„Erinnern-erkennen-handeln. Warum beschäftigen wir uns mit der regionalen Geschichte?“ – Einladung zur Veranstaltung
Unter dem Titel
2025, 2023, 2022 und 2021: Präsentationen des Gedächtnisbuchs als Filme
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Am Sonntag, dem 31. August, besuchten zehn holländische Schüler die KZ Gedenkstätte Vught. Damit begannen die Recherchen für fünf neue Gedächtnisblätter über Holländer, die im KZ Dachau waren. März 2015 sollen die neuen Gedächtnisblätter fertig sein. Wenn alles läuft wie geplant, werden sie bei der jährlichen Veranstaltung am 22. März in das Gedächtnisbuch in Dachau aufgenommen. Ein Überlebender, über den die Schüler schreiben, hat bereits angekündigt, dass er gerne zur Veranstaltung mitfahren möchte.
Vier von den fünf ehemaligen Häftlingen, über die die Schüler schreiben, sind über Vught (KZ Herzogenbusch) nach Dachau gekommen. Im Het Baarnsch Lyceum schreiben Jeannot und Fedde über den im Niederländisch-Indien geborenen und jetzt hundertjährigen Djajeng Pratomo. Für das Gedächtnisblatt von Lies Buenick werden Tess und Jurre ein Interview mit seiner Tochter führen. Lies Buenick kam von Vught über Ravensbrück ins Dachauer Außenlager Agfa Kamerawerk und ist 2009 verstorben. Im Rotterdamer Emmauscollege arbeiten Valerie und Thijs an einem Gedächtnisblatt über den jetzt 89-jährigen Dingenis Sinke, der im Natzweiler Außenlager Markich war und im Dachauer Außenlager Allach befreit wurde. Joshua und Hannah, Schüler des Cartesius Lyceums in Amsterdam, schreiben über Nico Peeters. Dafür werden sie ein Interview mit seiner jetzt 91-jährigen Tochter führen, die mit ihrem Vater im kommunistischen Widerstand war. Nico Peeters ist nicht mehr heimgekommen, er starb Februar 1945 in Dachau. Der einzige, der nicht in Vught war, ist Henk van de Water, über den Ischa und Jelle schreiben. Der heute 90-jährige war als Zwangsarbeiter in Deutschland und kam wegen Flucht und Sabotage ins KZ Dachau.
In Vught haben die Schüler eine Führung durch die Gedenkstätte und eine Führung über das ehemalige SS Gelände mitgemacht. Die Gebäude im ehemaligen SS-Bereich werden heutzutage als Kasernen benutzt. Außerdem gibt es auf dem ehemaligen KZ-Gelände ein Wohnviertel und ein modernes Gefängnis. „Das macht es noch schwieriger, sich vorzustellen, was sich hier alles abgespielt hat und was Herr Sinke hier erleben musste.“, sagte Valerie. „Aber dieser Besuch hat mich auch neugierig gemacht auf das Interview mit ihm. Wir werden jetzt bestimmt mehr von dem verstehen, was er uns erzählen wird.“
(Text: Jos Sinnema)
Ins Archiv des Erzbistums München und Freising führte mich heute die Endredaktion des Gedächtnisblattes zu dem in Altomünster geborenen Pfarrer Johann Baptist Neumair. Der stellvertretende Leiter Michael Volpert hat mich dort sehr kompetent und sehr nett beraten – herzlichen Dank dafür!
Für Gedächtnisblätter relevant sind häufig Personalakten des Erzbistums, die das Archiv verwahrt. Ein weiterer hochinteressanter Bestand: Zu Kriegsende gab es eine Umfrage in den Pfarreien zur Verfolgung Geistlicher während der NS-Zeit.
„Ich fand die Recherche über Renny und ihr Leben sehr spannend, weil ich mir ihre Geschichte anders vorgestellt hatte.“, schreibt Henriette Schulze über ihre Erfahrungen im W-Seminar „Biografien von Dachau-Häftlingen und in der NS-Zeit repressierten Lehrern“. Der Artikel wurde im Jahresbericht 2013/2014 des Camerloher Gymnasiums veröffentlicht.
Henriette Schulze berichtet über ihre Recherche zur Biografie der holländischen Widerstandskämpferin Renny van Ommen. Die Recherche umfasste nicht nur Archivarbeiten: Für ein Interview mit einem der Söhne Renny van Ommens, Jan van Ommen, fuhr die W-Seminar-Teilnehmerin nach Hamburg. Ihre Arbeit am Gedächtnisblatt führte sie bis nach Holland, hier erhielt sie Unterstützung durch Jos Sinnema. Sie schreibt: „Er besuchte für mich Archive in Amsterdam und prüfte, ob verwendbare Dokumente vorlagen oder nicht. Er führte mich auch durch die KZ-Gedenkstätte Herzogenbusch (Vught) und gab mir Tipps, wie ich meinen Urlaub in Amsterdam mit geschichtlicher Recherche wie den Besuch des Widerstandsmuseums kombinieren konnte.“
Was hat Henriette Schulze besonders beeindruckt? Sie schreibt: „Für den Zusammenhalt der Frauen war wohl auch die Religion verantwortlich, sie spielte aber vor allem für Renny eine große Rolle für die Bewältigung der Hafterfahrungen. Da ich selbst den Ethikunterricht besuche und keiner Religion angehöre, fand ich gerade diesen Aspekt sehr interessant.“
Den gesamten Artikel bitte bei Interesse per Mail anfordern bei irene.stuiber@googlemail.com.
Lynn Williams, deren ASF-Freiwilligendienst in Dachau jetzt endet, war so nett, uns einige Zeilen zu ihrer Mitarbeit im Gedächtnisbuchprojekt zu schreiben. Die deutsche Übersetzung findet sich im Anschluss an den englischen Text. Danke, Lynn!
I arrived in Dachau in September, 2012, to begin my service as a volunteer with Action Reconciliation Service for Peace. Part of my assignment was to work with the “Remembrance Book Project” and the companion exhibition, “Names Instead of Numbers.” I had no idea about what this would entail.
Under the leadership of Sabine Gerhardus, I soon found out. A new group of students was just beginning to explore biographical research. I learned right along side of them at the seminars which Frau Gerhardus held concerning archival research, interview techniques, writing strategies and page design. I am happy to report that I have also been able to write the biography of a former prisoner. I am beginning to work on a second biography, which I will complete when I go home to Milwaukee, WI, in August, 2014.
I also gained experience in scheduling exhibitions of “Names Instead of Numbers” in North America. I will continue to support this when I go home by making sure that the exhibit is kept in good condition and gets from location to location in a timely manner.
I am grateful that I had the opportunity to be a part of this project, and that I can remain involved in the future.
Im September 2012 kam ich in Dachau an, um meinen Freiwilligendienst bei der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste zu beginnen. Zu meinen Aufgaben gehörte die Mitarbeit am Gedächtnisbuch und bei der begleitenden Ausstellung „Namen statt Nummern“. Ich hatte keine Ahnung, worum es genau ging.
Unter der Leitung von Sabine Gerhardus fand ich das schnell heraus. Gerade begann eine neue Gruppe von Studenten mit ihrer biographischen Recherche. Ich lernte zusammen mit ihnen in den Seminaren von Frau Gerhardus Archivrecherche, Interviewtechniken, Schreibstrategien und Layout. Mich freut es, berichten zu können, dass ich auch eine Biographie eines ehemaligen Dachau-Häftlings geschrieben habe. Gerade beginne ich mit einer zweiten Biographie, die ich daheim in Milwaukee, Wisconsin, im August des Jahres fertigstellen werde.
Ich konnte auch Erfahrungen mit der Durchführung der Ausstellung „Namen statt Nummern“ in Nordamerika sammeln. Diese Ausstellung kann ich daheim weiter unterstützen, in dem ich dafür sorge, dass sie gut erhalten und rechtzeitig zum nächsten Ausstellungsort kommt.
Ich bin dankbar, dass ich Teil dieses Projekts sein durfte und freue mich, dass ich auch in Zukunft weiter mitmachen kann.
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(Foto: BLLV) |
Schon ziemlich zur Sache ging es am 17. Juli bei einem Arbeitstreffen mit den Schülerinnen und Schülern aus Grafing, die das W-Seminar Gedächtnisbuch ab dem kommenden Schuljahr belegen wollen. Die Schüler hatten Gelegenheit, ihre Erwartungen und Interessen zu schildern, damit ihnen am Anfang des Seminars passende Biographie-Projekte vorgelegt werden können. Diese Projekte betreffen dann entweder das Gedächtnisbuch für Dachauer Häftlinge oder das BLLV-Projekt „Jüdische Lehrer und Lehrerinnen in Bayern“. Sabine Gerhardus, Projektleiterin, meint: „Wenn das Interesse an der Person gegeben ist, schaffen das die meisten gut!“
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(Foto: BLLV) |
Am 19. Juli wurde das BLLV- Gedächtnisblatt für Friedrich Reuß in München unterzeichnet. Mit dabei waren die Verfasserin des Gedächtnisblatts aus Bamberg, Christina Ther, ihre Mutter und die Enkel des politisch verfolgten Lehrers Friedrich Reuß. Christina Ther hatte die Biographie im Rahmen eines W-Seminars in Bamberg verfasst.
Sabine Gerhardus, Projektleiterin des Gedächtnisbuchs, schreibt dazu: Es war ein schöner Abschluss für alle Beteiligten nach einer sehr engagierten und aufwändigen Recherche zu einer ganz ungewöhnlichen Biographie. Reuß war ein intellektueller Freigeist, christlich, mit einer jüdisch-russischen Frau verheiratet, der in Bamberg in den 1920er Jahren philosophische Gesprächskreise veranstaltete und sich für die russische Kultur und Sprache interessierte. Das und seine familiären Verhältnisse waren für die Nazis Grund genug für eine Inhaftierung bereits 1933. Reuß floh anschließend mit Frau und Kind über Berlin nach Moskau, wo er wenige Jahre später aus ungeklärten Umständen starb. Seine Frau starb in der Verbannung, die Tochter kam als Flüchtling mit ihrer Familie wieder zurück nach München, wo die Enkel heute noch leben.
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V.r.n.l.: Jan Kwiatkowski, Anne Katrin Scheffbuch, Klaus Schultz, Lynn Williams |
Jos Sinnema, ehrenamtlich für das Gedächtnisbuch in den Niederlanden aktiv, erzählt im Interview von der geplanten Ausstellung und den Plänen für eine Theateraufführung.
Jos, du hast ein neues Projekt mit nach Dachau gebracht. Kannst du uns etwas darüber erzählen?
Die genauen Einzelheiten kann ich noch nicht sagen – die Öffentlichkeitsarbeit beginnt erst nach den Ferien. Aber ich darf schon sagen, dass es in Holland eine Ausstellung geben wird:
Es wird eine Ausstellung über niederländische Häftlinge in Dachau geben, bei der die Biographiearbeit der Schüler im Rahmen des Gedächtnisbuchs ein wesentlicher Bestandteil sein wird. Ohne die Schüler würde es die Ausstellung nicht geben. Sie wird einen biographischen Blickwinkel haben, biographisch aufgebaut sein.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation, eine Sammlung der Biographien über holländische Häftlinge, die bis jetzt für das Gedächtnisbuch geschrieben worden sind, mit einer Einführung über holländische Häftlinge in Dachau. Die Biographien stammen sowohl von holländischen als auch von deutschen Schülern und die Einführung schreibe ich zusammen mit Sabine Gerhardus.
Gibt es Veranstaltungen, die die Ausstellung begleiten?
Wir planen eine Aufführung in einem bekannten Theater in Amsterdam. Bei dieser Aufführung präsentieren die Schüler die von ihnen erarbeiteten Biographien auf der Bühne. Unter ihnen sind auch zwei deutsche Schülerinnen, die über einen Holländer geschrieben haben. Das wird am 4. Mai sein, an diesem Tag ist die nationale Totengedenkfeier überall im Land. In Amsterdam ist der König mit dabei, abends um 20 Uhr, auf dem Dam. Das Projekt heißt „Theater nach dem Dam“. Auf dem Dam ist die Nationalgedenkfeier. Und „Theater nach dem Dam“ sind die Aufführungen im ganzen Land, Theater, die etwas zu tun haben mit dem Zweiten Weltkrieg.
Was ist die Grundidee dieser Theateraufführung?
Der rote Faden ist die Musik. Die Schüler präsentieren ihre Biographien und eine bekannte professionelle Theaterregisseurin übernimmt die Regie. Der Grundgedanke ist, dass Musik, die im Leben von ehemaligen Häftlingen eine Rolle gespielt hat, die Verbindung sein wird, um die Biographien zu erzählen. Zum Beispiel hört man „Dona nobis pacem“, das heißt „Schenk uns Frieden“. Das ist ein Lied, das die Frauen, die 200 holländischen Frauen im Münchner Agfa-Kommando, sehr oft gesungen haben. Dieses Lied hat ihnen Kraft gegeben. Sie haben sehr viel gesungen, auch andere Lieder, aber das war ein wichtiges Lied. Dieses Lied hört man und es ist der Anhaltspunkt, um die Lebensgeschichte von Willemijn Petroff, einer Agfa-Frau, zu erzählen, sie zu präsentieren.
Oder man hört eine Trompete, und der Zuschauer erfährt, dass das die Trompete ist, die Jaap van Mesdag mitgenommen hat, als er in einem Kanu nach England fahren wollte, um sich dort den alliierten Streitkräften anzuschließen. Er kam mit seinem Freund in schlechtes Wetter und hat diese Trompete benutzt, um das SOS-Signal abzugeben. Deshalb wurden sie gerettet, das heißt, ein Schiff der Kriegsmarine holte sie aus dem Wasser – und dann sperrte man sie ins KZ. Die Trompete war das einzige, was er von zu Hause mitgenommen hat. Er war ein leidenschaftlicher Trompeter, er spielte Jazz und Swing. Und so gibt es eigentlich in jeder Biographie Anhaltspunkte für Musik und es finden sich auch manchmal bei den Jugendlichen Anhaltspunkte für Musik. Zum Beispiel haben zwei Schüler einen Rap über Dachau geschrieben.