Gedenkfeier zur Erinnerung an die Todesmärsche: „Wir dürfen den Rechtsradikalen nicht den öffentlichen Raum überlassen, da sonst die Demokratie Schaden nimmt!“

Für das Gedächtnisbuchprojekt war diese Veranstaltung von besonderer Bedeutung: Zu Abba Naor gibt es eine Biographie im Gedächtnisbuch. Das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg, dessen Vorsitzender Romani Rose ist, hat im Jahr 2008 die Internationale Wanderausstellung des Gedächtnisbuchs gezeigt. Diese Ausstellung zeigt ein Porträt des österreichischen Roma-Angehörigen Karl Wacker Horvath, für den es auch ein Gedächtnisblatt gibt. Andreas Pflock, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentationszentrums, hat mit Jugendlichen Biographien für das Gedächtnisbuch erarbeitet, eine davon für den deutschen Sinto Karl Pasquali.

Wir freuen uns, dass wir die Reden von Romani Rose und die Begrüßung des Dachauer Oberbürgermeisters Florian Hartmann im Original dokumentieren dürfen. Sie finden Sie in den nachfolgenden Posts.

 

Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, erinnerte an die Ermordung von 500.000 Roma und Sinti, an die Fortführung der rassenideologischen Denkweise der Nationalsozialisten bis weit in die Nachkriegszeit. Er erinnerte auch an den Kampf der Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma, sprach von Erfolgen auf dem Weg zur Gleichberechtigung, prangerte aber auch Missstände an: „Minderheiten wie Sinti und Roma, Juden oder Muslime müssen wieder einmal als Sündenböcke für ökonomische Fehlentwicklungen und soziale Verwerfungen herhalten. Rechte Parolen finden bis in die Mitte der Gesellschaft Widerhall.“

Rassismus und Populismus bedrohten nicht nur die Rechte von Minderheiten, sondern zielten auf das Herz der Demokratie, so Rose. „Jeder Brandanschlag auf ein Wohnheim für Asylsuchende und jeder Angriff auf einen Menschen anderer Hautfarbe ist ein Angriff auf unseren Rechtsstaat und das friedliche Zusammenleben in unserem Land. Wir dürfen den Rechtsradikalen nicht den öffentlichen Raum überlassen, da sonst die Demokratie Schaden nimmt.“

Rose rief Politik, Justiz und Gesellschaft dazu auf, rassistisches und menschenfeindliches Handel konsequent zu ächten und antirassistische Netzwerke zu unterstützen.

Sein Appell: „Die Errungenschaften der offenen Gesellschaft müssen wir gemeinsam verteidigen, für diese Werte müssen wir die junge Generation immer wieder neu gewinnen und begeistern.“

Im Anschluss an Romani Rose sprach der Überlebende des KZ Dachau, Abba Naor, der am 26. April 1945 als siebzehnjähriger auf den Todesmarsch geschickt wurde. Abba Naor hielt eine kurze Ansprache im Namen der anwesenden Zeitzeugen: „Wir brauchen uns nicht erinnern, weil wir nicht vergessen haben. Wir waren dabei.“ Seit 2006 ist Abba Naors Lebensgeschichte im Gedächtnisbuch nachzulesen. Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers ist er mit zwei seiner acht Urenkel angereist.

Aus den Erinnerungen ehemaliger Häftlinge zitierten Schüler und Schülerinnen des Josef-Effner-Gymnasiums. Die Veranstaltung wurde musikalisch von der Familie Huber-Ewald und vom Chor „Valentin Polanšek“ aus Slowenien begleitet. Der Chor wurde von dem Überlebenden des KZ Dachau, Valentin Polanšek, gegründet und steht bis heute in der Tradition des slowenischen Chores im KZ Dachau.

 (Text und Fotos von Sabine Gerhardus)

 

Henry (Heinz) Landman and the 70th Anniversary of the Liberation of Dachau

(Eine deutsche Übersetzung findet sich im nächsten Blogeintrag.)

Veronika Stumpf wrote the biography of Henry Landman for the book of remembrance some years ago. Many thanks to Rick Landman who wrote the following text about his fathers remembrance on the liberation of Dachau.

My father was so excited to be invited to the 70th Anniversary of the liberation of Dachau; for he was not only there at the liberation as an American soldier, but was also interned there as a Jew after Kristallnacht.  Sadly, he died shortly after receiving the invitation.  Over the years, he told me so many stories about Dachau, but I think this one is the most relevant for the 70th Anniversary of the Liberation. This is in remembrance of one of the stories my father told me.In 1945, the town of Dachau had one major road with a few side streets off to the sides.  When he arrived the street was full of people shouting, eating, looting, and running around either in exuberance of their new freedom or fear of what will happen next.   Colonel Porter gave him a jeep, and while riding down the street, a woman in a long black dress jumped into the middle of the street waving her hands trying to get my father’s attention. His jeep stopped and my father hopped out in his U.S. Army uniform, carrying his rifle and went up to her asked her what she wanted.  Her face showed a combination of urgency and fear, but she calmed down and motioned him to go with her into a small house with a bakery on the ground floor.  She wanted to get off the street before she would tell him why she was so frantic.  When inside, she explained that someone was hiding downstairs who wanted to surrender directly to an American soldier.  She said that she just wanted him out of her house and didn’t know what to do.

The man who ran into her store was still wearing his S.S. uniform and was more afraid of the newly liberated concentration camp prisoners than he was of the U.S. Army.  My father went down a spiral staircase pointing his rifle as he slowly descended, and there hovering in the corner, was probably a former Captain in charge of the S.S. officers at Dachau Concentration Camp.  When the Nazi officer saw my father, he stood up and saluted him with an American salute and he said that he wanted to surrender to an American, and be away from the mob of former inmates.  The whole thing was so bizarre to my father who could still remember being in Dachau as an inmate.  Even if this man was not the same Captain as in 1938, the thought of my father being the savior of an S.S. officer was quite ironic.  In retrospect, my father wondered if the Captain was actually the son of the screaming woman, and she tricked him into saving her son.

My father didn’t explain who he was and why he spoke German and just let them wonder if all of the U.S. soldiers were as conversant as he.  The Captain walked upstairs with his hands over his head, and then my father and the other soldier who was watching the jeep put the Captain on the hood of the jeep and told him to hold on to the metal bar that was attached to the front bumper.  This bar was the latest invention of the Americans to try to keep them from being decapitated.  The Germans would tie a thin wire around a tree on one side of the street and then cross the street and tie it to another tree, hoping that the American soldiers in the convertible jeeps would ride by and have their heads sliced off.

My father didn’t have to worry this day about any decapitation.  In addition to the outreaching metal stick, he had a Nazi officer in the front who would feel any wire before they would.  As my father drove down the main street of Dachau with this prominent Nazi on the hood, he remembered that six years earlier he was released from Dachau and was told that he better get out of Germany, because the next time he ended up in that camp, he wouldn’t be getting out alive.  Now six years later, he was an American soldier saving the life of a man in charge of all that killing.

Rückblick: Das Jahr 2014 im Gedächtnisbuchprojekt

Januar

Am Josef-Effner-Gymnasium präsentiert das W-Seminar „Biographisches schreiben“ die Arbeitsergebnisse in einer öffentlichen Veranstaltung. Ebenfalls an dieser Schule werden die Ausstellungen „Lager und Landkreis“ sowie „Namen statt Nummern“ gezeigt.

 Februar

Die Realschule Weichs zeigt die Ausstellung „Das Lager und der Landkreis“.

März

Die Ausstellung „Namen statt Nummern“ läuft in St. Louis (USA) an der Washington University.

Die Jahrespräsentation des Gedächtnisbuchs findet am 22.3.2014 in der Kirche des Klosters Karmel in Dachau statt.

April

Die Carroll University in Waukesha (USA) zeigt seit 4. April die Gedächtnisbuchausstellung “Namen statt Nummern“.

Die Versöhnungskirche in Dachau zeigt die Ausstellung „Das Lager und der Landkreis“.

 

Im Ernst Sillem Hoeve in Den Dolder in Holland präsentierten am 11. April die Verfasserinnen Tess Meerding und Sydney Weith ihr Gedächtnisblatt zu Ernst Sillem. Gleichzeitig wird die Ausstellung zum Gedächtnisbuch eröffnet.

 

Erinnerungsprojekte für Oberstufenseminare – „Gedächtnisbuch Dachau“ und „Jüdische Lehrer und Lehrerinnen in Bayern“, so lautet der Titel  eines Aufsatzes von Sabine Gerhardus, der im Band Erinnerungsort Schule. Praktische Anregungen für eine Gedächtniskultur im Schulalltag (Hg. Matthias Pflaum) erscheint.

 

Mai

Die NS-Opfer Johann Pflügler, Anton Felber, Albert Vettermann und Thomas Bleisteiner werden in Dachau mit Stolpersteinen geehrt. Bei der Verlegung durch den Künstler Gunter Demnig ist Oberbürgermeister Florian Hartmann anwesend. Die Recherche zum biographischen Hintergrund erfolgte im Rahmen der Geschichtswerkstatt und des Gedächtnisbuchs. Eine Abendveranstaltung beleuchtet die Lebensgeschichten und den künstlerischen und politischen Hintergrund der Stolpersteine.

 

Der Trägerkreis des Gedächtnisbuchs veröffentlicht einen Aufruf zur Lage in der Ukraine, der leider nicht allzu viel Widerhall findet.

 

Juni

In Rotterdam und Amsterdam finden Gedächtnisbuchpräsentationen statt.

 

Ein Abschlusstreffen des vergangenen W-Seminars am Josef-Effner-Gymnasium in Dachau findet mit allen projekteteiligten Schülerinnen und Schülern sowie dem betreuenden Lehrer Christoph Triebfürst statt.

 

Das Erzbischöfliche Ordinariat München unterstützt das Gedächtnisbuch mit einer Sonderförderung.

Zu einem Abschlusstreffen des vergangenen Freisinger W-Seminars treffen sich am 25. Juni einige Schülerinnen und Schüler, der betreuende Lehrer Andreas Decker, die Projektleiterin Sabine Gerhardus und Irene Stuiber vom Gedächtnisbuch-Team.

 

Juli

Sabine Gerhardus stellt das Gedächtnisbuchprojekt am Grafinger Gymnasium vor: Ein W-Seminar ist für das nächste Schuljahr geplant.

 

August

Zehn holländische Schüler starten ihre Recherche für‘s Gedächtnisbuch mit einem Besuch der Gedenkstätte Vught.

 

Der Jahresbericht 2013/14 des Freisinger Camerloher Gymnasiums enthält einen Bericht der Abiturientin Henriette Schulze zu ihrer Recherche über die Biographie der holländischen Widerstandskämpferin Renny van Ommen.

 

Für die beiden Freiwilligen der Aktion Friedenszeichen Sühnedienste Lynn Williams und Jan Kwiatkowski endet der Freiwilligen-Dienst in Dachau. Beide bleiben dem Gedächtnisbuch verbunden.

 

September

In Bayern beginnt das neue Schuljahr – und mit ihm ganz offiziell das W-Seminar zum Gedächtnisbuch im Gymnasium Grafing.

 

KLEIO, eine niederländische Zeitschrift für Geschichtslehrer, veröffentlicht in ihrer Septemberausgabe den Erfahrungsbericht von Gijs Berendse, holländischer Teilnehmer am Gedächtnisbuch.

 

Die neuen ASF-Freiwilligen Mayya Bakulina (23) und Kat Semel (23) unterstützen ab Mitte September 2014 das Gedächtnisbuch-Team.

 

Oktober

Die Katholische Landvolkshochschule Petersberg zeigt alle drei Ausstellungen rund ums Gedächtnisbuch. Zu sehen sind die 25 Banner der Ausstellung „Namen statt Nummern“ sowie die Ausstellungen „Geistliche im KZ Dachau“ und „Das Lager und der Landkreis Dachau“.

 

November

Das King’s College in Ontario, Kanada, zeigt vom 5.-14.11.2014 die Ausstellung „Names Instead of Numbers“.

 

Die Geschichtswerkstatt im Landkreis Dachau legt eine Broschüre über ihre bisherigen Ergebnisse vor: „Geschichtswerkstatt. Vom Projekt zur Bürgerbewegung“. Mit dabei: Das biographische Projekt des Gedächtnisbuchs „Das Lager und der Landkreis Dachau“.

 

In Hebertshausen, Ortsteil Ampermoching, im Landkreis Dachau wird ein neuer und zugleich alter Gedenkstein für die Opfer des Nationalsozialismus eingeweiht. Er war von Teilnehmern am biographischen Projekt während ihrer Recherchen in verwahrlostem Zustand entdeckt worden, nun hat er einen würdigen Platz gefunden.

 

Jana Schmitt, W-Seminar-Teilnehmerin in Bamberg, erhält für ihre im Rahmen des Gedächtnisbuchs entstandene Seminararbeit über Justin Fränkel den Preis des Bayerischen Clubs.

 

Rabbi Erwin Schild spricht auf der Dachauer Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht. Ein Gedächtnisblatt über sein Leben gibt es seit 2005, ein Banner zu seiner Biographie findet sich in der Ausstellung „Geistliche im KZ Dachau“ und in der englischen Version der Internationalen Wanderausstellung „Namen statt Nummern“.

 

 

30 Jahre Förderverein – wir gratulieren!

Am 25. November feiert der Förderverein für Internationale Jugendbegegnung und Gedenkstättenarbeit in Dachau e.V. seinen 30. Geburtstag. Wir gratulieren! 108 Personen und Organisationen fanden sich zur Vereinsgründung zusammen. Erster Vorsitzender des Vereins war Rolf Hanusch.

Vorangegangen war eine dreijährige Planungsphase in einem Initiativkreis. Den Anstoß zu dessen Gründung hatte Barbara Distel, Leiterin der Gedenkstätte, gegeben. Mit dabei war Ernst Grube, heute noch stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins.

Der Initiativkreis traf sich meist im Hinterzimmer der Gaststätte Unterwirt in der Dachauer Altstadt. Irene Stuiber saß damals mit am Tisch und erinnert sich an die zähen Debatten: „Rolf Hanusch hatte die Gabe, die Diskussionen so zu moderieren, dass sich aus scheinbar unüberwindbaren Interessen- und Meinungsgegensätzen ein Konsens herausschälte.“

Der Förderverein konstituierte sich unter dem Namen „Förderverein Internationale Jugendbegegnungsstätte in Dachau e.V.“. Das Projekt Jugendbegegnungsstätte war damals auf lokaler und landespolitischer Ebene mehr als umstritten, der Verein hatte mit heftiger Ablehnung zu kämpfen. Es dauerte lange, bis sich die Idee durchsetzte und schließlich 1998 das Jugendgästehaus in Dachau eröffnet wurde. Nicht ganz das, was der Förderverein erreichen wollte – aber immerhin! Auf die veränderte Sachlage reagierte der Verein schließlich mit einer Namensänderung.

Auch der Impuls zur Gründung des Gedächtnisbuchs ging 1999 vom Vorstand des Fördervereins aus. Vorstandsmitglied Klaus Schultz und Uwe Neirich, pädagogischer Mitarbeiter des Fördervereins, kannten das Gedenkbuch der Alten Synagoge Essen und wollten etwas Ähnliches auch in Dachau ins Leben rufen. Einig war sich der Fördervereins-Vorstand darin, das Projekt auf eine möglichst breite Basis zu stellen und weitere Organisationen mit ins Boot zu holen. So entstand der Trägerkreis des Gedächtnisbuchs.

 

„Erinnern-erkennen-handeln. Warum beschäftigen wir uns mit der regionalen Geschichte?“ – Einladung zur Veranstaltung

Unter dem Titel

Erinnern-erkennen-handeln
Warum beschäftigen wir uns mit der regionalen Geschichte?
wird Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler auf der Veranstaltung des Dachauer Forums am
Dienstag, den 9.9.2014, um 19.30 Uhr
 
im Ludwig-Thoma-Haus in Dachau, Augsburgerstr. 23,ein etwa 20minütiges Impulsreferat halten und anschließend drei Thesen zur Diskussion stellen.

Für die Teilnehmer der Veranstaltung gibt es außer einer hoffentlich anregenden Diskussion das neue Programmheft des Dachauer Forums und ein Glas Sekt. Die Eintrittsgebühr beträgt 9 Euro.
Das Dachauer Forum ist einer der Träger des Gedächtnisbuchs, das Thema der Veranstaltung betrifft ein Grundanliegen des Projekts.
 

 

V.r.n.l.: Jan Kwiatkowski, Anne Katrin Scheffbuch, Klaus Schultz, Lynn Williams

ASF-Freiwillige berichten über ihre Erfahrungen im Team des Gedächtnisbuchs

Anne Katrin Scheffbuch, Koordinatorin des Deutschlandprogramms von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF),  besucht zum ersten Mal die Einsatzorte der Freiwilligen in Dachau, hier im Büro des Gedächtnisbuch-Projekts beim Dachauer Forum. Im Gespräch mit Lynn Williams, USA, und Jan Kwiatkowski, Polen, der Projektleiterin des Gedächtnisbuch-Projekts Sabine Gerhardus (nicht im Bild) und dem Diakon der Evangelischen Versöhnungskirche, Klaus Schultz, geht es darum, die Erfahrungen der Freiwilligeneinsätze auszuwerten. (SG)

Fotos: Verlegung Stolpersteine in Dachau

Heimgartenstraße 14, Stolperstein für Johann Pflügler

 

Zunächst muss der städtische Bauhof ran

 

Gunter Demnig beim Verlegen des Steins

 

 

 

 

Der Enkel des Geehrten (links) und Dachaus OB Florian Hartmann (rechts)
Gruppenbild mit der Delegation aus Klagenfurt

Wieningerstraße 10 – Stolperstein für Thomas Bleisteiner

 

 

Zuerst wird verlegt

 

Dann kommt das Gruppenbild

 

Annerose Stanglmayr, Susanne Görres, Sabine Gerhardus

 

OB Hartmann im Gespräch mit der Presse