Odelzhausen: Ausstellungseröffnung am 11. Januar

Die Ausstellung „Das Lager und der Landkreis“ ist vom 11. bis zum 18. Januar 2015 im Katholischen Pfarrheim Odelzhausen zu sehen. Die Ausstellung zeigt zehn Biographien aus dem Landkreis Dachau, die im Rahmen der Geschichtswerkstatt im Landkreis Dachau erforscht wurden. Thema der Ausstellung sind Lebensläufe von Häftlingen des KZ Dachau.

Zur Eröffnung am Sonntag, den 11.1.2015, sprechen unter anderem Bürgermeister Markus Trinkl, Schirmherr und Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler und Sabine Gerhardus, Leiterin des Gedächtnisbuchprojekts. Die beiden Abiturientinnen Agnes Heim und Annalena Elsner stellen Biographien vor, die sie für die Ausstellung und das Gedächtnisbuch erarbeitet haben.

Annalena Elsner spricht über den Sittenbacher Pfarrer Paul Lachawietz. Agnes Heim beschäftigt sich mit Wilhelm Hoffmann, der 1937 beim Bau der Autobahn in Wiedenzhausen beschäftigt war. Ausstellungseröffnung: Die Eröffnung und Vorstellung der Ausstellung findet am 11. Januar um 14.30 Uhr im Katholischen Pfarrheim Odelzhausen statt. Anmeldungen bitte an ksenija.pointner@vhs-dachau-land.de.

Ort der Ausstellung:
Katholisches Pfarrheim Odelzhausen, Benefiziumsweg 1.
Öffnungszeiten:
Montag, 12.1.2015, 17-20 Uhr
Donnerstag, 15.1.2015, 17-20 Uhr
Samstag, 17.1.2015, 14-17 Uhr
Sonntag, 18.1.2015, 11-17 Uhr

Jana Schmitt für herausragende Seminararbeit ausgezeichnet

 

20.11.2014 im „Haus der klügsten Köpfe“: Die Präsidentin des Bayerischen Landtags Barbara Stamm  und der Präsident des „Bayerischen Clubs“ zeichnen Jana Schmitt im Lesesaal des Maximilianeums zusammen mit sechs weiteren Abiturientinnen und einem Abiturienten für ihre Seminararbeiten aus.
Alle Arbeiten befassen sich auf hervorragende Weise mit einem Thema der bayerischen Geschichte und Kultur. Barbara Stamm möchte angesichts des zunehmenden Verlusts von Identität durch die Globalisierung Heimatbewusstsein fördern: Dies habe keineswegs mit Rückständigkeit zu tun, betont sie: „Um die Zukunft erfolgreich zu gestalten, muss man seine Wurzeln kennen.“

Jana Schmitt erhält den Preis für Oberfranken. Die Laudatio hält Albert Scharf, Präsident des Bayerischen Clubs, ein Verein zur Förderung der Bayerischen Kultur. Jana Schmitts Arbeit entstand in Kooperation mit dem Gedächtnisbuch Dachau und dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband. Scharf: „Frau Schmitt gelingt ein Gesamtbild in präziser und nüchterner Weise, das das Schicksal dieser verdienten jüdischen Lehrer zeichnet.“ Jana strahlt mit den anderen Preisträgern um die Wette. Doch beim anschließenden Sektempfang erzählt sie: „Am wichtigsten ist mir aber die Anerkennung der Familie von Justin Fränkel. Sie haben sich so über meine Arbeit gefreut, und vor allem darüber, dass sich jemand wirklich für die Geschichte von Justin interessiert!“ Zum Dank hat die Familie Jana schon mehrmals nach New York eingeladen. Erst das Preisgeld ermöglicht ihr jetzt, die Einladung anzunehmen und die Tochter und den Enkel Justin Fränkels persönlich kennenzulernen!

 

Die Gruppe der Preisträger

 

„Sie haben alle hervorragende Seminararbeiten zu Themen mit bayerischem Bezug verfasst“, lobt Ministerialdirigent Walter Gremm. Aus Sicht des Kultusministeriums zeige dies die hervorragende Qualität des Bayerischen Gymnasiums. Gremm wünscht sich, dass die Vereine, die sich „nur mit den Strukturen“ befassten und so viel kritisierten, „mal mit den herausragenden Leistungen auseinandersetzen würden“. Er geht aber nicht darauf ein, dass einer dieser „Vereine“, nämlich der BLLV, die Arbeit einer der Preisträgerinnen durch das Projekt „Jüdische Lehrer in Bayern“ angestoßen und intensiv betreut hat. „Die Preisverleihung in den Räumen des Maximilianeums bedeutet eine besondere Art der Wertschätzung.“, so Gremm.

Der Bayerische Club fördert Auseinandersetzung der jungen Menschen mit der Bayerischen Geschichte und Kultur. Scharf möchte die Preisverleihung als Anstoß verstanden wissen, „dass auch Lehrpläne und Unterricht mit diesen Themen ausgestattet werden.“ Dies sei nicht mehr selbstverständlich, es sei viel Substanz verloren gegangen. „Was uns bewegt, ist die bayerische Geschichte.“, so Scharf. Zum ersten Mal wurden die diesjährigen preisgekrönten Arbeiten sogar in einem Sammelband publiziert.

 

Den musikalischen Rahmen gestaltet die ehemalige Schülerband Animal Lake. Es gibt sogar eine „Welturaufführung“ zu Ehren der frisch aus der Schule Entlassenen: „Und irgendwann fahr ich fort“.

Veröffentlichung:

Abiturientenpreise 2014 des Bayerischen Clubs. Die besten Seminararbeiten im Rahmen des Abiturs an bayerischen Gymnasien, die sich in herausragender Weise mit einem kulturbezogenen bayerischen Thema befassen. Zusammengestellt vom „Bayerischen Club“ in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (nicht im Buchhandel erhältlich)

(Text von Sabine Gerhardus)

Pim Reijntjes liest im Gedächtnisbuch (2011)

 

Pim Reijntjes ist gestorben

Trauer um Pim Reijntjes: Soeben erreichte uns die Nachricht, dass Pim Reijntjes am Morgen des 26. November 2014 nach kurzer Krankheit gestorben ist.

Pim Reijntjes war 2010 der erste ehemalige Häftling, der niederländischen Schülerinnen (Lieke Beemster und Ledmia Baghdadi) ein Interview für das Gedächtnisbuch gegeben hat. Er war so begeistert von ihrer Arbeit, dass er am 22. März 2011 zur jährlichen Veranstaltung in Dachau mitgefahren ist, wo Lieke und Ledmia seine Biographie präsentierten.

Im niederländischen Fernsehen. Foto Hans Vink Quelle: @ Max
Pim Reijntjes wuchs in Amsterdam auf. Er erlebte im Mai 1940 als Soldat den deutschen Luftangriff auf Rotterdam, bei dem die historische Altstadt zerstört wurde und hunderte Menschen ihr Leben verloren. Später schloss er sich dem Widerstand an. 1943 versuchte er zusammen mit seinem Bruder Loek und sechs weiteren Kameraden, mit einem Fischerboot von IJmuiden nach England überzusetzen, um sich dort den niederländischen Streitkräften anzuschließen. Die Gruppe flog auf und wurde verhaftet. Die Brüder kamen in das berüchtigte Gefängnis Oranjehotel in Scheveningen und dann in die Konzentrationslager Vught, Amersfoort, Natzweiler und schließlich nach Dachau, wo sie am 29. April 1945 befreit wurden. Von den acht Verhafteten überlebten nur die beiden Brüder den Terror der Nationalsozialisten. Pim Reijntjes setzte sich für die Erichtung eines nationalen Dachau-Denkmals in Amsterdam ein, das 1996 eröffnet wurde, und er war der erste Vorsitzende der Stiftung National Denkmal Dachau.

Pim, Lieke und Ledmia in Dachau 2011
Pim stand am Anfang des Projekts Gedächtnisbuch in den Niederlanden. Am Vorabend ihrer gemeinsamen Reise nach Dachau im März 2011 waren Pim, Lieke und Ledmia zusammen im niederländischen Fernsehen und haben über das Gedächtnisbuchprojekt erzählt. Pim Reijntes´Unterstützung brachte einen Stein ins Rollen: seitdem gaben auch andere ehemalige Häftlinge in den Niederlanden Schülern ein Interview. Inzwischen ist es schon Tradition geworden, dass jedes Jahr Schüler von Holland aus nach Dachau fahren, um neue Biographien über ehemalige niederländische Häftlinge zu präsentieren. Bis jetzt ist jedes Jahr zumindest einer der Überlebenden mitgefahren.

 

(Text: Sabine Gerhardus und Jos Sinnema)

Schreibklausur auf Niederländisch und Deutsch

Zwei anstrengende, lange Tage liegen hinter uns. Aber es hat sich gelohnt: Der Artikel über das Niederlande-Projekt, der nächstes Jahr zusammen mit allen Biographien über niederländische Häftlinge in einem Buch erscheinen soll, ist fertig. Viele der Schüler und Schülerinnen, die sich an den Recherchen beteiligt haben, werden in diesem Buch zu Wort kommen und von ihren Projekterfahrungen erzählen. Und für uns waren diese beiden Tage eine gute Gelegenheit, sich über die unterschiedlichen Lese- und Schreibgewohnheiten in Deutschland und den Niederlanden auszutauschen.  Wir finden: Es macht Spaß, immer wieder voneinander zu lernen.

 (Text: Jos Sinnema und Sabine Gerhardus)

 

 

Erster Kontakt mit Originaldokumenten im Staatsarchiv

Grafinger Themen: Alpinisten, Lehrer, politische Häftlinge

Mit Alpinisten, Lehrerinnen und Lehrern sowie politischen Häftlingen werden sich die Grafinger Schülerinnen und Schüler schwerpunktmäßig befassen. Die Teilnehmer des W-Seminars haben nun alle anhand von Grunddaten die Person ausgewählt, deren Biographie sie schreiben werden.
Über Elisabeth Mirabeau, die Leiterin der Frauenschule Wolfratshausen arbeitet Melanie.. Elisabeth Mirabeau emigrierte nach New York – Sabine Gerhardus, Projektleiterin Gedächtnisbuch, stellte bei der Vorrecherche verblüfft fest, dass sie als junge Frau und Freiwillige von Aktion Sühnezeichen in New York direkt gegenüber gewohnt hat. Vielleicht helfen alte Kontakte zu Nachbarn weiter.
Weitere Lehrer und Dozenten, um die es im W-Seminar gehen wird, sind Ernst Jacob, Hermann Löb Klugmann, Moses Lewkowitz und Ferdinand Kissinger. Auf Spurensuche machen sich hier Elisabeth, Eva, Lena und Katharina. Diese Biographien werden für das BLLV-Projekt „Jüdische Lehrerinnen und Lehrer in Bayern“ erarbeitet, in vielen Fällen aber auch für das Gedächtnisbuch.
Aus politischen Gründen verfolgt waren Karl Rittmann, Andreas Lenz, August Baumann, Adolf Deye, Rupert Weinberger, Josef Salvermoser und Josef Sebald. Mit ihren Biographien beschäftigen sich Vanessa, Selina, Jonathan, Julia, Alicia, Elijah und Yannick.
Karl Rittmann und Josef Sebald wirkten in der Nachkriegszeit als SPD-Bürgermeister in Freilassing und Rosenheim. Auch noch eine andere Gruppe lässt sich durch eine Besonderheit abgrenzen: Baumann, Deye und Weinberger waren aktive und bekannte Alpinisten, zum Teil sogar Teilnehmer der Kaukasus-Expedition des Münchner Alpenvereins. Sollten hier russische Quellen zu bearbeiten oder russische Archive relevant werden, wird Maya, derzeit Freiwillige der Aktion Sühnezeichen im Gedächtnisbuch-Projekt, zur Hand gehen.

Ludwig Schmidinger im Gespräch mit Erwin Schild (6.11.14, Foto Hedi Bäuml)

Erwin Schild in Dachau: eine Stimme des Friedens

Anlass für diesen Beitrag gab die Gedenkveranstaltung mit Rabbi Erwin Schild zur Reichspogromnacht in Dachau am 6.11.2014 im Rathaus. Eingeladen hatten der Trägerkreis Reichpogromnacht (Evangelische Versöhnungskirche in der KZ Gedenkstätte Dachau, Dachauer Forum e.V., Katholische Seelsorge an der KZ Gedenkstätte Dachau, Kulturamt der Stadt Dachau, KZ Gedenkstätte Dachau, Verein „Zum Beispiel Dachau“). Erwin Schild ist im Gedächtnisbuchprojekt kein Unbekannter: Ein Gedächtnisblatt über sein Leben wurde 2005 erstellt, ein Banner zu seiner Biographie gibt es in der Ausstellung „Geistliche im KZ Dachau“ und in der englischen Version der Internationalen Wanderausstellung „Namen statt Nummern“. Den nachfolgenden Text schrieb Sabine Gerhardus.

Baut Brücken statt Mauern! Mauern trennen, grenzen aus, schotten ab, und sie hindern Flüchtlinge davor, den rettenden Zufluchtsort zu erreichen. Die Erfahrung der Monate dauernden Flucht vor den Nazis, die Angst, an der Grenze wieder zurück geschickt zu werden und den Mördern endgültig ausgeliefert zu sein, hat Erwin Schild tief geprägt. Er war Student der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg, ein paar Monate nur, in denen er eine enge Bindung an die jüdische Kultur erfuhr und sein Glaube an Kraft und Reichtum gewann – bevor im November 1938 ein Inferno über sein Leben hereinbrach. In den Schlafsälen wurden die jungen Studenten von Nazischergen überfallen, sie zerschlugen Fenster, zerstörten die Betten, Koffer, alle Habseligkeiten und ließen die Jungen verängstigt und verloren zurück – am nächsten Morgen fanden sie ihr Seminar besetzt, die Bücher in Flammen und die Stadt in der Hand eines brutalen Mobs. Schließlich wurden sie ins Gefängnis und dann ins KZ Dachau gebracht. Dass Erwin Schild dieses Pogrom überleben würde, schien kaum möglich.

Am 6. November 2014 erzählt Erwin Schild, inzwischen 94 Jahre alt, im Rathaus der Stadt Dachau von seinen Erinnerungen. Er berichtet von den schlimmsten Stunden seines Lebens, als er seinen Vater in Dachau traf, in einem Moment, als dieser von dem Gruppenältesten gestoßen wurde. Aber geprägt ist seine Erzählung von einer ganz anderen Kraft – von der Kraft seines Glaubens an einen Gott der Versöhnung, der keinen Unterschied macht zwischen den Menschen. Jeder Flüchtling hat das Recht Zuflucht zu finden – bei jedem von uns. Statt Mauern sollen wir Brücken bauen. Das sind keine hohlen Worte, es ist ein lebendiger, ein kraftvoller Appell: Wir dürfen nicht die Hoffnung aufgeben, dass die Menschheit doch lernen kann, sich vom Hass abzuwenden, jeder von uns kann dazu beitragen, statt Mauern Brücken bauen und helfen, einen Weg des Zusammenlebens zu finden.

Erwin Schild ist nicht umsonst Rabbiner geworden, ein Lehrender, der sich seit Jahren schon für den jüdisch-christlichen auch den jüdisch-deutschen Dialog einsetzt. Seine Offenheit reicht weit über die christlichen und jüdischen Religionsgemeinschaften hinaus. „Keine Gruppe, keine Religion  hat eine exklusive Verbindung mit dem Herrn der Welt.“ (Aus Erwin Schilds Rede vor evangelischen Christen am Reformationstag 1988 in seiner Heimatstadt Köln: Die Welt durch mein Fenster. Einsichten und Wegweisung eines kanadischen Rabbiners deutscher Herkunft für das Leben in unserer Zeit, Köln 1996.) Auch in der Begegnung in Dachau spürt man seinen Appell, den Menschen in Liebe, Güte zu begegnen, Mitleid, Demut und Opfergeist zu zeigen, den Dialog zu suchen – eben, Brücken zu bauen.

Einen Weg in eine friedliche Welt können wir finden, wenn wir „Verantwortung für unsere Umwelt annehmen, unser Brot mit den Hungrigen teilen, ein verschmachtendes Kind als eine unerträgliche Blasphemie unseres göttlichen Ebenbildes empfinden.“ (Die Welt durch mein Fenster, Köln 1996) Erwin Schilds Appell an die Menschlichkeit hat bis heute – leider – nichts von seiner Dringlichkeit verloren. In einer Zeit, in der wir von Nachrichten über Terror, Hass und Rassismus überflutet werden, könnte man verzweifeln angesichts dessen, was Menschen einander antun.  Es tut gut, zu sehen, welche innere Ruhe und versöhnliche Kraft Erwin Schild ausstrahlt. Mit seiner Aufmerksamkeit und seinem großen Herzen verzaubert er die Zuhörer in Dachau. Möge er die Menschen noch lange erreichen und sie mit seiner Güte anstecken. Eine Stimme des Friedens, leise, aber kraftvoll genug um Hoffnung und Mut zum Handeln zu machen. Stimmen wie Deine brauchen wir sehr, lieber Erwin – ich danke Dir!

Erwin und Laura Schild in Ottawa 2012

Auf den Spuren Nico Rosts

Ende Oktober war Karen Tessel, Kuratorin des Amsterdamer Widerstandsmuseums, in Dachau. Sie berichtet:
 
21. Oktober 2014
 

Wir essen im Hotel Fischer zu Mittag: Jos Sinnema, Sabine Gerhardus, Andreas Kreutzkam und ich. Jos und ich sind drei Tage in der Gedenkstätte für Recherchearbeit.  Zusammen arbeiten wir am Projekt Geen nummers maar namen – Namen statt Nummern. Jos begleitet Schüler, die für ihre Facharbeit und im Rahmen des Projektes Gedächtnisbuch Biographien über Holländer schreiben, die im KZ Dachau waren. Diese Biographien sind die Grundlage für eine Ausstellung im Amsterdamer Widerstandsmuseum, die Ende April 2015 eröffnet wird. In dieser Ausstellung möchte ich persönliche Objekte, Fotos und Dokumente von holländischen politischen Häftlingen zeigen und ihre Lebensgeschichte erzählen.

Sabine und Andreas vertreten das Projekt Gedächtnisbuch. Es ist schön, sie kennenzulernen. Auch die Mitarbeiter der Gedenkstätte  treffe ich zum ersten Mal und das Treffen ist auch gut und angenehm.

Sabine zeigt uns eine Kopie. Es ist die Titelseite eines Buches Duineser Elegien von Rainer Maria Rilke. Es steht ein Stempel drauf: ‘Lager Bücherei’. Beim Antiquar Cornelius Wittmann in der Altstadt hat Sabine dieses Buch in den Händen gehabt. Ist es wirklich ein Buch, das in der Häftlingsbibliothek im KZ Dachau gewesen ist? Das wäre etwas Besonderes. Ich erwäge, in der Ausstellung an Nico Rost zu erinnern. In seinem Buch Goethe in Dachau hat Rost eindrucksvoll über seine Erfahrung im Lager geschrieben. Er schrieb auch über die Lagerbibliothek, und erzählt, wie Freundschaft und Literatur ihm Unterstützung und Trost boten. Ein Buch aus der Lagerbibliothek könnte seine Geschichte in der Ausstellung sehr schön unterstützen.

Später am Tag überprüfen wir, ob Rost auch etwas über Rilke geschrieben hat. Das hat er tatsächlich! Auf Seite 241 lesen wir:

„25. Februar 1945

 Rheinhardt ist heute Nacht gestorben.  […]
Als ich soeben das Bändchen Rilke zur Hand nahm, das ich mir vor einigen Monaten von Rheinhardt geborgt habe, stieß ich auf eine Zeile, die er mit Bleistift unterstrichen hat:  ‚Wirsterben alle unseren eigenen Tod!‘
Ob er bei diesen Worten geahnt hat, dass er hier sterben würde? “

Zwei Tage später notierte Nico Rost:

 „27. Februar 1945
Um nicht dauernd nur an die Toten und die Sterbenden denken zu müssen und um meine Gedanken zu etwas anderem zu zwingen, habe ich einige Gedichte von Rilke aus seinen Duineser Elegien und die Sonette an Orpheus gelesen.“

(Aus: Nico Rost: Goethe in Dachau. Ein Tagebuch, Übersetzung aus dem Niederländischen,  München 2001.)

 Rost hat also nicht nur über Rilke geschrieben, sondern tatsächlich genau über dieses Buch, die Duineser Elegien! Ob das Buch, das Antiquar Cornelius Wittmann im Besitz hat, vielleicht sogar dasselbe Exemplar
ist? Also das mit den von Rheinhardt mit Bleistift unterstrichenen Sätzen? Das wäre großartig für die Ausstellung!
 
22. Oktober 2014
Albert Knoll, Archivar in der Gedenkstätte schaut sich die Kopie der Titelseite an und bestätigt, dass
es sich um ein Buch aus der Lagerbücherei handelt.

Am Nachmittag gehen wir erwartungsvoll zu Wittmann. Er holt einige Bücher hervor, alle aus der Lagerbücherei.  Ein braunes, in Leder

gebundenes Exemplar trägt den Titel Duineser
Elegien
. Jos schlägt das Buch auf. Da ist der Stempel. Fieberhaft blättert er hindurch, auf der Suche nach den Bleistiftstreifen von Rheinhardt. Aber leider… wir finden diese nicht.
Wir verabschieden uns mit vielen Fragen im Kopf. Woher hatte Rheinhardt sein Buch? Wie hat er es bei
sich halten können? Hat Rost es nach der Befreiung vielleicht mit nach Hause genommen? Und wo könnte es sich dann jetzt befinden? Vielleicht in der Universitätsbibliothek in Leiden, wo Rosts Literatur-Nachlass aufbewahrt wird. Da muss ich schnell hin, sobald ich wieder zuhause bin!

 

Grafing: Wer schreibt was?

Elisabeth, Teilnehmerin des W-Seminars in Grafing, war so nett, einen Bericht über die letzte Seminarsitzung zu schreiben. Vielen Dank!
 16.10.14:

12 Schülerinnen und Schüler stehen grübelnd vor einer grauen Pinnwand. Was wohl die Ursache der  Denkerstirnen ist?

Aber von vorne:

Da Frau Gerhardus uns beim letzten Treffen des W-Seminars ja bereits Listen mit Namen und einigen Stichpunkten zu den Personen hinter den Namen ausgeteilt hatte, sollte heute endgültig verteilt werden, wer zu welcher Person eine Biographie übernimmt. Es waren beim letzten Mal auch schon einige Präferenzen entstanden, vor allem weil  bei der Zusammenstellung der Liste sehr auf die Wünsche, die wir vor den Sommerferien zusammengetragen hatten, eingegangen worden war.

Nach der kurzen Vorstellung vier weiterer Personen und einer letzten Besprechung aller Vorschläge wurde es ernst: Wer befasst sich in den kommenden 1 ½ Jahren mit wem?

Mithilfe von Plakaten verschafften wir uns einen Überblick, welche(r) Schüler(in) denn welche Lebensgeschichte gerne näher beleuchten würde.

Und hier begann die Herausforderung: Während die einen ihre gewünschte Person konkurrenzlos und glücklich übernehmen konnten, hatten die anderen Schwierigkeiten, sich zu einigen. Besonders drei Alpinisten standen hoch im
Kurs. So endete unser Treffen in der oben geschilderten Situation – eine endgültige Lösung, die auch für alle fair sein soll, steht noch nicht fest.
Es bleibt also weiterhin spannend!
(Fotos: Sabine Gerhardus)

Gedächtnisbuch-Ausstellungen am Petersberg

 

Im Oktober sind die Ausstellungen „Namen statt Nummern“, „Geistliche im KZ Dachau“ und „Das Lager und der Landkreis Dachau“ in der Katholischen Landvolkshochschule Petersberg zu sehen. Zur Ausstellungseröffnung am 1. Oktober sprachen Projektleiterin Sabine Gerhardus und Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler. Die Tafeln der Ausstellung hängen verteilt in den Tagungshäusern der Volkshochschule.

(Fotos MB/KS)