Highlights in 25 Jahren Gedächtnisbuch

Wir haben Sabine Gerhardus nach den Highlights in 25 Jahren Gedächtnisbuch gefragt. Hier ihre Antwort.

Sabine Gerhardus bei der 25. Jahrespräsentation des Gedächtnisbuchs

Sabine Gerhardus kommt ins Nachdenken, als ihr die Frage nach den Highlights in der Geschichte des Gedächtnisbuchs gestellt wird. „Da gab‘s schon mehrere!“ meint sie. „Da muss ich jetzt überlegen.“ Sie entschließt sich zu einem chronologischen Blick in die Vergangenheit des Gedächtnisbuchs:

Train Fantôme – der Geisterzug

Das erste große Highlight, das mir einfällt, war das erste Mal, wo ich mit einer Gruppe gearbeitet habe. Das war das Train Fantôme-Projekt. 2004, noch am Anfang des Gedächtnisbuchs.

Zufällig ist jemand auf uns gestoßen von der Amicale in Wettenberg, die mit mit der südfranzösischen Stadt Sorgues eine Partnerschaft hatte. Die hatten damals gerade entdeckt, dass der Train Fantôme, also dieser Geisterzug, im Sommer 1944 durch Südfrankreich gegangen ist und vor Sorgues gehalten hat. Die Häftlinge mussten zu Fuß nach Sorgues laufen und die Bürger von Sorgues haben versucht, ihnen zu helfen.

Dadurch hat sich in der  Nachkriegszeit eine Amicale in Sorgues gegründet, die sich um den Erhalt der Erinnerung an diesen Deportationszug gekümmert hat. Wir konnten eine Kooperation mit dieser Amicale starten und sind dann mit einer Schülergruppe von verschiedenen Schulen hier aus Deutschland, die damals noch Leistungskursarbeiten geschrieben haben, nach Südfrankreich gefahren zu einer Jahresfeier. 60 Jahre waren das damals. Wir haben teilgenommen und konnten auch mit Überlebenden sprechen. In diesem Rahmen sind einige Biografien von Deportierten des Train Fantôme entstanden. Das war ein großes Highlight.

Internationale Wanderausstellung

Ein weiterer Höhepunkt war die Erstellung der Internationalen Wanderausstellung. Das gelang in einem EU-geförderten Programm und brachte einen großen Aufmerksamkeitsschub. Bis dahin war es so, dass das Gedächtnisbuch vor allem hier in Dachau wahrgenommen worden ist, weil man die Gedächtnisblätter in der Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte einsehen konnte.

Die Ausstellung ist in fünf Sprachen erschienen, das war europaweit. Als dann die englischsprachige Ausstellung auch in Amerika und Kanada gezeigt wurde, hat das noch eine ganz andere Art der Aufmerksamkeit gebracht.

Arbeit mit Überlebenden

Ein großes Highlight war immer die Arbeit mit den Überlebenden. Wir hatten einen Ukraine-Schwerpunkt im Projekt. Da haben wir ganz viel mit Ukraine-Überlebenden zusammengearbeitet. Es sind Werkstattgruppen in der Ukraine gegründet worden, dort haben Schüler und Studenten Interviews mit Überlebenden gemacht. Sie sind dann, 2007 glaube ich, nach Dachau gekommen und haben ihre Biographien präsentiert.

Gedächtnisbuch Niederlande

Es gab eine Kooperation mit einem ehrenamtlichen Mitarbeiter in Amsterdam, mit Jos Sinnema, der über viele Jahre ganz tolle Projekte in Amsterdam oder an anderen Orten in den Niederlanden gemacht hat. Er hat mit Schülern zusammengearbeitet und sich jedes Jahr am Projekt beteiligt.

Er hat viel mit den Überlebenden, die es in den Niederlanden noch gab, zusammengearbeitet und dann immer mit den Schülern und den Überlebenden am 22. März die Jahrespräsentation in Dachau besucht. Hier wurden die Biografien dann präsentiert.

2015 hat er ein großes Projekt in den Niederlanden initiiert auf der Basis der Gedächtnisblätter, die in den Niederlanden entstanden sind. Es gab eine Zusammenarbeit mit dem Widerstandsmuseum in Amsterdam, wo eine Sonderausstellung kuratiert wurde auf der Grundlage dieser Gedächtnisblätter. Sie zeigte Gegenstände von ehemaligen niederländischen Häftlingen und auch mit dem, was die Schüler da an Erinnerungsarbeit beigetragen haben. Die Ausstellung war ein halbes Jahr im Widerstandsmuseum zu sehen. Sie wurde von König Wilhelm Alexander eröffnet.

Dazu gab es eine Theateraufführung mit den Schülern und Schülerinnen und der Überlebenden Willemijn Petroff-van Gurp, die damals noch gelebt hat. Ja, das war viel und große Aufmerksamkeit und eine tolle inhaltliche Arbeit, die da gemacht wurde.“

(12.1.24; IS)