Themenvergabe im W-Seminar Bamberg abgeschlossen

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Überwiegend mit den Biographien jüdischer Lehrer beschäftigt sich das W-Seminar am Bamberger Eichendorff-Gymnasium unter Leitung von Daniel Wächter. Die 12 Schülerinnen haben nun ihre Themen gefunden.

Zwei Schülerinnen erforschen die Lebensgeschichte von Hirsch Wolfrom und Moses Wetzler, die beide als jüdische Lehrer in Oberfranken tätig waren und während der Weimarer Republik starben. 7 weitere jüdische Lehrer stehen auf der Themenliste. Sie erlebten die Verfolgung in der NS-Zeit, einigen gelang die Emigration, manche von ihnen wurden während der NS-Zeit ermordet: Paul Possenheimer, Arnold Seliger, Fridolin Moritz Friedmann, Hermann Hirsch, Jakob Nußbaum, Leopold Anfänger und David Kissinger.
Der Sport- und Geographie-Lehrer Rudolf Kaufmann war konfessionslos, wurde aber aufgrund seiner Herkunft von den Nazis als „Jude“ eingestuft. Als Gewerbelehrer tätig war Eugen Thanhäuser, den die Nazis als „Halbjuden“ bezeichneten, nach dem Krieg war er Landrat in Schwabach/Roth. Keinen jüdischen Hintergrund hat die Biographie von Rudolf Däbritz, der als Lehrer zwangsversetzt wurde, weil er einem jüdischen Schüler in Coburg zum Abitur gratuliert hatte.
Die Schülerinnen haben jeweils Informationen mit Grunddaten zu den Personen erhalten, sowie einen Überblick über vorhandene Fachliteratur und Hinweise auf relevante Archive. Wir wünschen viel Erfolg bei der Recherche!

Bis 7. Dezember: Ausstellung Namen statt Nummern in Roth

Noch bis zum 7. Dezember ist die Ausstellung „Namen statt Nummern“ in Roth im Seckendorff-Schloss zu sehen. Sie zeigt 22 Biographien von Häftlingen des KZ Dachau, eine Auswahl der im Rahmen des Gedächtnisbuchprojekts recherchierten Lebensgeschichten.

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Die Ausstellung wird im Rahmen der Reihe „Roth ist bunt“ gezeigt. Zu sehen ist auch das von Norbert Herler erstellte Gedächtnisblatt über Ludwig Wittmann, den Eiatsbauern aus Aberzhausen, geboren am 1. Dezember 1889, gestorben am 18. September 1942.

Geöffnet ist die Ausstellung montags bis freitags von 9 bis 19 Uhr im Seckendorf-Schlösschen an der Hiltpoltsteinerstraße 2a in Roth.

Biographie Justin Fränkel: Preisgeld ermöglicht Reise zur Tochter des Porträtierten

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Für ihre herausragende Seminararbeit über den jüdischen Lehrer Justin Fränkel im Rahmen des BLLV-Projekts Erinnern erhielt Jana Schmitt den Preis des Bayerischen Clubs – wir berichteten. Das Preisgeld hat sie in eine fünftägige Reise nach New York investiert und Justin Fränkels Tochter Edith Fraenkel-Schwarz besucht. Der Familie Fraenkel gelang in den 30er Jahren die Emigration in die USA.

Wie kam es zu der Reise?
Für meine Seminararbeit habe ich als Zeitzeugin Edith Schwarz – das Fraenkel lässt sie in der Regel weg -, interviewt, einmal per Telefon und dann hatten wir E-Mail-Kontakt. Schon damals hat sie mich eingeladen. Mit dem Preisgeld des Bayerischen Clubs war dieser Besuch möglich und ich konnte ihr sagen, dass ich nach New York kommen werde. Meine Eltern und meine beste Freundin haben mich begleitet.
Wie sind Ihre Tage in New York verlaufen?
Edith Schwarz hat uns bei sich untergebracht. Sie wohnt in einem der äußersten Randbezirke von New York, wir sind mit dem Taxi dahin gefahren. Sie hat uns den Ort und den Bahnhof gezeigt, damit wir auch nach New York reinfahren konnten. Am ersten Abend hat sie uns mit einem Abendessen bewirtet und uns bei dieser Gelegenheit erzählt, wie ihr koscherer Haushalt funktioniert und auf was wir achten sollen. Wir frühstückten in den nächsten Tagen immer gemeinsam, tagsüber hatte sie meistens andere Verpflichtungen und wir waren in der Stadt unterwegs, aber abends haben wir uns dann wieder getroffen und miteinander geredet.
Was hat Sie besonders beeindruckt?
Wie offen Frau Schwarz war. Sie hat uns nicht gekannt, sie hat uns zu sich eingeladen und eine ganze Woche bei sich aufgenommen. Sie hat sehr offen über ihre Familiengeschichte gesprochen, auch über ihre jetzige Familiengeschichte. Und vor allem, dass sie so dankbar war, sie hat sich immer wieder bedankt für meine Arbeit über ihre Familie – bei allem, was sie alles für uns getan hat, im Vergleich dazu: Das war ja nur eine Seminararbeit!
Sehr eindrucksvoll fand ich auch, wie fit und kulturell interessiert Frau Schwarz noch ist. Sie ist ja jetzt schon hoch in den 80ern … Sie unternimmt sehr viel und geht regelmäßig ins Theater und ins Musical. Sie ist sehr kulturinteressiert und konnte uns viele Tipps geben.
Werden Sie mit Ihrer Gastgeberin in Kontakt bleiben?
Edith Schwarz unternimmt jedes Jahr eine Deutschlandreise. Wir hoffen sehr, dass sie im nächsten Jahr bei uns vorbeikommt.

 

Otto Kohlhofer: Diskurs über Politik und Handlungsspielräume

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Otto Kohlhofer (1915-1988), maßgeblich an der Gründung der Gedenkstätte Dachau beteiligt, ist allen, die ihn gekannt haben, in lebhafter Erinnerung. Eines der ersten Gedächtnisblätter ist ihm gewidmet. Am 18. November 2015 referierte Barbara Distel, bis 2008 Leiterin der Gedenkstätte Dachau, auf einer Veranstaltung der Gedenkstätte über Kohlhofers Leben und Wirken.

Deutlich wurde: Otto Kohlhofers Lebensthema war die Aufklärung über den Nationalsozialismus. Als junger Kommunist verteilte er im Münchner Stadtteil Neuhausen Flugblätter, die auf das Konzentrationslager Dachau aufmerksam machten. Dies brachte ihn ins Gefängnis und schließlich ins KZ. Nach dem Krieg und nach dem KPD-Verbot 1956 resignierten viele seiner Genossen, nicht so Kohlhofer. Sein beruflicher Werdegang ist einzigartig und seinen guten Kontakten zu Alois Hundhammer (CSU) zu verdanken: Ab 1946 arbeitete Kohlhofer im Bayerischen Landwirtschaftsministerium und blieb dort bis zu seiner Pensionierung, obwohl er sich in den 50er Jahren weigerte, einen Verzicht auf „radikale Bestrebungen“ zu unterzeichnen.

Eine wesentliche Rolle spielte Otto Kohlhofer bei der Gründung der KZ-Gedenkstätte Dachau: Er handelte den Staatsvertrag für die Gedenkstätte Dachau aus, der dem Comité International de Dachau (CID) bis heute ein Mitspracherecht in allen wichtigen Belangen sichert. Nach Meinungsverschiedenheiten über das angemessene Gedenken schied Kohlhofer aus dem CID aus, der konkrete Anlass wirkt im Nachhinein eher belanglos: Er empfand einen Sektempfang des CID auf dem Gelände des Lagers als unangemessen.

Der Erinnerungspolitik blieb Kohlhofer auch später verpflichtet. Sein Engagement für eine Internationale Jugendbegegnungsstätte in Dachau ist vielen im Gedächtnis, nicht zuletzt war er häufig Gesprächspartner für die Besucherinnen und Besucher der alljährlichen Jugendbegegnungs-Zeltlager. In diesem Rahmen fanden, so Barbara Distel, die „wohl fruchtbarsten und bewegendsten Begegnungen“ zwischen Dachau-Überlebenden und jungen Leuten statt. Das Jugendgästehaus schließlich wurde erst zehn Jahre nach Kohlhofers Tod Realität.

Otto Kohlhofer wünschte sich den Diskurs über Politik und über Handlungsspielräume. Über erlittene Verletzungen wollte er  nicht sprechen, damit wollte er „selber fertig werden“, so seine Aussage in einem von der Referentin zitierten lebensgeschichtlichen Interview.

W-Seminar Grafing: Seminararbeiten liegen vor

Das Werk ist vollbracht: Zwölf Schülerinnen und Schüler des W-Seminars am Gymnasium Grafing haben am 10. November 2015 ihre Seminararbeiten abgegeben. Über ein Jahr beschäftigten sie sich im Rahmen des Gedächtnisbuchprojekts jeweils mit der Biographie einer Person, die im Nationalsozialismus verfolgt oder gar ermordet wurde.


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Die Lehrerin Petra Köpf ist stolz auf ihre Schüler: “Die Recherche hat den Schülern viel abverlangt. Ich freue mich, dass alle ihre Arbeit zu einem Abschluss gebracht haben!”

Wachsamkeit und Zivilcourage stärken

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Noch bis zum 20. November ist sind die beiden Ausstellungen „Das Lager und der Landkreis“ sowie „Kriegsende und Nachkriegszeit im Landkreis Dachau“ im Landratsamt in Dachau zu sehen.

Die mit dem Gedächtnisbuch verbundene Ausstellung „Das Lager und der Landkreis“ gibt Einblicke in die Biographien von aus dem Landkreis Dachau stammenden Häftlingen des KZ Dachau.

Ein Ausstellungsbesucher schreibt ins Gästebuch: „Die Ausstellung trägt dazu bei, Wachsamkeit und Zivilcourage zu stärken.“ Er zeigt sich insbesondere von den Lebensgeschichten Anton Mangs und Franz Kleins beeindruckt. „Ihr Beispiel an Solidarität und Unterstützung für andere lebt insbesondere im Engagement der Asylhelferkreise weiter.“ Zu den Biographien dieser und anderer aus dem Landkreis stammender Häftlinge liegt ein ausführlicher Reader bereit.

Die Ausstellung zum Kriegsende und zur unmittelbaren Nachkriegszeit lässt den Alltag der Epoche deutlich werden. Wer Geschichte nicht nur sehen, sondern auch hören will, hat dazu an den Hörstationen Gelegenheit.

Besucherinfos:

Mo 12.10. bis Fr 20.11.2015

Landratsamt Dachau, Weiherweg 16

Mo – Fr 8.00 – 13.00 Uhr

Do 14.00 – 18.00 Uhr

Erfahrungsaustausch trotz Sprachbarrieren

Agco und Maurycy sprachen Ende September über ihre Freiwilligenarbeit für Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und über das Gedächtnisbuchprojekt mit dem Dachau-Überlebenden René Baumann und einer Klasse geschichtsinteressierter französischer Jugendlicher.

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Die 25 Schülerinnen und Schüler und ihre Begleiter waren auf Einladung des Comité International de Natzweiler zu Gast in Dachau. Sie hatten einen seit 1961 alljährlich durchgeführten Geschichtswettbewerb des Comités gewonnen.

Agco erzählt über den Nachmittag: „Die Gruppe war sehr nett und sehr interessiert. Ich bin dankbar für die gemeinsam verbrachte Zeit – ich glaube, das sind sie auch. Gut, dass wir die Sprachbarriere überwinden konnten.“

Gedenkstättenfahrt nach Schloss Hartheim, Mauthausen und Gusen

Nach Schloss Hartheim, Mauthausen und Gusen führte die Gedenkstättenfahrt Ende Oktober 2015. Als Veranstalter der Exkursion engagierten sich drei Träger des Gedächtnisbuchs: das Dachauer Forum, die Katholische Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte Dachau sowie die Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau; als vierter Veranstalter ist die KZ-Gedenkstätte Dachau zu nennen.

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Das Gedächtnisblatt über Werner Sylten hat Eingang in das Gedenkprojekt „Lebensspuren/Opferbiographien“ in Schloss Hartheim gefunden. Das Foto zeigt Klaus Schultz, Diakon der Versöhnungskirche, bei der Betrachtung der elektronischen Präsentation dieser Biographie.

In der Galerie noch weitere Fotos von der Gedenkstättenfahrt:

Jaap van Mesdag ist gestorben

 Ylva Sluiter und Jaap van Mesdag in Dachau, 2012
Ylva Sluiter und Jaap van Mesdag in Dachau, 2012

Am Freitag, den 23. Oktober ist im Alter von 93 Jahren Jaap van Mesdag gestorben. Gedenken war Jaap wichtig. Mehrmals besuchte er die Gedenkstätte Dachau, zum vorletzten Mal im März 2012, als Ylva Sluiter hier sein Gedächtnisblatt präsentierte.

1942 versuchte Jaap mit seinem Freund Ernst Sillem von den Niederlanden aus in einem Kanu nach Großbritannien zu fahren. Dort wollten sie sich den alliierten Streitkräften anschließen, um gegen die Nazidiktatur zu kämpfen. Jaap war ein leidenschaftlicher Musiker – er spielte gerne Jazz und Swing – und deshalb musste im kleinen Kanu vor allem eines mit: seine Trompete. Das Wetter war schön, als die beiden im Schutz der Dunkelheit abfuhren.

Doch nach nur wenigen Stunden fing es an zu stürmen. Als das Kanu zu sinken drohte, gab Jaap auf seiner Trompete das SOS-Signal ab. Das Schiff, das den beiden in der Dunkelheit zuhilfe kam, war aber ein Vorpostenboot der Kriegsmarine. Zurück im besetzten Gebiet wurden Jaap und Ernst über das Polizeiliche Durchgangslager Amersfoort ins KZ Herzogenbusch (Vught) verschleppt. Beide kamen als Nacht- und Nebelhäftlinge nach Natzweiler. In Dachau wurden sie letztendlich befreit.

Über seine wiedergefundene Freiheit sagte Jaap: „Jeden Tag, an dem ich morgens aufwache und einfach nach draußen gehen kann, ja, den schätze ich sehr. Es ist gut zu erkennen: dass man ein freier Mensch ist, der in einem freien Land lebt. Dass man gehen kann, wohin man möchte, und sagen kann,  was man möchte. Ja, das ist sehr ein großes Privileg.“

(Text: Jos Sinnema)