Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die Opfer der Novemberpogrome
So, 9.11.25, 11 Uhr
Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau, Alte Römerstraße 87, 85221 Dachau
„Die 50er Jahre – Wirtschaftswunder und Verdrängung“, so lautet der Titel der neuen Ausstellung der Geschichtswerkstatt im Landkreis Dachau. Sie wird am 21. Februar 2018 um 19 Uhr in der Sparkasse Dachau eröffnet.
Was steckte hinter dieser Zeit von Rock’n Roll, Petticoat, Nierentisch und Isetta? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Geschichtswerkstatt präsentieren ein vielschichtiges Bild. Es zeigt, wie Zeitzeugen das Wirtschaftswunder im Landkreis Dachau erlebt haben. Die Forschungen verdeutlichen auch, wie sehr man die Erinnerung an den Nationalsozialismus verdrängt hat.
Die Ausstellung ist bis 9. März 2018 zu sehen.
Wer zur Ausstellungseröffnung kommen möchte, wende sich bitte an das Dachauer Forum unter der Telefonnummer 08131 996880 oder per E-Mail unter info@dachauer-forum.de.
(19.2.2018; Text: Irene Stuiber)
19. Februar 2018
Raden Mas Djajeng Pratomo ist gestorben
Am 15. Februar, genau eine Woche vor seinem 104. Geburtstag, ist in den Niederlanden Raden Mas Djajeng Pratomo gestorben.
Stennie und Djajeng 1938
Auf der Trauerkarte, die wir von seiner Tochter bekommen haben, steht das Gedicht „Der Überlebende“ von Primo Levi. „Seit dieser Zeit, zu ungewisser Stunde, kommt dieser Schmerz immer wieder“, lauten die ersten zwei Zeilen dieses Gedichts. Auf Djajeng, der während der mörderische Flecktyphusepidemie im KZ Dachau Pfleger im Revier war, treffen diese Zeilen äußerst genau zu. Von seinen Mithäftlingen wurde Djajeng wegen der selbstlosen Weise sehr geschätzt, in der er das Leiden der Patienten im Revier zu lindern versuchte. Doch quälten ihn die Erinnerungen an das, was er vor allem während dieser Zeit im KZ durchstehen musste, bis zu seinem Tod oft und sehr. Vor allem nachts wurde er von ihnen heimgesucht.
Djajeng wurde am 22. Februar 1914 in Bagan Si Api-Api auf Sumatra geboren, das damals zur Kolonie Niederländisch-Indien gehörte. Als Spross des adligen Hauses Pakualam bekam er bei seiner Geburt den Titel Raden Mas. Im Jahre 1936 fing er in den Niederlanden ein Medizinstudium an. Zugleich wurde er im kommunistisch orientierten Studentenverein Perhimpunan Indonesia aktiv, der bei der niederländischen Regierung die Unabhängigkeit von Indonesien befürwortete. Djajeng erkannte jedoch bald, dass der Faschismus in Japan und Deutschland eine noch viel größere Bedrohung für diese Unabhängigkeit darstellte als die damalige niederländische Kolonialmacht. Diese Gefahr sollte deshalb zuerst bekämpft werden.
Als die Niederlande von den Deutschen besetzt wurden, schloss Djajeng sich dem linken Widerstand an. Auch Stennie Gret, in die er sich 1937 verliebt hatte, wurde aktiv im Widerstand. Im Januar 1943 wurden beide verhaftet. Anfangs, als beide im KZ Vught inhaftiert waren, konnten sie sich ab und zu durch den Stacheldraht miteinander unterhalten. Doch das fand ein Ende, als Djajeng im Mai 1944 nach Dachau verschleppt wurde. Erst nach seiner Befreiung und seiner Heimkehr im Mai 1945, erreichte Djajeng der Bericht, dass auch Stennie noch lebte. Sie war nach Ravensbrück gebracht und von dort aus mit einem Rot-Kreuz-Transport nach Schweden evakuiert worden. Djajeng und Stennie schrieben Briefe, bis Stennie im September 1945 nach Hause kam und die beiden einander wieder in die Arme schließen konnten.
Djajeng und Stennie heirateten im Februar 1946. Djajeng wurde Chefredakteur beim Wochenblatt des Vereins Perhimpunan Indonesia und setzte sich damit gleich wieder für die Unabhängigkeit Indonesiens ein. Die kam im Dezember 1949. Doch sollte es noch lange dauern, bis er seine Heimat wiedersehen würde. Als er 1965 ein Flugticket gekauft hatte, verhinderte der Staatsstreich von Soeharto seine Reise. Im Zuge des Staatsstreichs wurden viele Kommunisten ermordet und dieses Schicksal hätte auch Djajeng treffen können, wäre er zurückgekehrt. Sein Land war zwar unabhängig, aber Freiheit gab es nicht.
Das niederländische Gedächtnisblatt und eine deutsche Zusammenfassung der Biographie von Raden Mas Djajeng Pratomo findet sich hier.
(19.2.2018; Text: Jos Sinnema)
15. Februar 2018
Radibor: Gemeindemitglieder interessieren sich sehr für Ausstellung
Noch bis zum 8. April 2018 laufen die Ausstellungen „Namen statt Nummern“ und „Geistliche im KZ Dachau“ in der Pfarrgemeinde Maria Rosenkranzkönigin in Radibor.
Anlässlich des 75. Todestages des Seligen Alojs Andritzki zeigt die Pfarrgemeinde Radibor die Ausstellungen. Dem Bistumsseligen Alojs Andritzky gilt ein eigenes Ausstellungsbanner. Nach der feierlichen Messe mit Bischof Heinrich Timmerevers zu seinem Todestag betrachteten viele Gottesdienstbesucher die Ausstellungen.
Bis zum 8. April 2018 ist nun Gelegenheit, sich mit den historischen Hintergründen und ausgewählten Biographien einiger Häftlinge des KZ Dachau auseinanderzusetzen.
Das Gedächtnisblatt zu Alojs Andritzki findet sich auf dieser Website im Verzeichnis der Gedächtnisblätter: Alojs Andritzki
Ochtrup: Stolperstein und Erinnerungstafel für Anna und Hermann Scheipers
Die Stadt Ochtrup erinnert nun mit einem Stolperstein und einer Erinnerungstafel an Anna und Hermann Scheipers. Für Hermann Scheipers verfassten Wilma Geurts und Martin Geurts 2010 ein Gedächtnisblatt.
Benno Hörst, dem sehr an der Erinnerung an die Geschwister Scheipers gelegen ist, machte uns auf die Anbringung der Tafel und die Verlegung des Stolpersteins in Ochtrup aufmerksam. Vielen Dank!
BLLV erinnert an ermordete und verfolgte jüdische Lehrer
Bei einer Gedenkfeier gedachte der BLLV im NS-Dokumentationszentrum in München der ermordeten und verfolgten jüdischen Lehrerinnen und Lehrer in Bayern.
Hunderte von Lehrerinnen und Lehren jüdischen Glaubens oder mit jüdischen Vorfahren sind in Bayern während der NS-Zeit verfolgt worden. Während der Gedenkfeier wurden die Namen und Schicksale von 160 ermordeten Lehrern verlesen, deren Schicksale im Projekt „Erinnern“ erforscht werden.
Auf der Veranstaltung sprachen:
Winfried Nerdinger, Gründungsdirektor des NS-Dokumentationszentrums,
Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV,
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland,
Georg Eisenreich, Bayerischer Staatssekretär für Bildung und Kultus.
Ein Film von Julian Monatzeder zeigte die Erinnerungsarbeit an bayerischen Schulen. Der Schauspieler Thomas Meinhardt las aus 5 von Schülern erarbeiteten Gedächtnisblättern über die Lehrer Hans Neumeyer, Ferdinand Kissinger, Rudolf Kaufmann, Kurt Schroeter und Arnold Seliger. Schüler und Schülerinnen des Luisengymnasiums München trugen die Namen von 160 ermordeten Lehrern und Lehrerinnen jüdischer Herkunft vor.
Die musikalische Umrahmung erfolgte ebenfalls durch Schüler und Schülerinnen des Luisengymnasiums München. Sie spielten Kompositionen von Hans Neumeyer.
Weitere Informationen zur Veranstaltung finden sich in einem Pressebericht auf der Website des BLLV:
Vorangegangen war der Gedenkfeier eine Lehrerfortbildung, die Erinnerungsprojekte vorstellte. Eigens für diesen Anlass gestalteten Stände zeigten Ausstellungsbanner, Fototafeln, Plakatwände und viel Anschauungsmaterial aus der Projektarbeit.
Unter anderem stellten Lehrerinnen und Schülerinnen folgende Projekte vor:
Peerguiding-Projekte des Gymnasium Eckental und des Melanchthon-Gymnasiums in Nürnberg,
W-Seminare des Gedächtnisbuchs und des Projekts Erinnern am Gymnasium Grafing und am Eichendorff-Gymnasium Bamberg: Erforschung der Biographien von jüdischen Lehrer, jüdischen Schülern und KZ-Häftlingen,
Berufsfachschule für Kinderpflege München: Biographiearbeit mit der Wanderausstellung des Gedächtnisbuch-Projekts Namen statt Nummern,
Vinzenz von Paul Realschule Indersdorf: Zeitzeugenprojekt zum UNRRA Kinderheim.
(Fotos: Jan Roeder-Fotograf, Krailling; Text: Irene Stuiber)
1. Februar 2018
Simone Fleischmann, BLLV: Wissen allein reicht nicht
BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann betonte bei der Ausstellungseröffnung der Ausstellung „Namen statt Nummern“ am 31. Januar 2018 in Markt Schwaben: Wissen allein über den Lauf der Geschichte reiche nicht. „Wir müssen Brücken bauen zwischen historischer Kenntnis und Bewusstsein und dem Verstehen der aktuellen gesellschaftlichen Ereignisse.“
Simone Fleischmann, BLLV, spricht im Franz-Marc-Gymnasium
Dies sei notwendig, um Polarisierung und Ausgrenzung in unseren demokratischen Gesellschaften zu verhindern. Ihr Vorschlag: Am Tag der Opfer des Nationalsozialismus könnte zum Beispiel jede Schule an einen verfolgten jüdischen Lehrer oder Schüler besonders gedenken.
Der BLLV habe sich entschieden, sich der Erinnerung an Lehrerinnen und Lehrer jüdischen Glaubens und jüdischer Herkunft gezielt zu widmen. Diese Entscheidung sei aus der Reflexion der eigenen Geschichte gefallen. Auch die auf dieser Veranstaltung vorgestellten Biographien seien in einem vom BLLV unterstützen W-Seminar entstanden.
Simone Fleischmann führte aus: „Die Arbeit der Schülerinnen und Schüler an diesen Biographien verändert ihr Leben. Sie werden sich bewusst, dass diese Menschen, die emigrieren mussten oder deportiert und ermordet wurden, ganz normale Menschen waren mit ihren Interessen, Freuden und Problemen.“ Die Referentin bedankte sich bei Projektleiterin Sabine Gerhardus, „die mit einer unglaublichen Nachhaltigkeit und Kompetenz die Schülerinnen und Schüler bei der Recherchearbeit begleitet.“
Künftigen Generationen zur Orientierung
Schulleiter Peter Popp betonte ebenfalls die Bedeutung von Gedenken, das wichtig für die Zukunft sei. Die daraus zu ziehenden Lehren könnten auch künftigen Generationen zur Orientierung dienen. „Wir wollen uns immer bewusst machen, dass die Würde des Menschen unantastbar ist.“
Auch Max Schmidt vom Wertebündnis Bayern bekräftigte, Demokratie brauche Werte. „Wir sind Deutsche und als solche müssen wir uns der Verantwortung stellen.“
Szenische Lesung aus Biographien jüdischer Lehrerinnen und Lehrer
Zehn Schülerinnen und Schüler trugen in einer szenischen Lesung die Lebensgeschichten von vier verfolgten Lehrerinnen und Lehrern vor, denen ihre jüdische Abstammung zum Verhängnis wurde: Elisabeth Ehrlich, Ernst Ehrentreu, Siegmund Rindskopf und Heinemann Edelstein.
Diese Biographien waren von Schülerinnen und Schülern des Franz-Marc-Gymnasiums in einem W-Seminar des Gedächtnisbuchs/des Projekts Erinnern in den Jahren 2011-2013 erarbeitet worden. Die Texte dieser Biographien sind noch bis mindestens 15. Februar in der Ausstellung des Franz-Marc-Gymnasiums nachzulesen.
Fotos von der Ausstellungseröffnung
(1.2.2018; Text und Fotos: Irene Stuiber)
23. Januar 2018
Ausstellungseröffnung in Markt Schwaben
Die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann spricht bei der Ausstellungseröffnung am 31. Januar 2018 im Franz-Marc-Gymnasium Markt Schwaben. Dort ist die Wanderausstellung des Gedächtnisbuchs „Namen statt Nummern“ bis mindestens Mitte Februar zu sehen.
Detail der Einladungskarte
Anlässlich des Holocaust-Gedenktags zeigt das Franz-Marc-Gymnasium in Markt Schwaben die Wanderausstellung „Namen statt Nummern“. Für die Eröffnung am 31. Januar 2018 um 19.30 Uhr sind Reden von Max Schmidt, Wertebündnis Bayern, und von Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV, vorgesehen. Es folgt eine szenische Lesung von Texten verfolgter jüdischer Lehrerinnen und Lehrer.
Genauere Informationen finden Sie in unserem Veranstaltungskalender rechts auf der Seite.
(23.1.2018; Text: Irene Stuiber)
14. Januar 2018
Dachauer Forum weiht neue Räume ein
An der Wand hängende Banner der Ausstellung des Gedächtnisbuchs zeigten allen Gästen, die zur Einweihung der neuen Räume gekommen waren: Zeitgeschichte ist und bleibt ein wichtiges Thema für das Dachauer Forum.
Das Dachauer Forum präsentierte am 14. Januar 2018 neue, eigene Veranstaltungsräume in Dachau. Forum 4 nennen sich die Räume nach der Hausnummer an der Ludwig-Ganghofer-Sraße. Zur Einweihung betonten der Vorsitzende Anton Jais und Geschäftsführerin Annerose Stanglmayr, dass damit ein langjähriger Wunsch der katholischen Erwachsenenbildungseinrichtung in Erfüllung gegangen ist. Möglich wurde das Projekt durch eine Sonderförderung der Diözese für die Raumausstattung. Architektin Elisabeth Meindl steuerte viele Ideen und ihr Fachwissen bei.
Grußworte sprachen Landrat Stefan Löwl und der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann. Pfarrer Michael Bartmann spendete den geistlichen Segen. Vertreter aller sechs Fachbereiche des Dachauer Forums äußerten sich im Gespräch begeistert über die Möglichkeiten, die das Bildungscafé und die modern ausgestatteten Seminarräume künftig bieten. Wie immer beim Dachauer Forum durfte Kunst nicht fehlen: Christiane Demenat zeigte Lichtobjekte und Gerd-Rüdiger May Porträts. Die musikalische Umrahmung kam von Kathrin Krückl und Konstanze Miller.
Fotos von der Veranstaltung
(14.1.2018; Text und Fotos: Irene Stuiber)
12. Januar 2018
Gedächtnisbuch Niederlande: Anne-Lise Bobeldijk präsentiert ihr Gedächtnisblatt über Josef Cohen in Dokkum
Jos Sinnema, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Gedächtnisbuchs in den Niederlanden, berichtet über die Präsentation des Gedächtnisblatts von Josef Cohen 2017 in Dokkum.
Im Juni 2017 war in der Grote Kerk in Dokkum die Wanderausstellung des Gedächtnisbuchs zu sehen. Am 10. Juni stellte Anne-Lise Bobeldijk hier das Gedächtnisblatt zu Josef Cohen vor. Anne-Lise, eine junge Historikerin die sich seit kurzem für ihre Doktorarbeit mit der Geschichte des Vernichtungslagers Maly Trostinez in Weißrussland beschäftigt, half zuvor bei der Gestaltung der Ausstellung über Dachau im Widerstandsmuseum in Amsterdam. Während dieser Arbeit berührte sie die Lebensgeschichte Josef Cohens so sehr, dass sie sich entschloss, ein Gedächtnisblatt über ihn anzufertigen.
Cohen stammte aus einer nicht-praktizierenden jüdischen Familie, studierte Theologie und wurde in den dreißiger Jahren Pfarrer in Dokkum. Als überzeugter Sozialist und christlicher Pazifist nahm er kein Blatt vor den Mund. Während des Krieges verhafteten ihn die deutschen Besatzer bereits im Juli 1941 wegen „deutschfeindlicher Äußerungen“ in seinen Predigten. Er hatte genau in dieser Kirche gepredigt, in der Anne-Lise 76 Jahre später sein Gedächtnisblatt präsentierte. Nach seiner Verhaftung wurde Cohen nach Dachau verschleppt, wo er als ‚Jude‘ gekennzeichnet wurde. Sieben Monate nach seiner Ankunft wurde er nach Schloss Hartheim verschleppt und dort ermordet, so schreibt Anne-Lise im Gedächtnisblatt.
Bei der Präsentation in der Grote Kerk waren ungefähr 100 Personen anwesend, darunter Cohens Sohn Orpeus und etwa fünfzehn weitere Familienangehörige. In der Kirche standen während der Veranstaltung zwei bronzene Büsten, Skulpturen von Orpheus Cohen. Sie stellen seine Eltern Josef und Tine Cohen dar. Für die von Anne-Lise angefertigte Broschüre über Cohen, deren Grundlage das Gedächtnisblatt war, interessierten sich viele Besucher. Die 200 Broschüren wurden für 1 Euro pro Stück zugunsten der Kirche verkauft.
Fotos von der Veranstaltung
(12.1.2017; Text: Jos Sinnema/IS; Fotos: Marc de Jager)