Faszination lokaler Geschichtsforschung
Die Ausführungen Kaya Dreesbeimdieks über Johann Kling, den ersten Nachkriegsbürgermeister von Haimhausen, beieindruckten bei der Eröffnung der Ausstellung „Das Lager und der Landkreis“ am 13. Januar 2016. Kling wurde während der NS-Zeit zweimal als politischer Gegner der Nazis verhaftet.
Die Biographie von Johann Kling schrieb die Jura-Studentin vor einigen Jahren im Rahmen des W-Seminars „Biographisches Schreiben“ als Schülerin des Josef-Effner-Gymnasiums in Dachau. Schreiben, so hatte sich Kaya Dreesbeimdiek anfangs gedacht, das klappt meist gut, biographisches Schreiben interessiert mich.
Über Kling wusste sie zunächst nur, dass er der erste Nachkriegsbürgermeister von Haimhausen war, dass er Kommunist war, Häftling des KZ Dachau, und dass es eine Tochter gab. Die erste große Herausforderung des Seminars war die Arbeit in den Archiven. Hier besonders: handschriftliche Quellen. Sie saß Stunden über den Haftbüchern und suchte nach dem Namen in einer Schrift, die schwer zu entziffern war. „Irgendwann sieht jeder Name aus wie Johann Kling!“
Um so schöner, wenn sich eine Information findet und sie eine Vermutung bestätigt. Wenn es Quellen gibt, die einen weiterbringen, die helfen, neue Ideen zum Weitersuchen zu entwickeln. Das, so glaubt Dreesbeimdiek, ist es, was jedem Historiker die Motivation gibt, weiterzumachen.
Die Referentin schilderte detailliert Johann Klings Leben. Es war geprägt von Krankheiten, aber auch von seiner Geradlinigkeit, seinem Einstehen für seine Ideale – so hat ihn jedenfalls seine Tochter im Interview geschildert.
Es gelang Kaya Dreesbeimdiek zu zeigen, wie widersprüchlich Informationen über einen Menschen in verschiedenen Quellen sein können. Beispielsweise zeigen die Dokumente aus der Entschädigungsakte, mit welchen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Kling zu kämpfen hatte, als er zwischen der ersten und der zweiten Verhaftung sein Fahrradgeschäft nicht mehr weiter betreiben konnte, und zudem die Bücher seiner Leihbücherei beschlagnahmt worden waren. Er benötigte die Bücher oder einen Ersatz dafür, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, so schrieb er an das Landesentschädigungsamt. Gleichzeitig war er in Haimhausen der einzige, der ein Auto besaß. Die Zuhörer bekamen einen lebendigen Eindruck von der Vielschichtigkeit Johann Klings und gleichzeitig von den vielen offenen Fragen und Lücken, die bei der Erforschung einer Biographie entstehen.
Die Faszination und die Notwendigkeit lokaler Geschichtsforschung betonten auch die anderen Referenten des Abends. Peter Felbermeier äußerte sich in zweifacher Funktion, als Chef des Rathauses, Bürgermeister von Haimhausen und als Vorsitzender von Dachau Agil. Er zeigte sich sehr angetan vom Erfolg der Projekte der Geschichtswerkstatt und betonte mehrfach, wie froh er ist, dass es dieses Projekt gibt und dass noch so viele Zeitzeugen zu Wort kommen.
Marianne Klaffki, stellvertretende Landrätin, misst der Arbeit der Geschichtswerkstatt große Bedeutung bei. Sie trage gerade in der heutigen Zeit zu einer Gesellschaft der Menschlichkeit bei. Klaffki wünscht sich eine Fortsetzung der Arbeit der Geschichtswerkstatt.
Sabine Gerhardus, Leiterin des Teilprojekts „Das Lager und der Landkreis“ bedankte sich für die engagierte Arbeit am Projekt bei den zahlreichen Ehrenamtlichen. Sie waren es, die in mühevoller Suche und detailgetreuer Detektivarbeit die kleinen Puzzleteilchen gesucht und zu einem Bild zusammengefügt haben.
Ausstellung: Rathaus Haimhausen, Hauptstr. 15, bis 7.2.2016
Öffnungszeiten: Mo – Fr 8.00 – 16.00 Uhr
Do bis 18.00 Uhr
(Text: Sabine Gerhardus und Irene Stuiber, Fotos: Andreas Kreutzkam)