sich melden und einen Termin zwischen Dienstag, dem 21.2.23  und Donnerstag, dem 23.2.23 vereinbaren. „Ein Ferientermin hat den Vorteil, dass wir uns genau mit dem Lebenslauf befassen können und bestimmt noch Ideen für die weitere Recherche haben werden.“, erläutert die Seminarleiterin. Für alle anderen wird es im März kürzere Einzelbesprechungen in der Schule geben. Nach den Ferien geht es aber erst noch einmal um das Zeitzeugeninterview.

Wir wünschen allen nächste Woche schöne und erholsame Ferien!

(15.2.23; Sabine Gerhardus/IS)

Studienfahrt Auschwitz/ Oświęcim: „Worte, die in einer Zeichnung verschlossen sind“

Für die erwachsenen Teilnehmer der Studienfahrt nach Oświęcim ergab sich die Gelegenheit, die Werke des Künstlers Marian Kołodziej im Kloster Harmęże zu besichtigen. Ein Franziskanerpater des Klosters begleitete die Gruppe kenntnisreich durch die Ausstellung mit ihren raumgreifenden Installationen und Zeichnungen.

Der Künstler Marian Kołodziej (1921-2009) war Häftling im KZ Auschwitz und in mehreren weiteren Konzentrationslagern. Nach dem Krieg studierte er Bühnengestaltung in Krakau und arbeitete dann bis zu seiner Pensionierung am Wybrzeże-Theater in Danzig. Er entwarf über 200 Bühnenbilder für dieses Theater und auch andere polnische Bühnen.

Der Überlebende von Auschwitz, Groß-Rosen, Buchenwald, Sachsenhausen und Gusen begann in den Jahren vor seinem Tod, sich mit seinen Erfahrungen in den Konzentrationslagern in seinen Zeichnungen auseinanderzusetzen. In diesem Zusammenhang entstand die nun im Franziskanerzentrum in Harmęże zu sehende Ausstellung „Klisze pamięci. Labirynty/Negatives of a memory. Labyrinths“.

Kołodziej gab den Besuchern seiner Ausstellung folgende Worte mit: „(…) dies ist keine Ausstellung – weder Kunst, noch Bilder, sondern Worte, die in einer Zeichnung verschlossen sind. Es war nicht meine Absicht, die Pflicht, sich zu erinnern, zu erfüllen, oder ein Zeugnis durch die Kunst abzulegen. Kunst ist hilflos angesichts dessen, was der Mensch seinesgleich angetan hat.“

(13.2.22; IS)

Interviewtraining im W-Seminar

Bald stehen die ersten Interviews mit Zeitzeugen im W-Seminar des Ignaz-Taschner-Gymnasiums an. Deshalb steht zur Zeit ein Interviewtraining auf dem Programm.

Blick auf die Tafel: Was erwarte ich vom Zeitzeugengespräch?

Am 31. Januar 2023 ging um die Frage, welche Besonderheiten das Zeitzeugeninterview als historische Quelle aufweist.

Dazu haben die Schülerinnen und Schüler ihre Erinnerungen an einen gemeinsam erlebten Tag miteinander verglichen, nämlich den zweiten Tag der Studienfahrt nach Auschwitz, mit dem Besuch im ehemaligen Stammlager und einem Treffen mit polnischen Schülern. Es war interessant zu sehen, wie unterschiedlich jede und jeder sich erinnert. Es folgten Überlegungen, woher diese Unterschiede kommen und welche Bedeutung sie für die Arbeit mit dieser Quellenart haben.

In zwei Wochen geht es weiter mit einem Workshop zur Gesprächsführung im Zeitzeugeninterview.

(1.2.23; Sabine Gerhardus/IS)