Gedenkveranstaltung Todesmarsch: „Wir müssen wachsam sein und wir müssen wieder handeln“
Sehr besorgt angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen zeigten sich beide Redner der Gedenkveranstaltung zum Todesmarsch am 28. April in Dachau. Es sprachen der KZ-Überlebende Abba Naor und Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler.
„Diejenigen, die nicht mehr laufen konnten, sind erschossen worden, ganz einfach. Man hörte jedesmal einen Knall. Man wusste, noch einer ist weg.“, erinnerte sich der 90jährige Abba Naor an den Todesmarsch. Er sei in den letzten Jahrzehnten sehr oft in Deutschland gewesen, hätte oft mit jungen Menschen in Schulen gesprochen, sagte Naor, und er hätte einen wiedererstehenden Antisemitismus nicht für möglich gehalten. „Ich bin kein religiöser Mensch, aber demnächst werde ich mit der Kipa gehen. Mal sehen.“ Er hoffe darauf, dass der Antisemitismus und das Erstarken der rechten Parteien nur eine Übergangssache sei. „Die jungen Menschen werden es nicht zulassen.“
Susanne Breit-Keßler erinnerte warnend an die Teilnehmer des letzten Opernballs und analysierte Inhalt und Sprache einer menschenverachtenden Anfrage der AfD im Bundestag. Sie zitierte Rabbi Erwin Schild, der schreibt, dass seine Eltern als aufgeklärte Menschen in den 20er Jahren den Holocaust und die Verbrechen der Nationalsozialisten für vollkommen unmöglich gehalten hätten. Die Schlußfolgerung der Bischöfin: „Wir müssen wachsam sein und wir müssen wieder handeln.“ Sie betonte, junge Menschen müssten erkennen, „welche Lust es ist, in kultureller, nationaler und auch religiöser Vielfalt zu leben.“ Als wegweisendes Dachauer Projekt nannte Susanne Breit-Keßler das Gedächtnisbuch.
Begrüßt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung vom Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann. Aus Erinnerungen von Menschen, die den Todesmarsch erleiden mussten, lasen Gerd Modert vom Dachauer Forum und Maja Lynn, Freiwillige der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Dachau.
Fotos
(30.4.2018; Text/Fotos: Irene Stuiber)