Gerhard Bökel, ehemaliger hessischer Landtagsabgeordneter und Innenminister, hat am 22. Juni 2016 das Gedächtnisbuch-Projekt besucht. Seit seinem Rückzug aus der Politik widmet er sich mit großem Engagement der Geschichte des Train Fantôme.
Gerhard Bökel beim Gedächtnisbuch
Dieser„Geisterzuges“ gelangte 1944 als einer der letzten Deportationszüge aus Südfrankreich nach einer langen Irrfahrt nach Dachau. Bökel, der einen Wohnsitz in Südfrankreich hat, forscht über die Geschichte der Deportierten des Train Fantôme und hat bereits zwei zweisprachige Broschüren veröffentlicht. Jetzt schreibt er an einem Buch, in dem auch die Nachkriegsgeschichte behandelt werden soll.
In den Jahren 2004/2005 sind mehrere Gedächtnisblätter zu Deportierten des Train Fantôme entstanden. Monika Graulich von der Deutsch-Französischen Gesellschaft Wettenberg, einer Gemeinde aus Bökels ehemaligem Wahlkreis, hat das Projekt beim Gedächtnisbuch angeregt. Wettenberg ist Partnergemeinde von Sorgues, einer Stadt in der Provence, die in der Geschichte des Geisterzuges und in der Erinnerung an die Deportierten eine wichtige Rolle spielt. Mithilfe des Train-Fantôme-Freundeskreises trafen bayerische Schülerinnen im August 2004 in Sorgues Überlebende und Angehörige der ehemals Deportierten und führten mit ihnen Interviews durch. Dank Robert Silve vom Freundeskreis wurde 2008 die Internationale Wanderausstellung Namen statt Nummern im Rathaus von Sorgues gezeigt.
Teilnehmerinnen mit den Betreuern Sabine Gerhardus und Günter Leitzgen vor dem Denkmal für die Deportierten des Train Fantome in Sorgues (2004)
Gerhard Bökel richtete der ehemaligen Teilnehmerin des Dachauer Projekts Moni Böck und Sabine Gerhardus Grüße von Überlebenden und Projektbeteiligten aus, berichtete von seinen Forschungen und wartete mit einer Überraschung auf: Er werde selbst auch ein Gedächtnisblatt schreiben – über den französischen Imam Abdelkader Mesli, der in der Resistance war und mit dem Train Fantôme nach Dachau gebracht worden war.
(Text: Sabine Gerhardus)
22. Juni 2016
Seminararbeiten und Gedächtnisblätter schreiben
Wie bringe ich meine Recherche-Ergebnisse sinnvoll auf’s Papier? Diese Frage beschäftigt zur Zeit die Teilnehmer unserer W-Seminare. Sabine Gerhardus berichtet vom ersten Schreibworkshop des Schuljahres am Camerloher Gymnasium in Freising.
Camerloher Gymnasium Juni 2016
„In diesem ersten Schreibseminar ging es vorrangig darum, ein Bewusstsein für die Textart zu schaffen: Was ist im Gedächtnisblatt möglich und welche Unterschiede sind zur Seminararbeit zu beachten? Ich hatte den Schülerinnen verschiedene Gedächtnisblätter mitgebracht. Besonders wichtig war den Schülerinnen jedoch der Aufbau der Seminararbeit, deshalb gab es dazu die meisten Fragen und die Bitte um Beispiele gelungener Seminararbeiten.
Sechs Schülerinnen hatten vor dem Seminar Textproben abgegeben. Alle waren stark an den Anforderungen der Seminararbeit ausgerichtet. Die Textproben waren teilweise sprachlich sehr gut formuliert. Die Diskussion einzelner Beispiele wird von dem betreuenden Lehrer Andreas Decker in der nächsten Sitzung fortgesetzt.“
(Text: Sabine Gerhardus)
13. Juni 2016
Henry Landmans Lederhose
Mit diesem Kleidungsstück ist eine besondere Geschichte verbunden: Henry Landman trug diese Lederhose als er aus Deutschland fliehen musste, heute gehört sie einem Augsburger Museum.
Henry Landman trägt die Lederhose, in der er als junger Mann flüchtete
Rick Landman, Henrys Sohn, schreibt uns:
„I came across a photo of my dad from before he donated the lederhosen to the Augsburg Museum. Of course, one miracle is that they still fit him. This is the lederhosen that he wore on Kristallnacht. One story that you may not know is that his gold ring was clipped off his finger at Dachau and it popped into the air and he thought it was lost.
But actually it fell into the cuff of the lederhosen that he brought to America. So without him knowing it, he smuggled out a gold ring to America. He could have been shot for doing that.
I wish I can find the cut ring, but it is lost. Henry hid it years ago, and then lost his memory as to where he hid it.
He found it when we were packing up the lederhosen to send to Augsburg.
Just wanted to give you a bit more of the history of the pants.“
8. Juni 2016
Ökumenische Trauerfeier für Mirjam Ohringer und Hermann Scheipers
Am Sonntag, den 12. Juni 2016, findet um 11 Uhr eine ökumenischen Trauerfeier für Mirjam Ohringer und Hermann Scheipers in der Versöhnungskirche auf dem Gelände der Gedenkstätte Dachau statt.
Uns erreichte dazu folgende Ankündigung:
Kirchen trauern um die Zeitzeugen Mirjam Ohringer und Hermann Scheipers – Gottesdienst in der KZ-Gedenkstätte Dachau
Vor wenigen Tagen sind mit Mirjam Ohringer und Hermann Scheipers zwei Zeitzeugen des Widerstands gegen das NS-Regime gestorben, die eng mit Dachau verbunden waren. Beide haben hier und international viele Menschen tief geprägt. Die Evangelische Versöhnungskirche und die Katholische Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte laden am Sonntag, 12. Juni 2016, 11 Uhr zu einer ökumenischen Trauerfeier in der Versöhnungskirche auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers ein.
Das Team der Versöhnungskirche hatte – wie viele andere – auf weitere Begegnungen mit den beiden gehofft. Doch die Trauer über den unwiederbringlichen Verlust verbindet sich mit dankbaren Erinnerungen an die unkonventionell jüdisch-kommunistische Holländerin („Ich bin die mit Marx und Moses“) und den charismatisch-humorvollen katholischen Priester aus dem Münsterland („als Christ zum geistigen Widerstand verpflichtet“). Und diese Erinnerungen sollen auch bei der Trauerfeier im Mittelpunkt stehen.
Mirjam Ohringer wird am 26. Oktober 1924 als Kind jüdischer Emigranten aus Galizien in Amsterdam geboren. Schon früh erfährt sie durch die eigene Familie viel über Schicksale rassistisch und politisch Verfolgter, von denen nicht wenige seit 1933 in den Niederlanden Zuflucht suchen. Rückblickend sagt sie bei einer Rede 2008: „Sie waren illegal und mussten sich verstecken, von uns versteckt und am Leben gehalten werden. So jung wie ich war, habe ich daran teilgenommen, weil das für meine Eltern, für den Kreis, in dem ich aufgewachsen bin, selbstverständlich war. Ich erwähne diese Menschen, denn sie waren in meinen Augen das Beste, was Deutschland zu bieten hatte. Ihre Lehren, ihr Wissen darüber, wie man sich zu verhalten hatte, woran gedacht werden musste, um Widerstand gegen die Nazis zu leisten, diese Lehren haben uns geholfen zu überleben.“ Obwohl sie nach der deutschen Überfall auf ihre Heimat im Mai 1940 als Jüdin selbst gefährdet ist, beteiligt sie sich als Gymnasiastin am kommunistischen Widerstand, organisiert Papier für Flugblätter, tippt Nachrichten, schmuggelt illegale Zeitungen. Ihr Freund Ernst Josef Prager wird im Juni 1941 verhaftet und im KZ Mauthausen ermordet. Mirjam lebt selbst seit 1942 im Untergrund bis zur Befreiung 1945. Nach dem Krieg gründet Mirjam mit einen Holländer eine Familie und bekommt vier Kinder. Zudem engagiert sie sich in der Friedensbewegung. 1982 fährt sie zum ersten Mal nach Mauthausen. Sie wird Gründungsmitglied des Niederländischen Mauthausen-Komitees, dessen Vorsitzende sie zuletzt auch ist. Mirjam Ohringer kämpft ihr Leben lang gegen Nationalsozialismus und Faschismus, für Menschenrechte und für die Freiheit. Sie setzt sich dafür ein, das Erlebte nachfolgenden Generationen zu vermitteln. Fast 30 Jahre tut sie das auch jeden Sommer bei der Internationalen Jugendbegegnung in Dachau (IJB). 2009 erhält sie den Preis für Zivilcourage der Stadt Dachau. Über Jahrzehnte begleitet sie junge deutsche Freiwillige von „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ in den Niederlanden. 2013 wirkt sie als Zeitzeugin beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg mit – und bezeichnet in ihrer humorvoll-respektlosen Art eine Abendandacht als „komischen christlich-jüdischen Mischmasch“, der ihr aber gefalle. Am 29. Mai stirbt Mirjam Ohringer nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 91 Jahren in Amsterdam. Bei der Trauerfeier wird die Pädagogin Gisela Joelsen, die über viele Jahre zum IJB-Team gehörte, an die Verstorbene erinnern.
Als Hermann Scheipers am 24. Juli 1913 in Ochtrup/Westfalen geboren wird, regiert noch Kaiser Wilhelm II. Scheipers kommt als junger Priester der Diözese Meißen in Konflikt mit dem NS-Staat. Weil er seine Kirche auch für polnische Zwangsarbeiter öffnet, wird er 1940 verhaftet. Als er betont, dass Polen für ihn genauso Menschen sind wie Deutsche, bringt man ihn nach einem Gefängnisaufenthalt 1941 nach Dachau. Die Haft wird für ihn zur prägendsten Erfahrung seines Lebens. Erlebnisse, wie etwa die geheime Priesterweihe von Karl Leisner sind für ihn der Beweis, dass Gott die Inhaftierten auch in der Hölle von Dachau nicht vergessen hat. „Noch nie war ich Gott so nah, wie im KZ“, kommentierte er die Jahre hinter Stacheldraht. Nach seiner Flucht vom Todesmarsch bei Starnberg Ende April 1945 fährt er mit dem Fahrrad zunächst in seine Heimat Münster. 1946 kehrt er in sein Bistum Meißen zurück, um weiter als Seelsorger zu arbeiten. Mit der Gründung der DDR gerät Scheipers erneut in Konflikt mit einem politischen System. Weil er sich den Mund nicht verbieten lässt, entgeht er nur knapp der Verhaftung. Als er als Ruheständler 1983 ins Münsterland zurückkehrt, wird er zu einem geschätzten Zeitzeugen. Unermüdlich reist er durch das Land, hält Vorträge, besucht Schulklassen, um ihnen zu vermitteln und zu bezeugen, was er erlebt hat. Hunderte Teilnehmer des Münchner Ökumenischen Kirchentages 2010 erleben in der KZ-Gedenkstätte Dachau den charismatischen Zeitzeugen, der auch über seine Freundschaft mit evangelischen Mithäftlingen berichtet. Für sein Engagement wird er mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter das Bundesverdienstkreuz und der polnische Kavaliersorden. Johannes Paul II. ernennt ihn zum Päpstlichen Ehrenprälaten. Am 2. Juni stirbt er in einem Altenheim in seiner Geburtsstadt wenige Wochen vor seinem 103. Geburtstag. Pastoralreferent Ludwig Schmidinger, Bischöflicher Beauftragter für KZ-Gedenkstättenarbeit, der Hermann Scheipers 2010 in Dachau intensiv kennenlernte, wird an ihn erinnern.
Pfarrer Dr. Björn Mensing, Theologe und Historiker und Diakon Klaus Schultz
Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau
Alte Römerstraße 87, 85221 Dachau
Ludwig Schmidinger Bischöflicher Beauftragter für KZ-Gedenkstättenarbeit
in der Erzdiözese München und Freising
Fachbereichsleiter (EOM 5.4.1.3)Katholische Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte Dachau
Alte Römerstraße 75, 85221 Dachau
4. Juni 2016
Wir trauern um Mirjam Ohringer
Mit Mirjam Ohringer ist eine Freundin und Unterstützerin des Gedächtnisbuchs gestorben. Ein Nachruf von Sabine Gerhardus.
Mirjam Ohringer im Jugendgästehaus in Dachau
Am 29. Mai 2016 ist Mirjam Ohringer gestorben. Ich habe Mirjam Ohringer und ihre Freundin Els Schalker-Karstanje bei den Internationalen Jugendbegegnungszeltlagern kennen gelernt, wo beide häufig als Zeitzeugen waren und uns Jugendlichen von ihren Erinnerungen an die Besatzung der Niederlande und den Widerstand erzählten. 2001 schrieben Els und Harry Kraaij einen Beitrag für das Gedächtnisbuch über Els` Vater, Hubert Karstanje. Mirjam fertigte das Gedächtnisblatt an und vertrat die Interessen ihrer Freundin Els, als ihr selbst die Kommunikation mit dem Projekt nicht mehr möglich war. Seither unterstützte sie das Gedächtnisbuch-Projekt.
So kam es, dass sie für Jos Sinnema in den Niederlanden eine wichtige Ansprechpartnerin wurde. Er schreibt: „Das Niederlande-Projekt hat sie von Anfang an enthusiastisch unterstützt und gefördert. Auch für die Ausstellung im Widerstandsmuseum hat sie sich eingesetzt.“ Am 18. Februar 2012, als die Wanderausstellung im Cartesius-Lyceum in Amsterdam zu sehen war und dort das Banner von Pim Reijntjes enthüllt wurde, schrieb Mirjam ins Gästebuch: „Es ist stimmt hoffnungsvoll zu sehen, dass junge Leute sich vertiefen in Lebensgeschichten aus der Vergangenheit, vor allem aus der Zeit des Nationalsozialismus. Insbesondere ihr Einsatz, diese Geschichten weiter zu geben. Mirjam Ohringer“.
Mirjam Ohringer wurde am 26. Oktober 1924 in Amsterdam geboren. Sie stammte aus einer galizischen Einwandererfamilie. Ihre Eltern waren gläubige Juden und fühlten sich dem Sozialismus verbunden. Mirjam engagierte sich schon als Schülerin für die jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland. Nach der Besatzung der Niederlande durch die Wehrmacht am 10. Mai 1940 schloss sich Mirjam einer illegalen Jugendgruppe an, die sich unter anderem mit Flugblattaktionen gegen die Nazis zur Wehr setzte. 1942 konnte sie untertauchen und überlebte so den Krieg.
Mirjam Ohringer hat im April 2009 den Dachau-Preis für Zivilcourage erhalten.
(Text von Sabine Gerhardus, Foto Kulturamt Stadt Dachau)
4. Juni 2016
Wir trauern um Prälat Hermann Scheipers
Hermann Scheipers betrachtet auf dem Kirchentag 2010 das ihm gewidmete Ausstellungsbanner
Am Donnerstag, den 2. Juni 2016, ist Hermann Scheipers in seiner Heimatstadt Ochtrup in Westfalen gestorben. Hermann Scheipers wurde 102 Jahre alt. Bis zuletzt war er geistig rege und erinnerte sich häufig an seine Haft im Konzentrationslager Dachau. Hermann Scheipers setzte sich bis ins hohe Alter für die Erinnerung an die Häftlinge des KZ Dachau ein. Er hinterlässt Trauer, aber auch Dankbarkeit bei Freunden und Weggefährten, die ihn als beeindruckenden Zeitzeugen und als fröhlichen Gläubigen kennenlernen durften.
Dem Gedächtnisbuch war Hermann Scheipers eng verbunden. Wilma und Martin Geurts erarbeiteten 2010 für ihn und mit seiner Unterstützung ein Gedächtnisblatt. Beim Ökumenischen Kirchentag in München stellten sie sein Portr#t in der Ausstellung „Geistliche im KZ Dachau“ in der Todesangst-Christi-Kapelle in der KZ-Gedenkstätte vor.
Hermann Scheipers wurde am 24. Juli 1913 in Ochtrup geboren. 1937 wurde er in Bautzen zum Priester geweiht und trat eine Stelle als Kaplan in Hubertusburg bei Leipzig an. Dort gestattete er auch polnischen Zwangsarbeitern, den Gottesdienst zu besuchen. 2009 erzählte er Wilma und Martin Geurts von seiner Verhaftung: „Gott schenkte mir noch einen illegalen Blick in meine Akte. Und ich erkenne dort den wirklichen Grund meiner KZ-Haft: `Scheipers ist als fanatischer Verfechter seiner Kirche geeignet, Unruhe in die Bevölkerung zu tragen.´ Und da habe ich mir gedacht: Ja, wenn ich wegen dem Herrgott ins KZ komme, dann hat der Herrgott auch die Verantwortung für alles, was auf mich zukommen wird. So blieb ich felsenfest und unerschüttert.“
Von 1941 bis 1945 war er Häftling im Konzentrationslager Dachau. Nach der Befreiung war er lange Zeit als Pfarrer im Bistum Dresden-Meißen eingesetzt.
Wir behalten Hermann Scheipers Unterstützung und seine Herzlichkeit in dankbarer Erinnerung.
Möge er in Frieden ruhen und seine Vollendung in der von ihm ersehnten ewigen Heimat finden!
Sabine Gerhardus und Ludwig Schmidinger für den Trägerkreis Gedächtnisbuch
Wilma und Martin Geurts schreiben zum Tod von Hermann Scheipers:
Als wir, Martin und ich, vom doch recht plötzlichen Tod von Pfarrer Scheipers erfuhren, waren wir sehr geschockt. Noch vor dem Katholikentag in Leipzig, am 09.05.2016, hatten wir das Bedürfnis, ihn in Ochtrup zu besuchen. Frau Feldevert, seine Betreuerin, kündigte unseren Besuch an. Besuch aus Kleve. Die Wilma ist da, und wo ist Martin? Als er unsere Stimmen erkannte, hat er sich sehr gefreut,
Und als ich berichtete, dass ich beim Katholikentag seine Biographie vorstellen darf, ließ er Grüße an die Teilnehmer ausrichten. Immer wenn wir uns verabschiedeten, segnete er uns. Unser Kontakt ist vom Zeitzeugengespräch an bis zuletzt nicht abgerissen. Wir haben den fröhlichen Priester so in unser Herz geschlossen. Jetzt sind wir sehr traurig, Wir sind so froh, dass wir ihn kennenlernen durften und werden für ihn beten.
Begrenzt ist das Leben, doch unendlich die Erinnerung. Er ist jetzt geborgen in Gott.
GEBORGENHEIT IM LETZTEN
GIBT GELASSENHEIT IM VORLETZTEN
Claudia Candidori schreibt in einer Mail:
Liebe Freunde,
es erreichte mich ein Anruf aus Ochtrup, dass Prälat Hermann Scheipers, der letzte noch lebende deutsche Priester, der im KZ Dachau inhaftiert war, heute abend gegen 20h kurz nach Empfang der letzten Sakramente schmerzfrei und friedlich für immer eingeschlafen ist. Er wurde 102 Jahre alt.
Er war bis zuletzt geistig rege und bei vollem Bewusstsein. Seine Gedanken bei meinem letzten Besuch zu Jahresanfang kreisten unablässig um seine KZ-Haft, seine Flucht vom Todesmarsch und insbesondere um das erhaltene Brot, dass ihm ein Mitgefangener gab, der wusste, dass er sein eigenes Leben nicht mehr retten konnte. Prälat Scheipers sah darin Christus, der sich ihm selbst verschenkte.
Er beurteilte rückwirkend seine mehr als 4-jährige Haft in Dachau von März 1941 bis zur Flucht auf dem Todesmarsch Ende April 1945 als “Zeit, in der Gott mich aus meiner Mittelmäßigkeit herausgeholt hat”. Unablässig und bis ins hohe Alter setzte er sich für das Reich Gottes ein. Dieses Bekenntnis hat meiner Arbeit an der KZ-Gedenkstätte einen tiefen, erfüllten Sinn gegeben, worüber ich sehr dankbar bin.
Ich bin voll Schmerz, weil ein wertvoller, einzigartiger Zeitzeuge und ein optimistischer, zumeist strahlender Mensch von uns geht, doch ich bin froh, dass er von seinem körperlichen Leiden erlöst ist und gewiss, dass er nun seine Vollendung findet in Gottes Herrlichkeit.
Möge er in Frieden ruhen. Claudia Candidori
Claudia Candidori wurde auf einem Besinnungstag gebeten, einige Worte zu Prälat Scheipers zu sagen. Anbei ihr Text als PDF:
Erster Preis im „Heimatkundlichen Wettbewerb“ für Selina Moosbauer
Selina Moosbauer erhielt den ersten Preis im „Heimatkundlichen Wettbewerb“ des Landkreises Ebersberg für ihre Seminararbeit und ihr Gedächtnisblatt über Andreas Lenz.
Landrat Robert Niedergesäß überreicht den 1. Preis
Der Landrat des Landkreises Ebersberg, Robert Niedergesäß, hat Selina Moosbauer für ihre Seminararbeit über Andreas Lenz im Projekt „Namen statt Nummern“ am Gymnasium Grafing ausgezeichnet. Am Dienstag, den 31. Mai, wurden 10 Preisträger aus 6 Schulen des Landkreises Ebersberg mit Preisen im „Heimatkundlichen Wettbewerb“ geehrt. Alle Schülerarbeiten befassten sich mit aktuellen oder historischen Themen aus dem Landkreis. Niedergesäß betonte in seiner Ansprache, dass gerade in der heutigen Zeit, in der so viele Menschen entwurzelt und als Flüchtlinge in den Landkreis gekommen seien, der Begriff „Heimat“ neue Bedeutung erführe. Insofern habe sich bestätigt, dass der „Heimatkundliche Wettbewerb“ wichtig und ganz aktuell sei.
Selina Moosbauer erhielt den 1. Preis für ihre Seminararbeit und ihr Gedächtnisblatt über Andreas Lenz, der wegen seiner politischen Einstellung von den Nationalsozialisten im KZ Dachau eingesperrt worden war. Lenz ist später an den Folgen der KZ-Haft gestorben. Niedergesäß zeigte sich beeindruckt von diesem Einzelschicksal: Es mache deutlich, dass sich Verfolgung von politisch Andersdenkenden nicht wiederholen dürfe.
Bilder von der Preisverleihung im Landratsamt Ebersberg
Den zweiten und dritten Preis erhielten Florian Frieß und Helena Lettl für ihre Seminararbeiten über das Bauernsterben im Landkreis Ebersberg und die Geschichte des Klosters Ebersberg. Sieben Preise wurden für künstlerische Arbeiten vergeben. Es waren beeindruckende Projektarbeiten zu sehen, die sich mit Ansichten und Sehenswürdigkeiten befassten, darunter: „Geschichtsbücher für Groß und Klein“ und „Grafing von oben betrachtet“. Gedanken um die Themen Rassismus und Flüchtlinge spielten bei diesen Arbeiten eine Rolle: „Graffities gegen Fremdenhass“, Linoldrucke „Make Art not War“, „Markt Schwaben bekennt Farbe“. Alle Preisträger erhielten eine Urkunde und ein Preisgeld.
Sabine Gerhardus vom Gedächtnisbuch und Petra Köpf, Selinas Lehrerin am Gymnasium Grafing, freuten sich mit Selina über diese tolle Anerkennung. Selinas Mutter erinnerte sich, wie schwierig die Recherche manchmal war. Umso mehr freuten sich alle, dass Selinas Mühe sich gelohnt hat und Andreas Lenz´ Lebensgeschichte nun öffentliche Anerkennung findet. In ihren Dankesworten betonte Selina, dass die Begegnung mit Lenz´ Enkelinnen ein besonderes Erlebnis war. Karin Kraus, eine der Enkelinnen von Andreas Lenz, hat sich für die Preisverleihung extra freigenommen. Sie gratulierte Selina mit einem Blumenstrauß. Für sie und ihre Schwester Dagmar Dömling war die Beschäftigung mit der Geschichte ihres Großvaters etwas ganz Besonderes: Obwohl sie von ihrem Vater viel über den Großvater gehört hatten, erfuhren sie durch Selinas Recherche noch Neues. Wenn man sie und Selina jetzt zusammen sieht, spürt man, dass sie ein freundschaftliches Verhältnis verbindet.
22. Mai 2016
Namen statt Nummern: Ausstellung auf dem Katholikentag
Die Katholische Seelsorge an der KZ‑Gedenkstätte Dachau zeigt die Ausstellungen Namen statt Nummern und Geistliche im KZ Dachau vom 25. bis 29. Mai 2016 auf dem 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig. Mehrere Veranstaltungen begleiten die Präsentation.
Alojs Andritzki als Theologiestudent 1934
Am Donnerstag, den 26. Mai führt Ludwig Schmidinger (Katholische Seelsorge an der KZ‑Gedenkstätte Dachau / München und Freising) um 16.30 Uhr mit einem Vortrag „Geistliche im KZ Dachau“ in die Ausstellung ein. Ihre Recherchen zu den Geistlichen Hermann Scheipers, Karl Leisner sowie Alojs Andritzki präsentieren Wilma und Martin Geurts und Sylvia Zimmermann am Freitag, den 27. Mai um 17 Uhr. Am Samstag, den 28. Mai um 16.30 Uhr zeigt Hermann Josef Pape die Multivisionsshow „Lebenslauf des mutigen Zeit- und Glaubenszeugen Hermann Scheipers“.
Ausstellungs- und Veranstaltungsort:
St. Georg, Pfarrhaus Villa Goldene Höhe, Großer Pfarrsaal, Hoepnerstraße 17, 04157 Leipzig.
Agco und Maurycy sprachen als die jüngsten Redner bei den diesjährigen Gedenkfeiern zur Befreiung des KZ Dachau. Beide unterstützen das Gedächtnisbuch als Freiwillige der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Was bewegt sie besonders?
Agco Halmen bei der Gedenkfeier zum Todesmarsch
Agco Halmen sprach bei der Feier am Todesmarschdenkmal in Dachau. Wenn es um die vielen ermordeten Menschen geht, dann sind die großen abstrakten Zahlen kaum zu erfassen – das beschäftigt sie sehr. „Ich habe gemerkt, dass es nicht nur mir so geht, dass wir diese Zahlen so abstrakt sehen und nicht an den Menschen denken, der hinter jeder Nummer verborgen ist. Deshalb bin ich so froh im Projekt „Gedächtnisbuch für die Häftlinge des KZ Dachau“ zu arbeiten und dort Biographien einzelner Menschen kennenzulernen und zusätzlich selbst nach Biographien zu forschen. Erst wenn man sich mit einzelnen Menschen beschäftigt, kann man anfangen zu begreifen, wie riesig diese Tragödie war, was für Ausmaße sie auch jetzt noch hat auf Kinder, Enkel, Urenkel.“
Maurycy Przyrowski bei der Gedenkfeier am Schießplatz Hebertshausen
Anlässlich der Befreiungsfeier des KZ Dachau am Mahnmal für die ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen in Hebertshausen betonte Maurycyam authentischen Ort die Unfassbarkeit des Geschehens. Aber er denkt, dass das Gedenken die Zukunft positiv bewegen wird: „Niemand weiß, wie viele Menschen – zutiefst berührt von diesem Geschehen – alles Möglichen tun werden, damit sich die Geschichte nie wieder wiederholen wird!“ Seine Rede ist unter diesem Link auf der Website der Versöhnungskirche nachzulesen: http://versoehnungskirche-dachau.de/all/download/SuehnezeichenPrzyrowski.pdf .