Gedenkfeier in Dachau
Am 8. November 2023 wurde in Dachau bei einer Gedenkfeier an die von den Nazis vertriebenen und verfolgten jüdischen Familien gedacht. Bei dieser Gelegenheit unterzeichneten die Nachkommen von Vera Neumeyer das ihr gewidmete Gedächtnisblatt.
Am 8. November, dem 85. Jahrestag der Vertreibung von Vera, Ruth und Raimund Neumeyer aus Dachau, waren die vier Enkel von Vera Neumeyer auf Einladung der Stadt Dachau zu einer Gedenkfeier eingeladen. Die Gedenkfeier fand am Abend im Ludwig-Thoma-Haus statt.
In einer bewegenden Podiumsdiskussion sprachen die Nachkommen von drei ehemaligen Dachauer Familien, Jaffé, Wallach und Neumeyer, über ihre verfolgten Eltern, Groß- und Urgroßeltern und auch darüber, wie sie selbst mit dem Erbe dieser schweren Erinnerungen leben.
Das Gespräch wurde mit viel Empathie von dem Dachauer Psychotherapeuten Jürgen Müller-Hohagen moderiert, der sich aber an diesem Abend „in erster Linie als Nachbar“ sah: Er und seine Frau Ingeborg leben neben dem ehemaligen Wohnhaus der Neumeyers. Beide halten seit Jahren Kontakt zu den Nachkommen der aus Dachau Vertriebenen und kümmerten sich in den drei Tagen ihres Besuchs in Dachau um die Gäste.
Dieses persönliche freundschaftliche Verhältnis und Müller-Hohagens Expertise mit den über Generationen wirkenden Folgen von verfolgungsbedingten Traumata schafften eine Atmosphäre, in denen die Nachkommen auch über schmerzhafte Erinnerungen sprechen konnten. Es war ein ganz besonderer Abend, der deutlich machte, dass die Erinnerungsarbeit nichts von ihrer Notwendigkeit und Aktualität verloren hat.
Das Foto zeigt Vera Neumeyers Nachkommen beim Unterzeichnen des Gedächtnisblatts. Das Gedächtnisblatt erzählt die Geschichte der Lehrerin für Dalcroze-Eurythmie, die von den Nationalsozialisten 1942 ins Konzentrationslager Auschwitz oder ins Warschauer Ghetto deportiert und ermordet wurde, weil sie von ihnen als Jüdin angesehen wurde. Sie war gläubige evangelische Christin. Aber sie hatte einen jüdischen Vater und war mit dem jüdischen Musiklehrer Hans Neumeyer verheiratet, der ebenfalls ermordet wurde. Ihre beiden Kinder Ruth und Raimund konnten mit einem Kindertransport nach England gerettet werden.
Das Gedächtnisblatt entstand im Rahmen des „Projekts Erinnern“ des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) und der Geschichtswerkstatt im Landkreis Dachau.
(16.11.23; Foto: Marine Charbonneau; Text: Sabine Gerhardus)