Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die Opfer der Novemberpogrome

Ankündigungstext von Versöhnungskirche und Katholischer Seelsorge

„In den Tagen nach der reichsweiten Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden mehr als 30.000 Männer verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Allein ins KZ Dachau kamen etwa 11.000 antisemitisch Verfolgte. Sie litten unter den brutalen Haftbedingungen, viele wurden ermordet.

Pastoralreferentin Judith Einsiedel und Kirchenrat Dr. Björn Mensing erinnern am 87. Jahrestag der Pogromnacht im Gottesdienst an drei Schicksale: 

Julius Kohn (1886-1943), der ab 1927 als Mieter mit Familienanschluss bei Familie Neumeyer in Dachau, Hindenburgstraße 10, wohnte. Wie diese wurde er bei der antisemitischen Aktion der Dachauer Nationalsozialisten bereits am 8. November 1938 aus der Stadt vertrieben. Vom 11. November bis zum 6. Dezember 1938 war er im KZ Dachau interniert. Im Anschluss lebte er in unterschiedlichen Notquartieren in München. Im März 1943 fuhr sein Deportationszug ins KZ Auschwitz, wo die SS ihn nach der Ankunft ermordete. Vor 20 Jahren wurden in Anwesenheit von Ruth Neumeyer-Locke „Stolpersteine“ in Dachau für ihren Nennonkel Julius Kohn und ihre ebenfalls ermordeten Eltern Vera und Hans Neumeyer verlegt.

Abraham Müller (1883-1938), der ab 1914 als Religionslehrer und Kantor an der Münchner Hauptsynagoge wirkte. Unter seinen Schülern befand sich Fritz Rosenthal, später unter seinem neuen Namen Schalom Ben-Chorin ein bekannter deutsch-israelischer Religionswissenschaftler. Sein Lehrer wurde am 10. November 1938 ins KZ Dachau verschleppt, wo er am 8. Dezember 1938 starb. Vor vier Jahren wurde eine Biographie von Abraham Müller für das „Gedächtnisbuch für die Häftlinge des KZ Dachau“ präsentriert, verfasst von der Abiturientin Lisa Mainz.

Erwin Schild (1920-2024), der als Student der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt Würzburg im Rahmen der Novemberpogrome ins KZ Dachau verschleppt wurde. Am 13. Dezember 1938 kam er frei mit der Auflage, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen. Schließlich kam er nach Kanada, wo er seine Ausbildung zum Rabbiner abschließen und mehr als 40 Jahre an einer Gemeinde in Toronto wirken konnte. 2014 sprach er als Ehrengast bei der Gedenkfeier für die Opfer der Pogromnacht im Dachauer Rathaus.  

Im Anschluss gehen wir zur benachbarten Jüdischen Gedenkstätte – Männer mit Kopfbedeckung, Kippa kann entliehen werden. Dort spricht Prof. Dr. C. Bernd Sucher als Vorsitzender der Liberalen jüdischen Gemeinde München Beth Shalom ein Grußwort. Es ist zugleich in diesem Amt sein erster Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau. C. Bernd Sucher kam 1949 als Sohn der Shoah-Überlebenden Margot Sucher, geb. Artmann (1925-2005), zur Welt. Mit 17 Jahren war sie als Jugendliche aus Leipzig ins KZ Belzec verschleppt worden und überlebte nur durch die Rettungstat der jungen Polin Janina Szafranek.

An der musikalischen Gestaltung beteiligt sich der DiözesanJugendchor PUERI CANTORES des Erzbistums München und Freising. Pueri Cantores ist ein Verband kirchlicher Kinder- und Jugendchöre, der 1947 nach den Erfahrungen der beiden Weltkriege als Friedensbewegung gegründet wurde und heute in 43 Ländern weltweit aktiv ist.“

Weitere Informationen
https://www.versoehnungskirche-dachau.de/gottesdienste


Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die Opfer der Novemberpogrome
So, 9.11.25, 11 Uhr
Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau, Alte Römerstraße 87, 85221 Dachau