Jahrespräsentation am 22. März 2017

Einer der Höhepunkte der diesjährigen Präsentation: Mohamed Mesli spricht über seinen Vater. Eine Übersetzerin sorgt dafür, dass alle seine französischen Worte verstehen. Das Gedächtnisblatt zu Abdelkader Mesli stammt von Gerhard Bökel. – Wir danken Robert Kiderle sehr herzlich für die Fotos zu diesem Beitrag.

 

„Es ist nun unsere Verantwortung, die Geschichten dieser Menschen zu erzählen“

Klaus Schultz

Klaus Schultz, Diakon der Versöhnungskirche und Mitglied des Trägerkreises, erinnert an den im vergangenen Jahr verstorbenen Schirmherrn Max Mannheimer: „Er hat uns viele Jahre unterstützt. Gerade in der Anfangszeit war seine Unterstützung ganz, ganz wichtig für das Projekt. Er gehörte zu den Menschen, die dieses Projekt ermöglicht haben.“ Dass zum zweiten Mal seit Bestehen des Projekts kein Überlebender an der Vorstellung der neuen Biographien teilnimmt, macht, so Schultz, mehr als deutlich, dass nun etwas wirklich zu Ende geht. „Es ist nun unsere Verantwortung, die Geschichten dieser Menschen zu erzählen.“

Sabine Gerhardus

Projektleiterin Sabine Gerhardus betont die Bedeutung der Arbeit an Gedächtnisbuchbiographien als Bestandteil politischer Bildung. „Was die Biographiearbeit bei jungen Erwachsenen anstoßen kann, möchte ich mit zwei Zitaten verdeutlichen. Eine Projektteilnehmerin hat nach der Erstellung eines Gedächtnisblatts geschrieben: Der Schutz von benachteiligten Bevölkerungsgruppen ist mir wichtiger geworden. Eine andere Teilnehmerin äußerte sich so: Ich bin sehr viel intoleranten gegen Rechtsterrorismus geworden und toleranter gegenüber religiösen und ethnischen Minderheiten.

Klaus Wenzel (BLLV)

Klaus Wenzel vom BLLV wendet sich in seinem Grußwort besonders an die anwesenden Schüler. „Sie haben in den vergangenen Wochen und Monaten Erhebliches investiert, Sie haben viel gelernt, Sie waren in Archiven, Sie haben recherchiert – und Sie haben es geschafft, dass aus Nummern Namen werden.“ Wichtig findet Klaus Wenzel die Unterstützung des Projekts durch den BLLV nicht zuletzt aufgrund der eigenen Verbandsgeschichte. „Der BLV – so hieß er 1933 noch – hat gefehlt. Das ist zweideutig und auch so zu verstehen.“ Der Bayerische Lehrerverein habe Fehler gemacht und er habe gefehlt, als Persönlichkeiten ihn gebraucht hätten. „Wir sind uns dieser Schuld bewußt und wir wissen, dass wir sie nicht mehr gut machen können. Wir sind dankbar, dass wir mit der finanziellen Unterstützung dieses Projekts wenigstens dafür sorgen, dass junge Menschen sich mit diesem Teil der deutschen Geschichte beschäftigen.“

 

Gedächtnisblatt über Paul Possenheimer

 

Paul Possenheimer (D/GB) von Gülperi Yardimci, Bamberg

Der jüdische Lehrer Paul Possenheimer emigrierte nach seiner Haft im KZ Dachau nach England. Während seiner KZ-Haft kündigte der Staat sein Dienstverhältnis und widerrief das zweite Staatsexamen. Possenheimer starb bereits im Alter von nur 51 Jahren im Exil. Seine Angehörigen sind sich sicher, dass sein früher Tod mit den schrecklichen Erfahrungen im Konzentrationslager zusammenhängt und vor allem auch mit dem Verlust seiner Familienangehörigen.

Die Verfasserin Gülperi Yardimci konnte leider nicht anwesend sein, als Schülerin des Eichendorff-Gymnasiums in Bamberg wurde sie wegen vieler aktueller Klausuren nicht vom Unterricht befreit.

 

Ferdinand Zwack: SPD-Politiker in Freising

Ferdinand Zwack (D)
Ferdinand Zwack (D) von Emilia Jackermaier, Freising

Emilia Jackermaier, Schülerin des Camerloher-Gymnasiums in Freising, stellt die Biographie des Freisinger SPD-Kommunalpolitikers Ferdinand Zwack vor. Er gehörte zu den frühen Dachauer Häftlingen, wurde dann wieder freigelassen und später ein zweites Mal inhaftiert. 1944 starb er in Freising. Bereits 1946 wurde nach ihm eine Straße in Freising benannt, an der viele Häuser der von ihm gegründeten Baugenossenschaft stehen.

 

Korbinian Geisenhofer: KZ-Haft für Graffiti

Korbinian Geisenhofer (D)
Korbinian Geisenhofer (D) von Maxi Häcker, Freising

Hammer und Sichel, gemalt zusammen mit Freunden auf die Ortsstraße in Hohenkammer, brachte dem Handwerker Korbinian Geisenhofer eine erste KZ-Haft in Dachau ein. Eine zweite Inhaftierung war die Folge einer Wirtshausrauferei mit örtlichen Nazis. Die Schülerin Maxime Häcker hat die Biographie Geisenhofers für das Gedächtnisbuch recherchiert und stellt ihre Ergebnisse vor. Besonders bei der Tochter Agnes Geisenhofer bedankt sich Maxime Häcker für wiederholte Interviews und viele Einblicke in das Leben Korbinian Geisenhofers.

 

Franz Xaver Schmid: Mitglied der Reformbewegung der Siebenten-Tag-Adventisten

Franz Xaver Schmid (D)
 Maurycy Przyrowski (PL)

Schmids Engagement für seinen Glauben führte noch im Januar 1945 zur KZ-Haft und wenig später zu seinem Tod im KZ-Dachau. Maurycy Przyrowski, im letzten Jahr ASF-Freiwilliger im Gedächtnisbuch-Projekt stellt die Biographie vor. Er zitiert aus einem Verhör: „Ich grüße auch nicht mit dem Deutschen Gruß, weil nur Gott die Ehre gebührt.“

 

Karl Fruchtmann: Regisseur im Nachkriegsdeutschland

Karl Fruchtmann (D), vorgestellt von Sophie Weller, Freising

Geboren in einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Thüringen orientierte sich Fruchtmann bereits als Schüler politisch links. Er legte sein Abitur in der Schweiz ab, kehrte aber nach dem Tod des Vaters 1934 nach Deutschland zurück. Er wurde 1936 als „Emigrant“ verhaftet, erlitt verschiedene Konzentrationslager, auch das KZ Dachau. Später floh er nach Palästina, diente in der Luftwaffe und arbeitete bei El Al. 1958 kehrte er nach Deutschland zurück und machte sich einen Namen als Regisseur. Sein bekanntester Film heißt „Kaddisch nach einem Lebenden“.

Sophie Weller vom Freisinger Camerloher-Gymnasium präsentiert seine Biographie. Fruchtmanns Tochter erinnerte sich im Interview mit der Schülerin an den Satz ihres Vaters: „Heulen kannst du hinterher.“ Sie glaubt, dass sich ihr Vater diesen Satz im KZ häufig selbst gesagt hat.

 

Moses Lewkowitz: Engagement für den Israelitischen Lehrerbildungsverein

Moses Lewkowitz (D)
Sandra Usselmann als Vortragende (GB)

Lewkowitz studierte an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg, nach seinem Examen 1932 arbeitete er in Butterwiesen. Nach der KZ Haft 1938 emigrierte er 1939 nach Palästina und diente in der britischen Armee. Er starb bereits mit 40 Jahren in Israel.

Seine Lebensgeschichte recherchierte die Grafinger Schülerin Lena Fiedler, die allerdings nicht anwesend sein konnte. Sandra Usselmann, derzeit ASF-Freiwillige in Dachau, präsentiert die Biographie an Stelle der Verfasserin.

 

Josef Reisbeck: Rote Rebellen

Josef Reisbeck (D) von Lena Althaus, Freising
Lena Althaus, Freising

Reisbeck verteilte illegale Druckschriften und engagierte sich im sozialdemokratischen Widerstand. Nach einer Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat wird er im KZ Dachau eingesperrt, eine zweite Verhaftung mit Freispruch folgt 1940. Er stirbt bereits 1944.

Seine Biographie stellte die Freisinger Schülerin Lena Althaus vor. Sie freut sich, dass sie trotz schwieriger Recherchen nun ein Gedächtnisblatt abschließen kann.

 

Abdelkader Mesli: Als Imam tätig in der Résistance

 

Abdelkader Mesli (F), vorgestellt von Gerhard Bökel (F)
Mohamed Mesli spricht über seinen Vater

Die sehr ungewöhnliche Lebensgeschichte von Abdelkader Mesli stellt Gerhard Bökel vor. Mesli war als Imam in Paris und Südfrankreich aktiv in der Resistance, er betreute muslimische Zwangsarbeiter und verschaffte jüdischen Menschen muslimische Identitäten. Der Referent betont: „Der Fakt, dass muslimische Imame Juden gerettet haben, ist wirklich bemerkenswert und schön zu sehen. Zu sehen, dass es so etwas gab, ist gerade vor dem aktuellen politischen Kontext wirklich sehr bemerkenswert!“

Bökel, Jurist, Journalist, Politiker, beschäftigt sich seit einiger Zeit intensiv mit dem Train Fantôme, dem sogenannten Geisterzug, auf den er in Südfrankreich aufmerksam geworden war. Auch Abdelkader Mesli wurde mit diesem Zug nach Dachau deportiert. Bereits in den Jahren 2003/2004 waren Gedächtnisblätter über Gefangene verfasst worden, die mit diesem Transport nach Dachau gekommen waren. Eines davon gilt Renée Lacoude, mit ihr und ihrem 80jährigen Sohn steht Bökel in Kontakt und übermittelte Grüße. „Ich werde Ihr Grüße zurück übermitteln.“, versprach er der Versammlung. „Nächste Woche wird Frau Lacoude 100 Jahre alt.“

Als die ersten Gedächtnisblätter zum Train Fantôme entstanden, wußte niemand, dass Mesli mit diesem Zug nach Dachau gekommen war. Auch seine Kinder wussten nur, dass er in Dachau gewesen war, seine Widerstandstätigkeit war ihnen unbekannt. Erst nach dem Tod der Ehefrau vor wenigen Jahren fanden seine Kinder kistenweise Dokumente, die derzeit von Abdelkader Meslis Sohn Mohamed in Verbindung mit Gerhard Bökel aufgearbeitet werden.

Mohamed Mesli wandte sich an die Versammlung: „Ich bin zum ersten Mal in Dachau. Es ist sehr, sehr schwierig, die Emotionen auszuhalten. Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Schülern, die tolle Arbeit machen, eine Arbeit, die mich sehr tröstet.“

 

Marceau Mollard: Opfer einer deutschen Racheaktion

Marceau Mollard (F)
Als Vortragende Lisa Kappes, Vierkirchen

Die Biographie von Marceau Mollard verfasste Johanna Mollard, vorgetragen wurde sie von Lisa Kappes, die die Verfasserin gut kennt und sie bei der Recherche unterstützt hat. 112 Männer aus dem Ort Clermont-en-Argonne und der unmittelbaren Umgebung deportierten deutsche Truppen 1944 nach einem Widerstandsakt in KZs. Unter ihnen befand sich der Urgroßvater der Verfasserin, Marceau Mollard. Er starb nach Aufenthalten in verschiedenen Konzentrationslagern, darunter auch Dachau, am 27.11.1944. Der Ort Clermont-en-Argonne leidet bis heute unser diesem Verbrechen der deutschen Besatzer.

 

Albert Eise: Ein Leben für die katholische Schönstatt-Bewegung

Albert Eise (D) von Maria Gross, Freising
Albert Eise (D) von Maria Gross, Freising

„Leid ist das Küssen Gottes. So wisst jedoch, dass nach Karfreitag immer Ostern kommt.“, schrieb Albert Eise in einem Brief aus dem Konzentrationslager Dachau an seine Familie, bemüht, aus seinem Glauben Trost zu schöpfen. Der katholische Priester war Gründungsmitglied der Marianischen Konkregation, aus der später die Schönstatt-Bewegung hervorging. Seine Referententätigkeit für die Schönstatt-Bewegung war den Nazis ein Dorn im Auge, 1941 wurde er verhaftet. Er starb im September 1942 im KZ Dachau an der Hunger-Ruhr.

„Für mich ist Albert Eise ein Vorbild, wie man mit Tod und Leid umgehen kann, dass man auf Gott vertrauen kann, dass er auch wieder gute Zeiten geschehen lässt.“, berichtet die Biographin Maria Gross vom Camerloher Gymnasium über ihre persönlichen Erkenntnisse aus der Beschäftigung mit Eises Lebensgeschichte. „Es war sehr interessant, sich mit Albert Eise und seinem Leben zu beschäftigen.“

 

Anton Held: Rauferei mit SA-Angehörigen

Anton Held (D) von Nina Augustin, Freising
Anton Held (D) von Nina Augustin, Freising

Nina Augustin berichtet über Anton Held, der aus Hohenkammer stammt. Dass dieser Ort nicht allzu weit entfernt liegt, empfand sie als Ansporn für ihre Forschungen. Anton Held gehörte zu jenen, die in Hohenkammer gegen die SA opponierten. Der Grund für die Verhaftung war eine Rauferei mit SA-Angehörigen in der Nähe von Hohenkammer und das Verteilen antinationalsozialistischer Flugblättern. Die Referentin bedankt sich sehr herzlich bei allen, die ihre Recherche möglich gemacht haben: Angehörige, Lokalhistoriker und Archivare.

 

Ein Dankeschön an das Karmel

 

Möglich gemacht wurde die Veranstaltung nicht zuletzt durch die sehr freundliche Überlassung der Kirche des Karmel Heilig Blut als Veranstaltungsort. Ludwig Schmidinger überreichte einen Blumenstrauß. An dieser Stelle auch ein Hinweis auf den neuen Webauftritt des Klosters: http://dachau.karmelocd.de/ .

 

Fotogalerie


Text:Irene Stuiber
Fotos: Robert Kiderle, Robert Kiderle Fotoagentur – vielen Dank für die freundliche Überlassung der Fotos!

 

Ausstellungsbanner für Max Mannheimer

Ein neues Banner der Ausstellung „Namen statt Nummern“ ist Max Mannheimer gewidmet. Vom 12. März bis zum 4. Mai 2017 ist es in einer Ausstellung mit Gemälden Mannheimers in der Versöhnungskirche in Dachau zu sehen.

Das neue Banner neben einem Werk Max Mannheimers

Max Mannheimer, im vergangenen Jahr verstorben, hatte die Schirmherrschaft über die Ausstellung „Namen statt Nummern“ des Gedächtnisbuchs. Wir sind ihm dafür sehr dankbar. Nun beschäftigt sich ein Banner eben dieser Ausstellung mit seinem Leben.

Gemälde Max Mannheimers zeigt vom 12. März bis zum 4. Mai 2017 eine Ausstellung in der Versöhnungskirche. Teil dieser Ausstellung ist das neue Banner.

Bereits in den 50er Jahren begann Mannheimer zu malen. Sein künstlerisches Werk umfasst rund 1.000 Bilder, die er unter dem Pseudonym „ben jakov“ (Sohn von Jakob) dem Gedenken an seinen ermordeten Vater widmete.

Weitere Informationen auf
http://www.versoehnungskirche-dachau.de/angebote/pages/Ausstellungen.php

Einladung: Ausstellungseröffnung in Geretsried

Am 9.3.2017 wird die Ausstellung „Namen statt Nummern“ im Stadtmuseum Geretsried eröffnet.

Die Ausstellung zeigt die Lebenswege ehemaliger Häftlinge des KZ Dachau. Die Ausstellungseröffnung erläutert wie die Biographien im Rahmen des Gedächtnisbuchs recherchiert wurden. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 28.5.2017.

Einladung: Präsentation neuer Gedächtnisblätter

Elf Lebensgeschichten ehemaliger Häftlinge des KZ Dachau stehen im Mittelpunkt der Jahrespräsentation des Gedächtnisbuchs am 22. März 2017.

Gerhard Bökel, ehemaliger hessischer Innenminister, stellt die Biographie von Abdelkader Mesli vor. Mesli stammte aus Algerien, war Imam in Paris und Bordeaux und Kämpfer der Résistance. Er wurde 1944 mit dem Geisterzug, dem Train Fantôme, ins KZ Dachau deportiert. Bis zu seinem Tod 1961 hat er nicht über die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg gesprochen. Erst nach dem Tod seiner Ehefrau nach weiteren 50 Jahren fanden die Kinder des Paares Dokumente, mit denen sich die Geschichte seiner Widerstandstätigkeit und seiner Verfolgung aufklären ließ.

Die 19jährige Schülerin Gülperi Ardmici erforschte die Geschichte des jüdischen Lehrers Paul Possenheimer als Teilnehmerin eines W-Seminars am Bamberger Eichendorff-Gymnasium. Possenheimer wurde 1913 im oberfränkischen Burgkunstadt geboren. Nach Abschluss der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt Würzburg arbeitete er von April 1934 bis Herbst 1938 als zunächst als Schulamtsbewerber, dann als Religions- und Volksschullehrer. Nach der Reichspogromnacht wurde Possenheimer vom 11. November 1938 bis zum Januar 1939 im KZ Dachau eingesperrt. Seine Bemühungen um eine Ausreise waren erfolgreich: Er floh nach England und lebte dort bis zu seinem Tod im Jahr 1965. Seinen Beruf konnte er im Exil nicht mehr ausüben.

Auch die weiteren Biographien geben Aufschluss über die Lebensläufe von Dachau-Häftlingen. Ihre Autoren sind Ehrenamtliche des Gedächtnisbuch-Projekts und der Geschichtswerkstatt im Landkreis Dachau, unter ihnen auch Schülerinnen der W-Seminare in Bamberg und Freising. Marie Kramer und Josef Feger aus Freising begleiten die Veranstaltung musikalisch.

Termin: Mittwoch, 22.3.2017, 19.30 Uhr
Ort: Kirche im Karmel Heilig Blut, Alte Römerstr. 91, 85221 Dachau

Einladung als PDF (4 MB)

Programm als PDF (754 KB)

US-Vizepräsident in der Versöhnungskirche

Einen Katalog der Ausstellung des Gedächtnisbuchs „Namen statt Nummern“ nahm der amerikanische Vizepräsident Mike Pence von seinem Besuch in der Gedenkstätte mit nach Hause.

Klaus Schultz überreicht den Katalog Namen statt Nummern
Klaus Schultz überreicht den Katalog Namen statt Nummern

Als letzten Punkt seiner Deutschlandreise besuchte der amerikanische Vizepräsident Mike Pence am 19.2.2017 die Gedenkstätte Dachau.  Er nahm in Begleitung von Frau und Tochter am Gottesdienst in der Versöhnungskirche teil.

Pfarrer Björn Mensing erinnerte an die Befreiung des Lagers durch die Amerikaner und stellte das Thema der weltweiten Gerechtigkeit in den Mittelpunkt seiner Predikt. Diakon Klaus Schultz leitete den Gottesdienst und überreichte als Trägerkreisvertreter der Versöhnungskirche als Gastgeschenk den Ausstellungskatalog „Namen statt Nummern“.

Die Ausstellung ist in einer englischen Fassung erhältlich und wurde bereits mehrmals in den USA gezeigt.

Grafing: Referate und Interviewtraining

Im September 2017 ging’s los, jetzt stecken die Grafinger Schülerinnen und Schüler mitten in der Recherche für ihre Biographien. Ein Arbeitsbericht.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Grafinger W-Seminars
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Grafinger W-Seminars

Was tut sich so im Grafinger W-Seminar? Sabine Gerhardus berichtet, was die Schülerinnen und Schüler zur Zeit so alles auf die Beine stellen.

„Am Donnerstag, den 9.2. war ich in Grafing. Seit längerem habe ich den „neuen“ Kurs dort wieder gesehen. Die Schüler und Schülerinnen hielten in den letzten Wochen Referate zu den historischen Hintergrund-Themen ihrer Biographien. Parallel haben einige von ihnen mit der Recherche zu den Lebensgeschichten begonnen und manche haben bereits erste Dokumente zusammengetragen.

Während meines Besuchs hielt noch Schüler ein Referat. Diese Zeit habe ich genutzt für ein Einzelgespräch mit einer Schülerin, die bisher in den Archiven noch nicht viel finden konnte. Anschließend haben wir besprochen, wie an den tabellarischen Lebensläufen gearbeitet werden soll, die momentan das zentrale Hilfsmittel bei der Recherche bilden.

Demnächst werde ich mit 5 oder 6 Schülerinnen ein Interviewtraining durchführen. An dem Training nehmen die teil, die mit Überlebenden, Nachkommen oder guten Bekannten des ehemaligen Häftlings sprechen können.“

Gegen Abschiebungen nach Afghanistan

Eine Online-Petition gegen Abschiebungen nach Afghanistan hat Thomas Nowotny initiiert. Nowotny ist Autor mehrerer Gedächtnisblätter.

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Thomas Nowotny

„Das Land ist unsicherer denn je.“, heißt es in der Petition. „Wer vor Krieg, Elend und Tod Schutz suchende Menschen dorthin zurück zwingt, verstößt bewusst gegen die viel beschworenen Grundwerte der EU und gegen unser Grundgesetz.“ Zu den Erstunterzeichnern gehören Michael Verhoeven und Terry Swartzberg.

Hier geht es zur Petition: http://www.change.org/p/bundeskanzlerin-angela-merkel-keine-abschiebungen-nach-afghanistan.

Verfolgung und Flucht ist ein Lebensthema für Thomas Nowotny. Vier seiner Angehörigen waren im KZ Dachau eingesperrt, über seine Familie und zu Personen aus dem Umfeld seiner Familie verfasste er Biographien für das Gedächtnisbuch. Als Kinderarzt hat Nowotny viele Flüchtlinge untersucht, in seiner Freizeit engagiert er sich für eine humane Flüchtlingspolitik.

Erfreuliche Resonanz auf Veranstaltungen

Über die Medienberichte, die zur Ausstellungseröfnung in Bergkirchen und zur Präsentation in Freising erschienen sind, haben wir uns sehr gefreut. Wer sie nachlesen will, findet die Links weiter unten im Beitrag.

Gedenkstättenarchivar Albert Knoll in Freising (Foto: Gertrude Dunzinger)
Gedenkstättenarchivar Albert Knoll in Freising (Foto: Gerlinde Dunzinger)

Sehr motivierend war für uns das Feedback von Veranstaltungsteilnehmern. Besonders bedanken wir uns dafür bei Klaus Mai und Gerlinde Dunzinger. Letztere war sogar so nett, uns ihre Fotos und Videoaufnahmen zur Verfügung zu stellen – das Foto zu diesem Beitrag stammt aus ihrem Fundus, ebenso die Bilder weiter unten in der Fotogalerie.

 

Medienberichte

Einen Vorbericht zur Ausstellungseröffnung in Bergkirchen veröffentlichte die Dachauer Neueste, der Lokalteil der Süddeutschen Zeitung:
Einig im Widerstand

Über die Veranstaltung in Bergkirchen berichteten die Dachauer Nachrichten:
In dunkler Zeit die Stirn geboten

Über die Präsentation der Freisinger W-Seminarteilnehmer schrieb der Lokalteil Freising der Süddeutschen Zeitung
Freisinger Schicksale während des Nationalsozialismus

Leider nicht online steht der Artikel, der im Freisinger Tagblatt am 28.1.2017  erschien:
„Präsentation der Biografien von KZ-Häftlingen. „Es wurde emotional“

 

Fotogalerie

Wir danken Gerlinde Dunzinger für die folgenden Fotos.

 

 

Präsentation Freising: Die Spur der Individualität aufnehmen

11 Freisinger Schülerinnen und Schüler des Camerloher Gymnasiums präsentierten am 26. Januar 2017 die von ihnen erarbeiteten Gedächtnisblätter in Freising. Der betreuende Lehrer Andreas Decker berichtet über diesen Abend.

Helin Düzgün und ihr Gedächtnisblatt über Johann Unterleitner
Helin Düzgün und ihr Gedächtnisblatt über Johann Unterleitner

„Namen statt Nummern“ – unter diesem Motto erforschen seit Jahrzehnten Schüler und auch erwachsene historische Laien die Biografien von Häftlingen des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau. So sind schon Hunderte von Gedächtnisblättern entstanden, auf denen an das Leben und Leiden dieser Menschen erinnert wird. Sie liegen im Gedächtnisbuch in der Evangelischen Versöhnungskirche in der Gedenkstätte Dachau zum Lesen bereit.

Zum zweiten Mal beschäftigte sich auch ein W-Seminar des Camerlohers mit den Biografien von Dachau-Häftlingen, diesmal mit Männern aus der Region: Darunter sind politisch verfolgte wie die relativ bekannten SPD-Mitglieder Ferdinand Zwack und Hans Unterleitner oder drei junge Leute aus Hohenkammer, die mit der SA aneinandergerieten. Darunter ist auch der Homosexuelle Peter Granninger, der für SA-Stabschef Röhm als Zuhälter arbeitete, der Pallotinerpater Albert Eise und der deutsche Jude Oskar Holzer, der 1938 aus Freising verjagt wurde und wenig später in München starb, während die meisten seiner Familienmitglieder in den Vernichtungslagern und Ghettos ermordet wurden. Die Ergebnisse ihrer Recherchen haben die 11 Schülerinnen und ein Schüler auf den Gedächtnisblättern präsentiert, die zurzeit in Kopie in der Aula aushängen. Außerdem hielten sechs von ihnen kurze, aber sehr informative Präsentationen vor etwa 100 Gästen.

Es war am Vorabend des 27. Januar, dem Tag, der zugleich Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus und Hans Unterleitners Geburtstag ist. Albert Knoll, Leiter des Archivs der Gedenkstätte Dachau, warnte in seiner Einführung sehr eindrücklich vor der Gefahr der Verharmlosung und Verleugnung der NS-Verbrechen, wie sie in der Gegenwart wieder von einigen unternommen wird. Es ist zu wünschen, dass die Erinnerungsarbeit gerade jetzt nicht nachlässt, auch wenn die Zeitzeugen immer mehr verschwinden und selbst die direkten Nachkommen schon alt geworden sind. Insofern erfreut es, wenn junge Leute so engagiert für das Gedenken eintreten.

(Text: Andreas Decker)

Aus der Rede von Albert Knoll stammt folgendes Zitat:

„Das Gedächtnisbuch hat es sich zur Aufgabe gemacht – die man gar nicht hoch genug loben kann – Laien wie Euch, die Ihr hier sitzt: Schüler und Schülerinnen, Angehörige, Heimatforscher, an dieses Thema heranzuführen. Ihnen zu zeigen, wie man mit den Quellen der Archive umgeht – und das Gedenkstättenarchiv ist bei weitem nicht das einzige – mit oft widersprüchlichen, nicht in eine stringente Biografie passenden und sehr interpretationswürdigen Informationen umgeht und daraus im besten Fall eine Biografie entstehen kann. Eine Biografie, die versucht, die Spur der Individualität aufzunehmen, der Konsequenz eines Lebens nachzuspüren – ein Leben, das vielleicht politisch engagiert, vielleicht aber auch nur im nationalsozialistischen Sinn unproduktiv war. Aber immer ist damit die Absicht verbunden, der verfolgten Person ihre Würde zurückzugeben. Eine Biografie, die uns vielleicht die Möglichkeit bietet, uns mit der verfolgten Person zu identifizieren.“

 

Foto-Galerie