Interview: Maeva Keller erzählt von ihrer Arbeit an einer Biographie Charles Destraints

Maeva Keller, Freiwillige von Aktion Sühnezeichen im Gedächtnisblatt-Projekt, erzählt in einem Interview von ihrer Arbeit an dem Gedächtnisblatt für den französischen General Charles Delestraint.

Maeva, du erarbeitest gerade ein ganz neues Gedächtnisblatt?

Ja, ich arbeite an einer Biographie von Charles Delestraint, das war ein General der französischen Armee. Er war Häftling in Dachau und wurde in Dachau im April 1945 ermordet.

Wie bist du dazu gekommen, über Charles Delestraint schreiben zu wollen?

Ich war im Archiv in der Gedenkstätte und habe gesehen, dass viele französische Häftlinge in Dachau inhaftiert waren. Mich haben besonders Nacht-und-Nebel-Häftlinge interessiert, also die Gefangenen, deren Familien nichts über ihren Aufenthaltsort wissen durften, die keinen Kontakt zu ihren Familien hatten. Delestraint ist interessant, er war nicht nur Nacht-und-Nebel-Häftling, er war auch eine offizielle Person –  und dieser Personenkreis ist unter den Biographien französischer Häftlinge im Gedächtnisbuch bisher eher nicht vertreten.

Wie läuft die Arbeit an der Biographie bisher?

Ich schreibe auf Französisch, aber mein Vater spricht sehr gut Deutsch, so dass es ein zweisprachiges Gedächtnisblatt geben wird. Ich habe die Familie von Charles Delestraint gefunden und ich habe von der Familie viele Bilder bekommen. Ich bin noch nicht fertig mit dem Gedächtnisblatt, aber ich habe einen großen Teil der Recherche schon erledigt.

Warst du in Archiven, was für Material verwendest du?

Ich war wie schon erwähnt in Dachau im Archiv und ich habe eine Anfrage an das ITS-Archiv in Arolsen gestellt. Und ich habe Literatur gefunden: Es gibt eine französische Doktorarbeit über Charles Delestraint, die Doktorarbeit eines Historikers. Der Verfasser war Delestraints Sekretär während der Besatzungszeit, eigentlich ein Doktor der Medizin, aber er hat als Rentner dann noch einen Doktor in Geschichte gemacht. Diese Arbeit ist sehr umfangreich. Viele Quellen sind in Französisch, aber die Dokumente der Nazis sind auf Deutsch – die Dokumente sind also halb französisch, halb deutsch.

Wie geht es dir mit der Arbeit an der Biographie, ist es immer noch interessant?

Ja, ja, es ist wirklich sehr interessant. Es gibt zwar Zeiten, da denke ich, oh, es ist zu viel, zu viel Material, wie soll ich das alles verarbeiten? Aber dann geht es doch. Und es ist interessant, denn ich weiß zwar etwas über Charles de Gaulle, alle Franzosen wissen etwas über Charles de Gaulle, aber nicht viel über andere Angehörige des Widerstands. Delestraint ist in Frankreich geblieben und er war der Chef der französischen Geheimarmee.

Was geschieht weiter mit deiner Arbeit?

Ich werde die Biographie am 22. März bei der Jahrespräsentation des Gedächtnisbuchs vorstellen.

(13.2.2019; Interview und Foto: Irene Stuiber)