Wir trauern um Prälat Hermann Scheipers

Hermann Scheipers betrachtet auf dem Kirchentag 2010 das ihm gewidmete Ausstellungsbanner
Hermann Scheipers betrachtet auf dem Kirchentag 2010 das ihm gewidmete Ausstellungsbanner

Am Donnerstag, den 2. Juni 2016, ist Hermann Scheipers in seiner Heimatstadt Ochtrup in Westfalen gestorben. Hermann Scheipers  wurde 102 Jahre alt. Bis zuletzt war er geistig rege und erinnerte sich häufig an seine Haft im Konzentrationslager Dachau. Hermann Scheipers setzte sich bis ins hohe Alter für die Erinnerung an die Häftlinge des KZ Dachau ein. Er hinterlässt Trauer, aber auch Dankbarkeit bei Freunden und Weggefährten, die ihn als beeindruckenden Zeitzeugen und als fröhlichen Gläubigen kennenlernen durften.

Dem Gedächtnisbuch war Hermann Scheipers eng verbunden. Wilma und Martin Geurts erarbeiteten 2010 für ihn und mit seiner Unterstützung ein Gedächtnisblatt. Beim Ökumenischen Kirchentag in München stellten sie sein Portr#t in der Ausstellung „Geistliche im KZ Dachau“ in der Todesangst-Christi-Kapelle in der KZ-Gedenkstätte vor.

Hermann Scheipers wurde am 24. Juli 1913 in Ochtrup geboren. 1937 wurde er in Bautzen zum Priester geweiht und trat eine Stelle als Kaplan in Hubertusburg bei Leipzig an. Dort gestattete er auch polnischen Zwangsarbeitern, den Gottesdienst zu besuchen. 2009 erzählte er Wilma und Martin Geurts von seiner Verhaftung: „Gott schenkte mir noch einen illegalen Blick in meine Akte. Und ich erkenne dort den wirklichen Grund meiner KZ-Haft: `Scheipers ist als fanatischer Verfechter seiner Kirche geeignet, Unruhe in die Bevölkerung zu tragen.´ Und da habe ich mir gedacht: Ja, wenn ich wegen dem Herrgott ins KZ komme, dann hat der Herrgott auch die Verantwortung für alles, was auf mich zukommen wird. So blieb ich felsenfest und unerschüttert.“

Von 1941 bis 1945 war er Häftling im Konzentrationslager Dachau. Nach der Befreiung war er lange Zeit als Pfarrer im Bistum Dresden-Meißen eingesetzt.

Wir behalten Hermann Scheipers Unterstützung und seine Herzlichkeit in dankbarer Erinnerung.

Möge er in Frieden ruhen und seine Vollendung in der von ihm ersehnten ewigen Heimat finden!

Sabine Gerhardus und Ludwig Schmidinger für den Trägerkreis Gedächtnisbuch

Gedächtnisblatt-Version für den Kirchentag 2010

Eine biographische Handreichung zu Hermann Scheipers erstellten wir für den Kirchentag 2010.
Hier das Blatt zum Download (2 MB).

Weitere Stimmen zum Tod von Hermann Scheipers

Wilma und Martin Geurts schreiben zum Tod von Hermann Scheipers:

Als wir, Martin und ich, vom doch recht plötzlichen Tod von Pfarrer Scheipers erfuhren, waren wir sehr geschockt. Noch vor dem Katholikentag in Leipzig, am 09.05.2016, hatten wir das Bedürfnis,  ihn in Ochtrup zu besuchen. Frau Feldevert, seine Betreuerin, kündigte unseren Besuch an. Besuch aus Kleve. Die Wilma ist da, und wo ist Martin? Als er unsere Stimmen erkannte, hat er sich sehr gefreut,

Und als ich berichtete, dass ich beim Katholikentag seine Biographie vorstellen darf, ließ er Grüße an die Teilnehmer ausrichten. Immer wenn wir uns verabschiedeten, segnete er uns. Unser Kontakt ist vom Zeitzeugengespräch an  bis zuletzt nicht abgerissen. Wir haben den fröhlichen Priester so in unser Herz geschlossen. Jetzt sind wir sehr traurig, Wir sind so froh, dass wir ihn kennenlernen durften und werden für ihn beten.

Begrenzt ist das Leben, doch unendlich die Erinnerung. Er ist jetzt geborgen in Gott.

GEBORGENHEIT IM LETZTEN

GIBT GELASSENHEIT IM VORLETZTEN

Claudia Candidori schreibt in einer Mail:

Liebe Freunde,

es erreichte mich ein Anruf aus Ochtrup, dass Prälat Hermann Scheipers, der letzte noch lebende deutsche Priester, der im KZ Dachau inhaftiert war, heute abend gegen 20h kurz nach Empfang der letzten Sakramente schmerzfrei und friedlich für immer eingeschlafen ist. Er wurde 102 Jahre alt.

Er war bis zuletzt geistig rege und bei vollem Bewusstsein. Seine Gedanken bei meinem letzten Besuch zu Jahresanfang kreisten unablässig um seine KZ-Haft, seine Flucht vom Todesmarsch und insbesondere um das erhaltene Brot, dass ihm ein Mitgefangener gab, der wusste, dass er sein eigenes Leben nicht mehr retten konnte. Prälat Scheipers sah darin Christus, der sich ihm selbst verschenkte.

Er beurteilte rückwirkend seine mehr als 4-jährige Haft in Dachau von März 1941 bis zur Flucht auf dem Todesmarsch Ende April 1945 als “Zeit, in der Gott mich aus meiner Mittelmäßigkeit herausgeholt hat”. Unablässig und bis ins hohe Alter setzte er sich für das Reich Gottes ein. Dieses Bekenntnis hat meiner Arbeit an der KZ-Gedenkstätte einen tiefen, erfüllten Sinn gegeben, worüber ich sehr dankbar bin.

Ich bin voll Schmerz, weil ein wertvoller, einzigartiger Zeitzeuge und ein optimistischer, zumeist strahlender Mensch von uns geht, doch ich bin froh, dass er von seinem körperlichen Leiden erlöst ist und gewiss, dass er nun seine Vollendung findet in Gottes Herrlichkeit.

Möge er in Frieden ruhen.
Claudia Candidori

Claudia Candidori wurde auf einem Besinnungstag gebeten, einige Worte zu Prälat Scheipers zu sagen. Anbei ihr Text als PDF:

Hermann Scheipers in memoriam

Die Münchner Kirchenzeitung veröffentlichte einen ausführlichen Nachruf:

Nachruf auf Hermann Scheipers

RP-online veröffentlichte anlässlich des Tods von Hermann Scheipers ein Porträt:

http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/der-letzte-zeuge-aid-1.6021568

Artikel in den Westfälischen Nachrichten anlässlich des Tods von Hermann Scheipers:

http://www.wn.de/Welt/Politik/2409610-Begraebnis-von-Praelat-Hermann-Scheipers-Unerschrockener-Botschafter-fuer-die-Sache-Christi-zu-Grabe-getragen

 

 

 

 

Erster Preis im „Heimatkundlichen Wettbewerb“ für Selina Moosbauer

Selina Moosbauer erhielt den ersten Preis im „Heimatkundlichen Wettbewerb“ des Landkreises Ebersberg für ihre Seminararbeit und ihr Gedächtnisblatt über Andreas Lenz.

Landrat Robert Niedergesäß überreicht den 1. Preis
Landrat Robert Niedergesäß überreicht den 1. Preis

Der Landrat des Landkreises Ebersberg, Robert Niedergesäß, hat Selina Moosbauer  für ihre Seminararbeit über Andreas Lenz im Projekt „Namen statt Nummern“ am Gymnasium Grafing ausgezeichnet. Am Dienstag, den 31. Mai, wurden 10 Preisträger aus 6 Schulen des Landkreises Ebersberg mit Preisen im „Heimatkundlichen Wettbewerb“ geehrt. Alle Schülerarbeiten befassten sich mit aktuellen oder historischen Themen aus dem Landkreis. Niedergesäß betonte in seiner Ansprache, dass gerade in der heutigen Zeit, in der so viele Menschen entwurzelt und als Flüchtlinge in den Landkreis gekommen seien, der Begriff „Heimat“ neue Bedeutung erführe. Insofern habe sich bestätigt, dass der „Heimatkundliche Wettbewerb“ wichtig und ganz aktuell sei.
Selina Moosbauer erhielt den 1. Preis für ihre Seminararbeit und ihr Gedächtnisblatt über Andreas Lenz, der wegen seiner politischen Einstellung von den Nationalsozialisten im KZ Dachau eingesperrt worden war. Lenz ist später an den Folgen der KZ-Haft gestorben. Niedergesäß zeigte sich beeindruckt von diesem Einzelschicksal: Es mache deutlich, dass sich Verfolgung von politisch Andersdenkenden nicht wiederholen dürfe.

Bilder von der Preisverleihung im Landratsamt Ebersberg

 

Den zweiten und dritten Preis erhielten Florian Frieß und Helena Lettl für ihre Seminararbeiten über das Bauernsterben im Landkreis Ebersberg und die Geschichte des Klosters Ebersberg. Sieben Preise wurden für künstlerische Arbeiten vergeben. Es waren beeindruckende Projektarbeiten zu sehen, die sich mit Ansichten und Sehenswürdigkeiten befassten, darunter: „Geschichtsbücher für Groß und Klein“ und „Grafing von oben betrachtet“. Gedanken um die Themen Rassismus und Flüchtlinge spielten bei diesen Arbeiten eine Rolle: „Graffities gegen Fremdenhass“, Linoldrucke „Make Art not War“, „Markt Schwaben bekennt Farbe“. Alle Preisträger erhielten eine Urkunde und ein Preisgeld.
Sabine Gerhardus vom Gedächtnisbuch und Petra Köpf, Selinas Lehrerin am Gymnasium Grafing, freuten sich mit Selina über diese tolle Anerkennung. Selinas Mutter erinnerte sich, wie schwierig die Recherche manchmal war. Umso mehr freuten sich alle, dass Selinas Mühe sich gelohnt hat und Andreas Lenz´ Lebensgeschichte nun öffentliche Anerkennung findet. In ihren Dankesworten betonte Selina, dass die Begegnung mit Lenz´ Enkelinnen ein besonderes Erlebnis war. Karin Kraus, eine der Enkelinnen von Andreas Lenz, hat sich für die Preisverleihung extra freigenommen. Sie gratulierte Selina mit einem Blumenstrauß. Für sie und ihre Schwester Dagmar Dömling war die Beschäftigung mit der Geschichte ihres Großvaters etwas ganz Besonderes: Obwohl sie von ihrem Vater  viel über den Großvater gehört hatten, erfuhren sie durch Selinas Recherche noch Neues. Wenn man sie und Selina jetzt zusammen sieht, spürt man, dass sie ein freundschaftliches Verhältnis verbindet.

Namen statt Nummern: Ausstellung auf dem Katholikentag

Die Katholische Seelsorge an der KZ‑Gedenkstätte Dachau zeigt die Ausstellungen Namen statt Nummern und Geistliche im KZ Dachau vom 25. bis 29. Mai 2016 auf dem 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig. Mehrere Veranstaltungen begleiten die Präsentation.

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Alojs Andritzki als Theologiestudent 1934

Am Donnerstag, den 26. Mai führt Ludwig Schmidinger (Katholische Seelsorge an der KZ‑Gedenkstätte Dachau / München und Freising) um 16.30 Uhr mit einem Vortrag „Geistliche im KZ Dachau“ in die Ausstellung ein. Ihre Recherchen zu den Geistlichen Hermann Scheipers, Karl Leisner sowie Alojs Andritzki präsentieren Wilma und Martin Geurts und Sylvia Zimmermann am Freitag, den 27. Mai um 17 Uhr. Am Samstag, den 28. Mai um 16.30 Uhr zeigt Hermann Josef Pape die Multivisionsshow „Lebenslauf des mutigen Zeit- und Glaubenszeugen Hermann Scheipers“.

Ausstellungs- und Veranstaltungsort:
St. Georg, Pfarrhaus Villa Goldene Höhe, Großer Pfarrsaal, Hoepnerstraße 17, 04157 Leipzig.

Nähere Informationen finden Sie hier als PDF zum Download:
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Fotogalerie: Katholikentag

(Fotos: Hermann-Josef Pape)

Zutiefst berührt vom Geschehen

Agco und Maurycy sprachen als die jüngsten Redner bei den diesjährigen Gedenkfeiern zur Befreiung des KZ Dachau. Beide unterstützen das Gedächtnisbuch als Freiwillige der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Was bewegt sie besonders?

Agco Halmen bei der Gedenkfeier zum Todesmarsch
Agco Halmen bei der Gedenkfeier zum Todesmarsch

Agco Halmen sprach bei der Feier am Todesmarschdenkmal in Dachau. Wenn es um die vielen ermordeten Menschen geht, dann sind die großen abstrakten Zahlen kaum zu erfassen – das beschäftigt sie sehr. „Ich habe gemerkt, dass es nicht nur mir so geht, dass wir diese Zahlen so abstrakt sehen und nicht an den Menschen denken, der hinter jeder Nummer verborgen ist. Deshalb bin ich so froh im Projekt „Gedächtnisbuch für die Häftlinge des KZ Dachau“ zu arbeiten und dort Biographien einzelner Menschen kennenzulernen und zusätzlich selbst nach Biographien zu forschen. Erst wenn man sich mit einzelnen Menschen beschäftigt, kann man anfangen zu begreifen, wie riesig diese Tragödie war, was für Ausmaße sie auch jetzt noch hat auf Kinder, Enkel, Urenkel.“

 

Maurycy Przyrowski spricht bei der Gedenkfeier am Schießplatz Hebertshausen
Maurycy Przyrowski bei der Gedenkfeier am Schießplatz Hebertshausen

Anlässlich der Befreiungsfeier des KZ Dachau am Mahnmal für die ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen in Hebertshausen betonte Maurycyam authentischen Ort die Unfassbarkeit des Geschehens. Aber er denkt, dass das Gedenken die Zukunft positiv bewegen wird:  „Niemand weiß, wie viele Menschen – zutiefst berührt von diesem Geschehen – alles Möglichen tun werden, damit sich die Geschichte nie wieder wiederholen wird!“ Seine Rede ist unter diesem Link auf der Website der Versöhnungskirche nachzulesen: http://versoehnungskirche-dachau.de/all/download/SuehnezeichenPrzyrowski.pdf .

Sorge um den Frieden: Dachauer Friedenszeichen

Etwa 250 Dachauerinnen und Dachauer beteiligten sich am Friedenszeichen am 9. Mai 2016 am Dachauer Rathausplatz. Die Initiative zu dieser Veranstaltung war vom Dachauer Forum ausgegangen – passend zum Jahresschwerpunkt der Erwachsenenbildungseinrichtung „Frieden leben“.

Dachauer Friedenszeichen
Dachauer Friedenszeichen

Gebet, Musik und Statements forderten zum Bewahren und Gewinnen des Friedens in der Welt ein. Ungefähr 250 Bürgerinnen und Bürger brachten auf dem Rathausplatz angesichts all der Kriegs- und Konfliktherde in der Welt ihre Sorge um den Frieden zum Ausdruck.

Musikbeiträgen von Angehörigen der verschiedenen Konfessionen begleiteten die Veranstaltung. Helmut Beilner, als Kind nach dem Krieg geflüchtet,  und ein syrischer Zahnarzt erzählten von ihren Fluchterfahrungen. Jugendliche des Freiraum berichteten von der Bedrohung des Dachauer Jugendzentrums durch Neonazis.

Etwa 80 Teilnehmende trafen sich danach zum Ausklang im Gebetsraum der Türkisch-Islamischen Gemeinde.

„Die Zeit vor 70 Jahren wird lebendig“

Agco Halmen, ASF-Freiwillige im Gedächtnisbuch, berichtet von einem Recherche-Interview für ein Gedächtnisblatt mit der Tochter von Josef Glas.

Familie Glas, im weißen Kreis Josef Glas
Familie Glas, im weißen Kreis Josef Glas

Meine Recherche über die drei Brüder Glas aus Bibereck, einem Ortsteil von Bergkirchen, geht weiter. Nachdem ich das Gedächtnisblatt von Benno schon bei der Veranstaltung am 22. März vorgestellt habe, arbeite ich nun daran, noch Informationen über Josef und Johann zu bekommen, um auch deren Gedächtnisblätter schreiben zu können.

Freitag, 22. April 2016. Ich mache mich auf den Weg nach München, um mich mit Helga Hanner zu treffen. Helga Hanner ist die Tochter von Josef Glas und sie hat sich bereit erklärt, mir bei ihr zu Hause ein Interview zu geben. Frau Hanner holt mich freundlicherweise von der U-Bahn ab. Bevor wir in ihre Wohnung gehen, zeigt sie mir in der Werkstatt erstmal ein Foto ihres Vaters, nimmt es auch gleich mit, um es für mich zu scannen.

Angekommen in der Wohnung riecht es herrlich nach frisch Gebackenem. Ich lerne Kurt Hanner kennen, Frau Hanners Mann, dann setzen wir uns zusammen und essen selbst Gebackenes und trinken Tee, lernen uns ein bisschen kennen und erzählen. Frau Hanner zeigt mir noch mehr Fotos und ihr Mann scannt sie alle für mich. Das Interview dauert eine Stunde. Während des Interviews erfahre ich viel, lache viel und bekomme einen Einblick in das Leben von Josef Glas und seiner Familie. Die Zeit vor 70 Jahren wird  lebendig.

Als ich mit der Recherche über die Brüder Glas angefangen habe, hätte ich nie gedacht, wie viel ich doch finden würde und wie viele Bekanntschaften ich nur durch diese Recherche machen würde. Das Interview mit Frau Hanner und die Fotos, die ich von ihr bekommen habe, bringen mich einen großen Schritt weiter in meiner Recherche und ich bin ihr sehr dankbar für die freundliche Aufnahme und Zusammenarbeit.

(Text: Agco Halmen)

Einladung: Dachauer Friedenszeichen am 9. Mai

Zum Jahrestag des Kriegsendes 1945 setzen in der Altstadt von Dachau vor dem Rathaus erstmals Juden, Christen und Muslime gemeinsam ein Friedenszeichen (bei schlechtem Wetter in St. Jakob).

Einladung zum Dachauer Friedenszeichen
Einladung zum Dachauer Friedenszeichen

 

 

Auf Initiative des Dachauer Forums laden die katholischen, evangelischen und griechisch-orthodoxen Kirchen sowie Muslime und Juden mit Gebet, Musik und Statements zum Einsatz für den Frieden in der Welt ein. Angesichts all der Konfliktherde in nah und fern bringen Dachauer ganz unterschiedlicher Herkunft ihre Sorgen um den Frieden zum Ausdruck.

Anschließend sind ab etwa 19.45 Uhr die Teilnehmenden zu einem Gang in den Gebetsraum der Türkisch-Muslimischen Gemeinde eingeladen.

Montag, 9. Mai 2016, 19 Uhr, Beginn am Rathausplatz Dachau

Genauere Informationen finden sich als Download im PDF:

9.5.16 Dachauer Friedenszeichen (388 KB)

KZ-Außenlager München-Allach: Befreiungsfeier in Ludwigsfeld

Etwa 50 Personen nahmen an der Feier zur Erinnerung an den 71. Jahrestag der Befreiung des KZ-Außenlagers  München-Allach im Münchner Stadtteil Ludwigsfeld am 30. April 2016 teil. Wenig Öffentlichkeit angesichts der Tatsache, dass hier mehrere zehntausend KZ-Häftlinge während des Kriegs Sklavenarbeit für BMW leisten mussten.

Klaus Mai erinnert an die Opfer des Lagers
Klaus Mai erinnert an die Opfer des Lagers

Klaus Mai legte im Auftrag der Lagergemeinschaft Dachau einen Kranz zur Erinnerung an das Geschehen nieder. Mai ist Unterausschussvorsitzender für Kultur und Budget im zuständigen Bezirksausschuss und hat sich um die Erforschung des Lagers verdient gemacht. Noch vor einigen Jahren war so gut wie nichts zur Geschichte des gigantischen Außenlagers bekannt.

Die Kranzniederlegung erfolgte an der ehemaligen Küchenbaracke des KZs an der Granatstraße 10. Es erstaunt, dass dieses Gebäude nicht etwa eine Ausstellung zum KZ-Außenlager und zum DP-Lager Ludwigsfeld beherbergt, sondern vom hiesigen Sportverein genutzt wird.

Eingang zur noch erhaltenen Küchenbaracke des Lagers
Eingang zur noch erhaltenen Küchenbaracke des Lagers

In Biographien für das Gedächtnisbuch wird das Außenlager immer wieder erwähnt. Kein Wunder: Allein im Jahr 1943 arbeiteten hier 17.314 KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter für BMW. Die Firma war direkt in den Prozess der „Vernichtung durch Arbeit“ eingebunden, schreibt Klaus Mai im Sonderdruck „Der KZ-Außenlagerkomplex Dachau-Allach in München-Ludwigsfeld“. Die Lohnzahlungen wurden von BMW direkt an die SS überwiesen, die Häftlinge erhielten für die harte und unter grauenhaften Bedingungen geleistete Arbeit keine Entlohnung. Erst Ende März 1945 erwarb das Deutsche Reich die Baracken des Häftlingslagers von BMW.

(Text und Fotos: Irene Stuiber)

 

 

Ausstellungseröffnung Hebertshausen: viele verfolgte Personen

Mindestens 10 Personen aus dem heutigen Gemeindebereich Hebertshausen waren im KZ Dachau inhaftiert. Einige dieser Biographien stellten Hedy Esters und Thomas Schlichenmayer bei der Ausstellungseröffnung der Geschichtswerkstatt in Hebertshausen vor.

 

Hohe Anzahl verfolgter Personen, vielfältige Verfolgungsursachen

Sabine Gerhardus
Sabine Gerhardus

Ungewöhnlich viele Personen aus dem heutigen Gemeindebereich Hebertshausen waren von Verfolgung durch die Nationalsozialisten betroffen, erläuterte Sabine Gerhardus in ihrer Einführung. Aus 7 ehemaligen Gemeinden konnten  bis heute 10 Menschen ermittelt werden, die im Konzentrationslager Dachau inhaftiert waren. Dazu kommen 2 Personen, die die Nazis aus politischen Gründen im Amtsgerichtsgefängnis Dachau einsperrten.

Durch den Häftlingseinsatz im Arbeitskommando Ampermoching ergeben sich weitere Bezüge zum heutigen Gemeindebereich: Häftlinge des KZ-Dachaus mussten 1933 den Dorfweiher Ampermoching reinigen.

Viele unterschiedliche persönliche Hintergründe waren es, die die Nazis zur Verfolgung der betroffenen Personen veranlassten. Nur zu einem Teil dieser Männer liegen bisher ausführliche Recherchen vor.

 

Grußworte betonen Bedeutung der Geschichtswerkstatt

Richard Reischl
Richard Reischl

Aus der Nähe zur Gedenkstätte und speziell zum SS-Schießplatz Hebertshausen ergibt sich die besondere Bedeutung der Ausstellung für die Gemeinde Hebertshausen, führte Bürgermeister Richard Reischl in seinem Grußwort aus. Ihre ganz besondere Bedeutung verortet Reischl in der heutigen politischen Situation. „Bitte lassen Sie uns aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, wenn sie auch nicht unsere eigenen waren, aber wir sollten sie nicht wiederholen.“

 

Marianne Klaffki
Marianne Klaffki

Vor allem den Besuch junger Menschen wünscht sich die stellvertretende Landrätin Marianne Klaffki für die Ausstellung. Sie appellierte an die Zuhörer: „Werben Sie für diese Ausstellung, gerade bei jungen Menschen. Denn wenn ein junger Mensch erfährt, was für furchtbares Leid ein Mensch aus seinem Heimatort erfahren hat, dann wird es für diesen jungen Menschen deutlich stärker präsent, wie wichtig es ist, für Demokratie, für Freiheit, für Menschenrechte einzustehen.“

 

Anton Jais
Anton Jais

Anton Jais, Vorsitzender des Dachauer Forums, erinnerte an die jahrzehntelange unrühmliche Übereinkunft der deutschen Gesellschaft, die NS-Vergangenheit zu verdrängen. „Es freut mich, dass wir mehr als 70 Jahre nach Kriegsende bereit sind, uns der Opfer von damals zu erinnern.“

 

Norbert Göttler
Norbert Göttler

Schirmherr und Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler warb für eine rege Beteiligung an der Geschichtswerkstatt. „Zeitgeschichte ist angewandte Heimatpflege. Und Heimatpflege ist Ideologiekritik. Und darum sind diese Ausstellungen so wichtig.“

 

Georg Lerchl: Aufgrund einer Denunziation verhaftet

Hedy Esters
Hedy Esters

Das Schicksal des Ampermochinger Bürgers Georg Lerchl stellte Hedy Esters vor. Lerchl wurde 1896 als fünftes von elf Kindern einer Kleinbauernfamilie in Ampermoching geboren. Als Soldat im Ersten Weltkrieg erlitt er mehrere Verwundungen und wurde mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet. 1925 heiratete er die Ampermochingerin Ursula Reischl. 1932 kaufte das Ehepaar in Ampermoching ein kleines Anwesen mit einem Gemüsegarten, Lerchl arbeitete als Hilfsarbeiter.

Am 9. 11. 1944 um 10 Uhr wurde Lerchl und seine Schwägerin verhaftet, der Grund war die ungenehmigte Schlachtung einer Sau. Sicher war Lerchl nicht der einzige, der schwarz geschlachtet hat – die Denunzation durch den Ortsgruppenführer der NSDAP führte zur Verhaftung. Er wurde in das Polizeigefängnis gebracht und im , im November 1944 ins KZ Dachau überstellt.  Dort herrschte totale Überfüllung in den Baracken, die sanitären Verhältnisse waren katastrophal, die Häftlinge wurden zur Zwangsarbeit in Betrieben eingesetzt. Nach fünf Wochen änderte sich die Haftsituation, Lerchl wurde an einen unbekannten Ort überstellt. Georg Lerchl starb 1950 an einem Krebsleiden.

Über die Zeit im KZ wurde in der Familie nicht gesprochen. Seine Schwiegertochter Maria Lerchl hat ihn nicht persönlich gekannt, aber die Arbeit am Gedächtnisblatt bis zu ihrem Tod im vergangenen Jahr unterstützt.

 

Josef Rothammer: „Ein wilder Hund, ein mit allen Wassern gewaschener Politiker, ein hervorragender Journalist“

Thomas Schlichenmayer
Thomas Schlichenmayer

Wie kam es dazu, dass sich die Hebertshausener Geschichtswerkstatt mit dem Regensburger Journalisten, Politiker und Verleger Josef Rothammer beschäftigte? Rothammer gehörte zu den Häftlingen, die den Dorfweiher in Ampermoching trockenlegen und neu ausschachten mussten. Über 100 Namen stehen auf der Liste dieses Arbeitkommandos.

Thomas Schlichenmayer erläuterte Rothammers Biographie. Der Journalist hatte 1946 in einem nur mit „R“ gekennzeichneten Artikel seine Erfahrungen als KZ-Häftling in Dachau und auch während des Einsatzes im Teichbaukommando geschildert.

Rothammer arbeitete schon während der Weimarer Republik als Redakteur für sozialdemokratische Zeitungen, darunter die in der Oberpfalz erscheinende „Volkswacht“. Dieses politische Engagement war der Grund für seine Verfolgung durch die Nationalsozialisten: Bereits in diesen Artikeln griff er Hitler und die Nationalsozialisten scharf an und wurde im Gegenzug in der NS-Presse namentlich attackiert. Nach seiner Entlassung aus der Haft bekam er Berufsverbot, veröffentlichte aber dennoch 1937 einen Stadtführer über das mittelalterliche Regensburg.

Ausstellungsvitrine Hebertshausen
Ausstellungsvitrine Hebertshausen

In der Nachkriegszeit engagierte sich Rothammer im Regensburger Stadtrat, als Bürgermeister und auch als Landtagsabgeordneter.  Nach seiner Rückkehr aus der französischen Kriegsgefangenschaft begann Rothammer mit dem Wiederaufbau der sozialdemokratischen Presse in Regensburg. Ab 1949 gibt er die Regensburger Woche heraus. Sein Neffe charakterisiert ihn: „Er war ein glänzender Journalist, ein hochgebildeter Mann, er kannte Goethe, er kannte seinen Tucholsky – und er war ein wilder Hund, ein mit allen Wassern gewaschener Politiker.“ 1968 sorgte er für bundesweite Schlagzeilen, als er die Regensburger Woche an die bürgerliche Konkurrenzzeitung, die Mittelbayerische Zeitung, verkaufte.

In der Familie Rothammer war die KZ-Erfahrung Rothammers kein Gesprächsthema. Seine Tochter sagte im Gedächtnisbuch-Interview: „Mein Vater war sehr gesellig und hat gerne viel erzählt. Aber nicht über den Krieg, nicht über die Gefangenschaft und schon gleich gar nicht über Dachau.“ Er sagte: „Das sind keine Geschichten, die man erzählen kann und das ist mehr, als ein Mensch ertragen kann.“

Thomas Schlichenmayer kommt nach der intensiven Beschäftigung mit Rothammers Lebensgeschichte zu folgendem Fazit: „Sein Leben war geprägt durch seinen leidenschaftlichen Einsatz für die Ideale der Sozialdemokratie. Aber er war auch ein streitbarer Zeitgenosse mit Ecken und Kanten.“

 

Weitere Bilder

Die Ausstellung ist noch bis 13.5.2016 im Rathaus Hebertshausen zu sehen:

Rathaus Hebertshausen, Am Weinberg 1, 85241 Hebertshausen
Öffnungszeiten:
Mo – Fr 8.00 – 12.00 Uhr
Do 14.00 – 18.00 Uhr