W-Seminar Grafing: Gestaltungsworkshop mit Bruno Schachtner

29.7.2015 im Max Mannheimer Studienzentrum in Dachau. Kurz vor den Sommerferien trafen sich hier die Schüler des W-Seminars Grafing und ihrer Lehrerin Petra Köpf mit dem Dachauer Künstler und Grafiker Bruno Schachtner. Ein Schuljahr voller Arbeit, Theorie und Suche in Archiven liegt hinter ihnen.

Gestaltungsmaterial auf dem Tisch
Gestaltungsmaterial auf dem Tisch

Noch bevor die Texte für die Gedächtnisblätter fertig geschrieben werden, dürfen die Schüler sich mit ihrer Biographie von einer ganz anderen Seite her befassen: Wie soll mein Gedächtnisblatt aussehen? Wie gestalte ich die Lebensgeschichte so, dass sie Interesse weckt, Leser anzieht?

Profi-Tipps des Grafikers wurden gleich in Skizzen, Entwürfe, Zeichnungen umgesetzt. Alle wollen nun aufpassen, dass das  Verhältnis von Text und Bild stimmt, dass man das Gedächtnisblatt „nicht zu voll macht“, nicht zu viel auf eine Seite packt und Acht geben, dass es den Leser interessiert.

Bruno Schachtner erklärt, wie man Seiten aufteilt
Bruno Schachtner erklärt, wie man Seiten aufteilt

Eine der wichtigsten Erkenntnisse für Melanie war, dass es von der Gestaltung her etwas Durchgehendes geben kann, das alle vier Gedächtnisbuch-Seiten miteinander verbindet. Alicia fand die Einteilung des Textes in Spalten wichtig und hat schon eine Idee für die zeichnerische Gestaltung der Frontseite. Lena ist klar geworden, dass ein Thema ihrer Biographie (Auswanderung) nicht nur einer unter vielen Punkten ist, sondern dass es ein Schwerpunkt im Gedächtnisblatt werden soll. Sie hat dazu jetzt auch eine ganz konkrete kreative Idee entwickelt. Jonathan meint, wenn man bastelt, was in der Hand hält, dann weiß man plötzlich besser, worauf es ankommt – selbst wenn man eigentlich im Computer gestalten will – „da sieht man ganz anders drauf“. Eva drückt aus, was auch die anderen denken: „Endlich hat man hat ein Bild vor Augen, wie man das Gedächtnisblatt gestalten will!“ Dankeschön an Bruno Schachtner!
Und noch ein herzliches Danke geht an den BLLV, der das Mittagessen bezahlte!

Text und Bilder: Sabine Gerhardus

Besuch im Amsterdamer „Vezertsmuseum“

Hedy Esters und Thomas Schlichenmayer waren im Amsterdamer Widerstandsmuseum. Sie berichten:

Wir haben auf Empfehlung von Sabine Gerhardus und Klaus Schultz am 20.7.2015 das „Verzetsmuseum“ (Widerstandsmuseum) in Amsterdam besucht. Das Museum befasst sich u.a. mit dem niederländischen Widerstand gegen die Besetzung durch Nazi-Deutschland von 1940 bis 1945. In Videosequenzen, Schautafeln, Fotos und Hörstationen wird das Thema ausgesprochen anschaulich und spannend behandelt.

Ausstellungseröffnung 22.4.2015
Ausstellungseröffnung 22.4.2015

Besonders angetan hat uns die ständige Ausstellung im sogenannten Junior-Museum. Hier wird am Beispiel von vier niederländischen Kindern mit unterschiedlichem sozialen und gesellschaftlichen Hintergrund quasi spielerisch deren Alltag in der Zeit der Judenverfolgung, des Widerstands aber auch der Anpassung dargestellt. Die jugendlichen Besucher werden in einer wunderbar liebevoll gestalteten häusliche Umgebung durch diese Zeit geführt. Es gibt im Museum keine Altersbeschränkung für jugendliche Besucher.

Vom 23.4.2015 bis 25.10.2015 ist im Verzetsmuseum die Wechselausstellung „Namen statt Nummern“ zu sehen. Zwischen 1941 und 1945 saßen über 2000 Niederländer, hauptsächlich politische Gefangene, im KZ-Dachau ein. Ihr Name spielte mit der Ankunft im KZ keine Rolle mehr. Sie waren nur noch Nummern. In der Ausstellung stehen aber die Personen hinter den Nummern im Mittelpunkt. Jugendliche haben Biographien für das Gedächtnisbuch für die ehemaligen Häftlinge geschrieben.

In der Ausstellung entsteht ein interaktives Monument für ehemalige Gefangene aus den Niederlanden. Es soll dem Besucher Antworten auf folgende Fragen geben: Wie viele niederländische Gefangene haben Dachau überlebt? Wie viele niederländische Frauen wurden dort gefangen gehalten? Besucher können digital Informationen hinzufügen, sodass ein immer kompletteres Bild entsteht.

Wir hatten das Glück durch Gerard Mensink, einem der Mitgestalter des Museums, eine äußerst kompetente Führung durch das Museum zu bekommen. Nachdem er uns 2 Stunden quasi im Schnelldurchgang durch die Ausstellungen geführt hat, sind wir noch weitere 3 Stunden im Museum geblieben.

Wir können jedem, der nach Amsterdam kommt, empfehlen, das „Verzetsmuseum“ zu besuchen. Oder umgekehrt: Der Besuch dieser sehr schönen Stadt lohnt sich schon alleine wegen des wundervollen Museums.

Text: Hedy Esters und Thomas Schlichenmayer
Foto: Kuratorin Karen Tessel und König Willem-Alexander bei der Vitrine mit Gegenständen des ehemaligen Häftlings Pim Boellaard, bei der Ausstellungseröffnung am 22. April.

„Eine bessere Vorstellung von Ferdinand Kissingers Leben“ – Spurensuche in München

Katharina Steinegger war mit dem Regisseur Julian Monatzeder im Münchner Stadtteil Lehel auf Spurensuche für ihr Gedächtnisblatt zu Ferdinand Kissinger. Hier ihre Eindrücke:

Am Sonntag, den 19.7.2015 machte ich gemeinsam mit dem Filmteam des BLLV auf den Spuren Ferdinand Kissingers eine Tour durch München, um Filmaufnahmen für den BLLV zu machen. Dabei besuchten wir Orte, die während Ferdinands Leben in München wichtig für ihn waren, also Wohnorte und auch den ehemaligen Standort der Jüdischen Volksschule, an der Kissinger unterrichtet hatte.

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Viele der Wohnhäuser von damals existieren noch und stehen unter Denkmalschutz. Mir persönlich hat diese Tour sehr geholfen, eine bessere Vorstellung von Ferdinand Kissingers Leben in München zu bekommen und ihn noch besser kennenzulernen.

(Text: Katharina Steinegger, Foto: Julian Monatzeder)

Auf den Spuren von Ferdinand Kissinger

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Julian Monatzeder, Regisseur und Kameramann, begleitet zurzeit Katharina Steinegger bei ihrer Recherche für ein Gedächtnisblatt zu Ferdinand Kissinger. Dabei entsteht auch ein Dokumentarfilm im Auftrag des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). Unlängst waren beide in München auf Spurensuche. Hier die Eindrücke von Julian Monatzeder:

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Am letzten Sonntag wollten wir uns einmal genauer ansehen, wo Ferdinand Kissinger lebte und unterrichtete. Mit der Kamera waren wir deshalb in München unterwegs. Kissinger zog oft um, wohnte allerdings abgesehen von seiner ersten Wohnung in Schwabing stets im Lehel. Überraschenderweise sind fast alle originalen Altbauten erhalten geblieben. Eine Ausnahme bildet nur die Schule, in der er unterrichtete – sie wurde von den Nationalsozialisten zerstört, sowie der letzte Wohnort Kissingers, ein Haus in der Bürkleinstraße, das nach dem Krieg durch einen Neubau ersetzt wurde. Als wir vor den Häusern standen, in denen der jüdische Lehrer einmal gelebt hatte, wurde die Geschichte plötzlich zum Greifen nah.

Durch ihre gründlichen Recherchen wusste Katharina zu jedem einzelnen dieser Wohnorte etwas zu erzählen. Eine Wohnung wird wohl auf tragische Weise von diesem Tag besonders in Erinnerung bleiben. Kissinger lebte in den späten Zwanzigern und frühen Dreißigern in einem schönen neoklassizistischen Bau gegenüber der Lukaskirche in der Thierschstraße. Die Lage ist insofern bemerkenswert, da Adolf Hitler in dieser Zeit in derselben Straße nur wenige hundert Meter entfernt wohnte. Es ist schon eine tragische Ironie des Schicksals, dass Hitler zu dieser Zeit noch zur Untermiete in einem winzigen Zimmer lebte, während er wenig später die Enteignung und Deportation von Millionen Juden und damit auch Ferdinand Kissingers zu verantworten hatte.

(Text und Bilder: Julian Monatzeder)

Erstes Treffen mit neuem W-Seminar am Camerloher-Gymnasium

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Am Dienstag, dem 21.7.2015,  traf ich zum ersten Mal die Teilnehmer des künftigen W-Seminars am Camerloher-Gymnasium in Freising. Ab September werden sie Biographien von Personen aus Freising und Umgebung erforschen, die Häftlinge des KZ Dachau waren. Trotz Hitzefrei blieben 11 Schülerinnen und ein Schüler, als die anderen schon nach Hause gehen durften. So konnten wir uns schon mal einen ersten Eindruck voneinander machen: Die Schüler lernten mich als ihre Projektpartnerin beim Gedächtnisbuch kennen und bekamen erste Informationen vom Ablauf des Seminars. Dann erzählten sie mir, weshalb sie dieses Seminar gewählt haben, was sie sich erwarten und erhoffen, zum Beispiel: Angehörige eines ehemaligen Häftlings zu finden, um mit ihnen sprechen zu können, mehr über eine Person herauszufinden, die nahe am eigenen Wohnort gelebt hat oder zu erfahren, was die ehemaligen Häftlinge nach ihrer Befreiung gemacht haben. Manche machten sich auch Sorgen: Vor allem, ob sie genügend Material für eine Biographie finden werden, aber auch, ob sie genügend Zeit und Durchhaltevermögen aufbringen werden …
Die meisten freuen sich auf das Seminar: „Es ist sicherlich ein tolles Gefühl, Dinge herauszufinden, die bisher unbekannt waren.“ So viel Neugier und Forschergeist sind die besten Voraussetzungen! Wir wünschen Euch ein schönes Seminar und bei Eurer Arbeit viel Freude und Erfolg!

(Text: Sabine Gerhardus)

Wir trauern um Dingenis Sinke

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Am Dienstag, den 14. Juli, ist im Alter von 89 Jahren Dingenis (Dies) Engel Sinke gestorben. Dingenis wohnte in Yerseke, an der Nordseeküste im Süden der Niederlande. Er war erst 17 als ihn der SD 1942 wegen Waffenschmuggel für den Widerstand verhaftete. Dingenis kam über das KZ Vught und das KZ Natzweiler nach Dachau, wo er am 30. April 1945 im Außenlager Allach von den Amerikanern befreit wurde.

Mit seinen zwei Töchtern sprach er bis seinem Tod nicht über seine Vergangenheit im KZ. Bis vor kurzem wusste seine Tochter Marianne lediglich, dass ihr Vater in den KZs Vught und Dachau war. Was er dort miterleben musste und dass er auch im KZ Natzweiler war, wusste sie nicht. Dass er darüber schwieg, erklärte Dingenis mit den Worten: „Rückschauen hat keinen  Zweck. Es ist vorbei. Manche, die diese Vergangenheit immer wieder aufrühren, haben immer noch Schwierigkeiten damit. Doch es ist für mich auch nicht einfach. Noch immer nicht. Aber was bringt es, wenn ich meine Kinder damit belaste? Was könnte es denen bringen?“

Dass Dingenis den Schülern Valerie van Reeuwijk und Thijs de Dood September 2014 für das Gedächtnisbuch ein Interview gestattete, war ein Durchbruch. Das Interview dauerte zweieinhalb Stunden. Valerie: „Er erzählte uns, dass er  im hohem Alter seine Lebensgeschichte einmal erzählen möchte, um damit  abzuschließen. Das hat unser Gespräch mit ihm umso mehr zu einer sehr eindrucksvollen Erfahrung gemacht.“

Die beiden Schüler stellten sein Gedächtnisblatt am 22. März dieses Jahres in Dachau vor. Dingenis gestattete zudem, dass seine Biographie in das Buch Geen nummers maar Namen aufgenommen wurde.  Dieses Buch wurde im April dieses Jahres veröffentlicht und enthält alle 19 Biographien von niederländischen ehemaligen Häftlingen des KZ Dachau, die bis heute im Rahmen des Gedächtnisbuchprojektes geschrieben worden sind.

(22.7.2015; Text: Jos Sinnema)

Trägerkreistreffen: Filmprojekt, Website und Ausstellungsplanung

 

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Am 15.7.2015 traf sich der Trägerkreis des Gedächtnisbuchs. Auf der Tagesordnung stand ein Bericht von Sabine Gerhardus über das Filmprojekt des Kooperationspartners BLLV. Filmemacher Julian Monatzeder begleitet derzeit eine Schülerin bei ihrer Arbeit an einem Gedächtnisblatt.

Sabine Gerhardus berichtete auch über die Landesdelegiertenversammlung des BLLV. Dort wurde Simone Fleischmann zur neuen Präsidentin des Verbands gewählt.

Weitere Punkte auf der Tagesordnung waren unter anderem die  Vorbereitungen für die neue Website des Gedächtnisbuchs und das Vorhaben, die Internationale Wanderausstellung im Umfeld des Katholikentags in Leipzig zu zeigen.

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Johanna Mollard aus Clermont-en-Argonne schreibt über ihren Urgroßvater

Die junge Französin Johanna Mollard  (21), zurzeit Praktikantin am Josef-Effner-Gymnasium Dachau und beim Bezirksheimatpfleger von Oberbayern Norbert Göttler, schreibt ein Gedächtnisblatt über ihren Urgroßvater Marceau Mollard. Er wurde 1944 ins KZ Dachau verschleppt und starb kurze Zeit später im KZ Mauthausen.
Johanna Mollard befindet sich seit 6. Juli auf Einladung von Lydia Thiel, Lehrerin in Petershausen, im Praktikum bei Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler und am Josef-Effner-Gymnasium. Lydia Thiel ist seit Jahren für die Organisation der Partnerschaft zwischen Petershausen und Varennes aktiv und engagiert sich zudem als Ortschronistin. Am Donnerstag, den 16.7.2015, wurde die französische Praktikantin Johanna Mollard von Landrat Stefan Löwl in Dachau offiziell begrüßt.

Seit 7 Jahren ist Johanna Mollard beim Jugendaustausch der Partnergemeinden Petershausen und Varennes-en Argonne aktiv. Mit 14 Jahren war sie zum ersten Mal dabei. Sie hat inzwischen ausgezeichnet Deutsch gelernt und pflegt gute Freundschaften mit der Petershausener Jugend. Für die junge Frau, die selbst aus dem Nachbarort von Varennes, Clermont-en-Argonne, stammt, hat die Gemeindepartnerschaft und der Jugendaustausch eine ganz besondere Bedeutung: Am 29.7.1944 war es im Ortszentrum von Clermont zu einem Kampf zwischen einer Gruppe von Widerstandskämpfern und den deutschen Besatzern gekommen, in dessen Verlauf auch einige Deutsche verletzt wurden und einer starb. Am nächsten Tag übten die Deutschen grausame Rache. Sie verschleppten 100 Männer aus dem 800 Seelen zählenden Ort in Gefängnisse und Konzentrationslager. Johannas Urgroßvater, Marceau Mollard, war einer von 30 Männern, die ins KZ Dachau gebracht wurden. Bald darauf starb er im Konzentrationslager Mauthausen.

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Johanna Mollard erzählt, weshalb sie sich für den Jugendaustausch stark macht: „Ich will vermeiden, dass so etwas wieder passiert. Wenn man miteinander spricht, ist man sich nicht mehr fremd. Man wird, im Gegenteil, zu Freunden.“

Die schreckliche Geschichte von Clermont war viele Jahre lang tabuisiert. Die Erinnerung ist bis heute schmerzhaft, besonders für die älteren Leute. Lydia Thiel erzählt, dass auch sie und ihre engagierten Petershausener Mitstreiter bis vor einem Jahr nichts davon gewusst haben, obwohl sie sich bei jedem ihrer jährlichen Besuche intensiv mit der Geschichte von Varennes auseinandergesetzt hätten. Zu den regelmäßigen Besuchen gehörten meist auch Exkursionen in die eingestürzten Stellungsgräben aus dem Ersten Weltkrieg bei Vauquois, einer kleinen Ortschaft zwischen Varennes und Clermont.

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Nun hat Lydia Thiel Johanna nach Petershausen eingeladen, ihr einen Praktikumsplatz beim Bezirksheimatpfleger und im Effner-Gymnasium vermittelt und den Kontakt zum Gedächtnisbuch hergestellt. Sie unterstützt Johanna tatkräftig bei der Recherche nach deutschen Dokumenten über den Urgroßvater, begleitet sie in die KZ-Gedenkstätte und wird mit ihr zusammen ein Gedächtnisblatt erstellen.

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Wir freuen uns über dieses Engagement und wünschen Johanna trotz der schweren Aufgabe, die sie sich vorgenommen hat, eine schöne und erfolgreiche Zeit in Petershausen. Vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag zur Erinnerungsarbeit und zur französisch-deutschen Begegnung!

Text: Sabine Gerhardus

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Auswertungsgespräch mit ASF-Koordinatorin

Kat Semel und Maya Bakulina schließen gerade ihr Freiwilligenjahr für Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Dachau ab. Die Koordinatorin des Deutschlandprogramms von Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste kam am 20.7.2015 zu einem Auswertungsgespräch nach Dachau. Ebenfalls mit am Tisch: Klaus Schultz, Diakon der Versöhnungskirche und Mitglied im Trägerkreis.