„Zeit für Bildung“ – Landesdelegiertenkonferenz des BLLV

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„Zeit für Bildung“ lautete das Motto der Landesdelegiertenkonferenz des BLLV am 15. Mai. Dahinter verbirgt sich eine der zentralen Forderungen des Verbands: „Der Druck auf die Schule wächst, die Aufgaben nehmen zu, die Erwartungen steigen. Mangel an Zeit wird von Lehrerinnen und Lehrern in diesem Kontext als zentrales Problem der heutigen Schule erlebt.“

Sabine Gerhardus besuchte die Festveranstaltung: „Der Landesgeschäftsführer Dr. Reithmeier, dem wir ja die Kooperation mit dem Gedächtnisbuch und das Biographie-Projekt über jüdische und verfolgte Lehrer in Bayern zu verdanken haben, hat den Empfang organisiert. Ich fand es ganz toll, wie es ihm gelungen ist, eine Veranstaltung, bei der verbands- und bildungspolitische Fragen diskutiert werden, sehr unterhaltsam zu gestalten! Die Clowns waren wirklich klasse, sie führten akrobatisch und pantomimisch in die Themen ein und leiteten jeweils zum nächsten Redner über.“

Die Landesdelegiertenkonferenz verabschiedete den bisherigen Präsidenten Klaus Wenzel, der jedes Jahr der Präsentation der neuen Gedächtnisblätter beigewohnt hat. Er stellte sich nach 8 Jahren Amtszeit aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl. Die Landesdelegiertenkonferenz wählte die neue Vorsitzende Simone Fleischmann, Lehrerin und Schulleiterin einer Grund- und Mittelschule in Poing. Auch als Schulpsychologin war sie lange Zeit aktiv. Sie möchte den kämpferischen Weg ihres Vorgängers fortsetzen, der sich nie scheute, mit klaren Positionen an die Öffentlichkeit zu treten.

W-Seminar Grafing: Rechercheaktivitäten für die Biografie

Sabine Gerhardus im Gespräch mit Katharina Steinegger Foto: Julian Monatzeder
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Foto: Julian Monatzeder
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Foto: Julian Monatzeder

Die Pfingstferien nutzten Schüler des W-Seminars am Gymnasium Grafing für die Arbeit an ihrer Gedächtnisbuch-Biographie: Im Juni sollen sie ihre Forschungsergebnisse vor dem Kurs präsentieren – das ist nicht nur eine Gelegenheit, sich zu vergewissern, ob die Recherche bisher gut gelaufen ist und bald abgeschlossen werden kann, sondern es gibt auch Noten. Ein Grund mehr, sich in der schulfreien Zeit nochmal richtig reinzuknien.

Die Schüler haben schon ziemlich viel über ihre Person herausgefunden, die Biographien – bisher in tabellarischen Lebensläufen übersichtlich geordnet – werden immer detailreicher. Einige Schüler nutzten die Gelegenheit, sich in den Ferien nochmal ausführlich beraten zu lassen. Im Laufe der Recherche tauchen immer wieder neue Fragestellungen auf, manchmal lassen sich zu einer Lebensstation einfach keine Quellen finden. Yannick hatte eher das gegenteilige Problem: Wie aus einem mehrere tausend Seiten umfassenden Bestand das wichtige rausfinden?

Selina kam, um ihr Interview mit Angehörigen vorzubereiten und sich noch Tipps für die Recherche zu holen.

Katharina Steinegger hat bereits einen detailreichen Lebenslauf über den Münchner jüdischen Lehrer Ferdinand Kissinger zusammengestellt. Sie sucht nach einer Personalakte bzw. einer Quelle, die den ersten Anstellungsort Willmars in Unterfranken belegt bzw. Auskunft geben kann, von wann bis wann Kissinger dort angestellt war. Außerdem wirft das Schicksal von Kissingers geschiedener Ehefrau Fragen auf – sie wurde 1930 in die Universitätsklinik für Gemüts- und Nervenkranke in Frankfurt/Main eingewiesen und starb noch vor 1941 unter bisher ungeklärten Umständen im Ausland. Ich hoffe, dass ich Katharina mit dem Kontakt zu dem renommierten Dachauer Medizinhistoriker Gerrit Hohendorf weiterhelfen kann, der maßgeblich an der Erforschung der Bestände der NS-Krankenmorde beteiligt war.

Katharina nutzte den Besuch in Dachau gleich doppelt: Sie hatte den KZ-Gedenkstätten-Besuch in der 10. Klasse nicht mitmachen können und holte dies nun gleich nach: Maya Bakulina, ASF-Freiwillige der Versöhnungskirche und des Gedächtnisbuchs begleitete Katharina bei ihrem Besuch. Mit dabei war auch ein Filmteam des BLLV, das einen Kurzfilm über das Projekt Erinnern des BLLV vorbereitet. Die Fotos, die wir hier zeigen, stammen aus dem Filmmaterial!

Jana Schmitt für herausragende Seminararbeit ausgezeichnet

 

20.11.2014 im „Haus der klügsten Köpfe“: Die Präsidentin des Bayerischen Landtags Barbara Stamm  und der Präsident des „Bayerischen Clubs“ zeichnen Jana Schmitt im Lesesaal des Maximilianeums zusammen mit sechs weiteren Abiturientinnen und einem Abiturienten für ihre Seminararbeiten aus.
Alle Arbeiten befassen sich auf hervorragende Weise mit einem Thema der bayerischen Geschichte und Kultur. Barbara Stamm möchte angesichts des zunehmenden Verlusts von Identität durch die Globalisierung Heimatbewusstsein fördern: Dies habe keineswegs mit Rückständigkeit zu tun, betont sie: „Um die Zukunft erfolgreich zu gestalten, muss man seine Wurzeln kennen.“

Jana Schmitt erhält den Preis für Oberfranken. Die Laudatio hält Albert Scharf, Präsident des Bayerischen Clubs, ein Verein zur Förderung der Bayerischen Kultur. Jana Schmitts Arbeit entstand in Kooperation mit dem Gedächtnisbuch Dachau und dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband. Scharf: „Frau Schmitt gelingt ein Gesamtbild in präziser und nüchterner Weise, das das Schicksal dieser verdienten jüdischen Lehrer zeichnet.“ Jana strahlt mit den anderen Preisträgern um die Wette. Doch beim anschließenden Sektempfang erzählt sie: „Am wichtigsten ist mir aber die Anerkennung der Familie von Justin Fränkel. Sie haben sich so über meine Arbeit gefreut, und vor allem darüber, dass sich jemand wirklich für die Geschichte von Justin interessiert!“ Zum Dank hat die Familie Jana schon mehrmals nach New York eingeladen. Erst das Preisgeld ermöglicht ihr jetzt, die Einladung anzunehmen und die Tochter und den Enkel Justin Fränkels persönlich kennenzulernen!

 

Die Gruppe der Preisträger

 

„Sie haben alle hervorragende Seminararbeiten zu Themen mit bayerischem Bezug verfasst“, lobt Ministerialdirigent Walter Gremm. Aus Sicht des Kultusministeriums zeige dies die hervorragende Qualität des Bayerischen Gymnasiums. Gremm wünscht sich, dass die Vereine, die sich „nur mit den Strukturen“ befassten und so viel kritisierten, „mal mit den herausragenden Leistungen auseinandersetzen würden“. Er geht aber nicht darauf ein, dass einer dieser „Vereine“, nämlich der BLLV, die Arbeit einer der Preisträgerinnen durch das Projekt „Jüdische Lehrer in Bayern“ angestoßen und intensiv betreut hat. „Die Preisverleihung in den Räumen des Maximilianeums bedeutet eine besondere Art der Wertschätzung.“, so Gremm.

Der Bayerische Club fördert Auseinandersetzung der jungen Menschen mit der Bayerischen Geschichte und Kultur. Scharf möchte die Preisverleihung als Anstoß verstanden wissen, „dass auch Lehrpläne und Unterricht mit diesen Themen ausgestattet werden.“ Dies sei nicht mehr selbstverständlich, es sei viel Substanz verloren gegangen. „Was uns bewegt, ist die bayerische Geschichte.“, so Scharf. Zum ersten Mal wurden die diesjährigen preisgekrönten Arbeiten sogar in einem Sammelband publiziert.

 

Den musikalischen Rahmen gestaltet die ehemalige Schülerband Animal Lake. Es gibt sogar eine „Welturaufführung“ zu Ehren der frisch aus der Schule Entlassenen: „Und irgendwann fahr ich fort“.

Veröffentlichung:

Abiturientenpreise 2014 des Bayerischen Clubs. Die besten Seminararbeiten im Rahmen des Abiturs an bayerischen Gymnasien, die sich in herausragender Weise mit einem kulturbezogenen bayerischen Thema befassen. Zusammengestellt vom „Bayerischen Club“ in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (nicht im Buchhandel erhältlich)

(Text von Sabine Gerhardus)

„Ich hab mich wahnsinnig gefreut!“ – Jana Schmitt erhält Preis des Bayerischen Clubs für ihre Biographie eines jüdischen Lehrers

Für ihre Biografie des jüdischen Lehrers Justin Fränkel erhält Jana Schmitt den Abiturientenpreis des Bayerischen Clubs. Alljährlich verleiht der Club Preise für die besten schriftlichen Abiturarbeiten, Jana Schmitt erhält den Preis für den Bezirk Oberfranken. Wir gratulieren!

 Die Preisträgerin hatte am W-Seminars Gedächtnisbuch des Eichendorff-Gymnasiums in Bamberg teilgenommen und eine Biografie über den jüdischen Lehrer Justin Fränkel geschrieben. Dies geschah im Rahmen des Projekts zu jüdischen Lehrerinnen und Lehrern des BLLV, einem engen Kooperationsprojekt des Gedächtnisbuchs.
Der Autorin gelang es, zahlreiche Archivalien auszuwerten und mehrere Angehörige von Justin Fränkel telefonisch zu interviewen. Dadurch konnte sie die Lebensgeschichte Fränkels rekonstruieren: Der jüdische Lehrer hatte während der Weimarer Republik in Ebelsbach, Gleisenau, Hofheim-Leudershausen, Erlangen und Bamberg unterrichtet. 1937 wurde er von den Nationalsozialisten aufgrund haltloser, ausschließlich antisemitisch begründeter Anschuldigungen verhaftet, einige Monate später wieder freigelassen. Fränkel emigrierte in die USA und lebte dort bis zu seinem Tod 1984.

 Alexandra Franze, die als Lehrerin das W-Seminar am Bamberger Eichendorff-Gymnasium betreut hat, reichte die Seminararbeit von Jana Schmitt für den Preis des Bayerischen Clubs ein. In einem Gutachten bescheinigt Alexandra Franze der Schülerin überdurchschnittliches Engagement bei ihren Forschungen, Eigenständigkeit, Gewissenhaftigkeit und Kompetenz.

Jana Schmitt macht zurzeit ein Freiwilliges Ökologisches Jahr auf Fehmarn. „Mit dem Preis hatte ich gar nicht gerechnet. Als Sie mich angerufen haben, um mir zu gratulieren, habe ich erst gar nicht verstanden wofür. Als ich dann aufgelegt habe, bin ich erstmal mit einer guten Freundin durch unseren Aufenthaltsraum getanzt und hab mich wahnsinnig gefreut.“, schreibt uns die Preisträgerin.

 

W-Seminar Grafing: Werkstattordner und Vorschlagslisten

Die Ausgabe von Werkstattordnern stand auf dem Programm des Grafinger W-Seminars am 2. Oktober 2014. Der spannendste Programmpunkt waren aber die Vorschlagslisten: Aus einer Namensliste mit kurzen biographischen Stichworten können die Schüler nun die Person wählen, der sie sich in ihrer Seminararbeit und ihrem Gedächtnisblatt biographisch-forschend nähern wollen. Zur Auswahl stehen jüdische Lehrerinnen und Lehrer für das BLLV-Projekt und Personen, die während der NS-Zeit im KZ Dachau inhaftiert waren.

(Foto: BLLV)

 

Wer macht was? Erstes Arbeitstreffen im Grafinger W-Seminar

Schon ziemlich zur Sache ging es am 17. Juli  bei einem Arbeitstreffen mit den Schülerinnen und Schülern aus Grafing, die das W-Seminar Gedächtnisbuch ab dem kommenden Schuljahr belegen wollen. Die Schüler hatten Gelegenheit, ihre Erwartungen und Interessen zu schildern, damit ihnen am Anfang des Seminars passende Biographie-Projekte vorgelegt werden können. Diese Projekte betreffen dann entweder das Gedächtnisbuch für Dachauer Häftlinge oder das BLLV-Projekt „Jüdische Lehrer und Lehrerinnen in Bayern“. Sabine Gerhardus, Projektleiterin, meint: „Wenn das Interesse an der Person gegeben ist, schaffen das die meisten gut!“

 

 

(Foto: BLLV)

 

Unterzeichnung des BLLV-Gedächtnisblatts für Friedrich Reuß

Am 19. Juli wurde das BLLV- Gedächtnisblatt für Friedrich Reuß in München unterzeichnet. Mit dabei waren die Verfasserin des Gedächtnisblatts aus Bamberg, Christina Ther, ihre Mutter und die Enkel des politisch verfolgten Lehrers Friedrich Reuß. Christina Ther hatte die Biographie im Rahmen eines W-Seminars in Bamberg verfasst.

Sabine Gerhardus, Projektleiterin des Gedächtnisbuchs, schreibt dazu: Es war ein schöner Abschluss für alle Beteiligten nach einer sehr engagierten und aufwändigen Recherche zu einer ganz ungewöhnlichen Biographie. Reuß war ein intellektueller Freigeist, christlich, mit einer jüdisch-russischen Frau verheiratet, der in Bamberg in den 1920er Jahren philosophische Gesprächskreise veranstaltete und sich für die russische Kultur und Sprache interessierte. Das und seine familiären Verhältnisse waren für die Nazis Grund genug für eine Inhaftierung bereits 1933. Reuß floh anschließend mit Frau und Kind über Berlin nach Moskau, wo er wenige Jahre später aus ungeklärten Umständen starb. Seine Frau starb in der Verbannung, die Tochter kam als Flüchtling mit ihrer Familie wieder zurück nach München, wo die Enkel heute noch leben.

Aufsatz stellt Erinnerungsprojekte für Oberstufe vor

Erinnungerungsprojekte für Oberstufenseminare – „Gedächtnisbuch Dachau“ und „Jüdische Lehrer und Lehrerinnen in Bayern“; so lautet der Titel  eines Aufsatzes von Sabine Gerhardus. Der Text informiert über die biographische Arbeit insbesondere in W-Seminaren und bringt Hintergrundinformationen zu beiden Projekten. Eine DVD liegt bei.

Der Band ist nicht im Buchhandel erhältlich, sondern kann gegen Erstattung der Schutzgebühr (18 Euro) und der Versandkosten bei der Gymnasialpädagogischen Materialstelle bestellt werden: www.materialstelle.de .

Sabine Gerhardus: Erinnungerungsprojekte für Oberstufenseminare – „Gedächtnisbuch Dachau“ und „Jüdische Lehrer und Lehrerinnen in Bayern. In:  Erinnerungsort Schule. Praktische Anregungen für eine Gedächtniskultur im Schulalltag“, S. 65-75. Hg. von Matthias Pflaum. (Themenfolge 149, Reihe Erinnern, um Neues zu wagen, Arbeitshilfe für den evangelischen Religionsunterricht an Gymnasien, Gymnasialpädagogische Materialstelle der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Erlangen 2014)

Archivbesuche fürs Gedächtnisbuch

Die Projektleiterin Sabine Gerhardus hat am 3. April das Hauptstaatsarchiv und das Staatsarchiv in München besucht. Neben Archivrecherchen in Sachen Stolpersteine ging es ihr auch um Gespräche mit den Verantwortlichen. Allzu oft wird es schwierig bei Gedächtnisblättern oder bei Biografien für das Biographieprojekt des BLLV, wenn es sich um Bildrechte und um Schutzfristen dreht. Einige Abläufe lassen sich standardisieren und diese Chance will das Gedächtnisbuch nutzen.